Lobgesang: Heiko Haberle
Daniel Libeskind wurde 70. Medienvertreter bestürmen ihn daher, zumal wohl in vielen Redaktionen kein anderer Architekt bekannt ist. Chipperfield holt zwar auf, aber Libeskind ist provokanter, etwa im „Tagesspiegel“: Berliner Neubauten imitierten die Gründerzeit, weil ihre Bauunternehmer „mutlos“ seien und ihre Planer unter „Amnesie“ litten. „Wir leben im 21. Jahrhundert, es gibt Computer.“ Aber im Gespräch mit der „Zeit“ gesteht er: „Ich weiß nicht einmal, wie man eine Tabelle im Computer anlegt.“ Aus unleserlichen Skizzen rekonstruiert die „Zeit“ dann Libeskinds Glücks- und Geldkurven. Letztere zeigt abwärts, bis zum Durchbruch mit dem Jüdischen Museum. Seitdem geht es bergauf. Seine Glückskurve ist eine Glücksgerade auf sehr hohem Niveau. Besondere Ausschläge zur Hochzeit oder zu Geburten seiner Kinder gibt es nicht.
Wieder im „Tagesspiegel“ lernen wir, was Gestalten heißt, nämlich, „einen Bau für ein spezifisches Grundstück zu entwerfen“. Aber „meinen Warschauer Entwurf könnte ich mir vielerorts in der Stadt (Berlin) vorstellen“. Im Immobilienteil desselben Blatts tritt er nochmal auf und gesteht, wie gerne er Sozialwohnungen bauen würde, denn die erinnern ihn an seine glückliche Jugend in der Bronx. „That is to me the height of architecture: the everyday life“, heißt es auf der Website seines Berliner Luxus-Projekts Sapphire. Dessen Entwickler Nikolaus Ziegert möchte nun Libeskinds sehnlichsten Wunsch erfüllen. Draußen in Reinickendorf soll es bald einen Libeskind für kleines Geld geben.
Weil Libeskind außerdem noch Musiker ist, durfte er im Auftrag der Alten Oper Frankfurt eine Konzertreihe an ungewöhnlichen Orten organisieren. Gut, dass der Architekt einen Hersteller von Fassadenplatten als Sponsor mitbringt, dessen Produkt sogleich im Interview mit „Baunetz“ gelobt wird. Doch „Baunetz“ ist ernsthaft interessiert: „Welches Bild haben Sie im Kopf, wenn Sie an Musik denken?“ Das weiß Libeskind ganz genau: „Musik ist die einzige unsichtbare Kunst. Aber auch wenn Musik unsichtbar bleibt, ist ihr Klang positiv. Mit der Architektur ist es dasselbe, nur andersherum.“
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