Text: Roland Stimpel
Die Ausschreibung beginnt im zeitgenössischen Stolperton: In Hameln an der Weser ist „die Stelle einer/eines Stadtbaurätin/Stadtbaurates zu besetzen. Die Stelleninhaberin oder der Stelleninhaber …“ und so weiter. Bis im siebten Absatz die Sensation kommt: „Zur Förderung der beruflichen Gleichberechtigung sind Bewerbungen von Männern besonders erwünscht.“
Ganz schön leichtfertig, diese Hamelner und vor allem Hamelnerinnen. Gerade das Bauwesen erfordert doch heute weibliche Tugenden wie Zähigkeit, Sinn fürs Praktische und fürs urbane Feingespinst. Und das wollen sie einem Vertreter des erschlafften Geschlechts anvertrauen? Doch Hameln kann das riskieren: Es herrschen die Oberbürgermeisterin, zwei Bürgermeisterinnen und eine Dezernentin für Recht, Sicherheit, Bildung und Kultur. Erst auf Rang 5 kommt ein Mann, der Ratsvorsitzende. In diesem Amt muss man nur moderieren und besänftigen, lächeln und schön sein. Und Hamelns Frauenorganisationen, die die Stadt in einer Broschüre mit stolzen 68 Seiten auflistet, gucken ihm und seinen Geschlechtsgenossen genau auf die groben Finger.
Auch dem künftigen Quotentusso im Bauamt. Der kann sowieso nicht viel verderben. Hameln ist im Wesentlichen fertig: Die Altstadt ist seit der Weserrenaissance kaum noch optimierbar, der Grundstücksbedarf auf Jahre hinaus im Baugebiet Hottenbergsfeld gedeckt. Die Einwohnerzahl sinkt auch ohne Rattenfänger und der Wohnungsmarkt ist so entspannt, dass die Stadt nicht einmal einen Mietspiegel hat. Was ein männlicher Planer verbocken könnte, hat schon einer gemacht: ein ECE-Center ins Zentrum gewummert und damit in den Traditionsgassen die Läden geleert. Soll das doch ein anderer Mann jetzt ausbaden.
Dagegen kommt keiner ran, wo es wirklich wichtig ist. Siehe den knallhärtesten Job im Hamelner Rathaus, die „Sachgebietsleiterin/Sachgebietsleiter in der Vollstreckungsstelle der Stadtkasse“. Auch dieses Amt ist ausgeschrieben; gesucht wird eine Persönlichkeit mit „Durchsetzungsstärke, überdurchschnittlicher Konflikt- und Kritikfähigkeit“. Klar, dass Hameln in diese Anzeige schreibt: „Bewerbungen von Frauen besonders erwünscht.“