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Bauhaus mit Knick

Wie Sie mit Sofakissen gegen Spießer protestieren können.

01.12.20092 Min. Kommentar schreiben

Roland Stimpel

Sie wollen Ihren Lieben etwas unter den Christbaum legen, das mit Ihrem Beruf zu tun hat? Bitte sehr: Im Berliner Designladen s-wert gibt’s Nostalgiekissen mit Motiven historischer Fassaden. Nein, nicht was Sie jetzt denken, weder Schloss noch Reichskanzlei. Sondern für 33 Euro die Exwabenfassade des Exwarenhauses Centrum, die Beton-Glas-Struktur des abgerissenen „Ahornblatts“ oder das Rautenmuster von Bilka am Zoo. Hauptsache, es ist Nachkriegsmoderne. Die Kollektion heißt „Zornige Kinder“, weil die abgebildete Moderne bedroht oder schon verschwunden ist.

Nachkriegsmoderne ist was für junge Leute. „In der Zukunft leben“ hieß neulich eine Ausstellung dazu; fast alle Macher waren unter 40. Für Enkel sind Opas Bauten klar, offen und frei. Ganz anders als die Bauten der Generation dazwischen mit ihrer zeigefingernden Postmoderne oder stockblockigen neueuropäischen Stadt. Aber deren Entwerfer und Verwalter waren auch mal jung und trotzten damals Älteren – denen aus der Nachkriegsmoderne. Deren frühe Produkte sahen sie als reaktionäre Adenauerei, die späten als Bauwirtschaftsfunktionalismus und sozial verbrämte Käfighaltung. Und im Osten war alles Ulbricht. Davon sind die Jungen von heute unbeschwert. Statt gegen Opas Moderne zu trotzen, trotzen sie mit ihr gegen Papa und Mama.

Kissen wie die der „Zornigen Kinder“ sind auch keine Spießersymbole mehr, sondern Ironie. Ihr Zorn ist ja auch gedämpft; keinesfalls rammen sie mit wütendem Handkantenschlag den berüchtigten Spießermittelknick in die Kissen. Das wäre ja Gelsenkirchener Barock, der nach dem Krieg in den Wohnstuben muffte, auch wenn draußen Moderne war. Aber für die Jüngeren ist Nachkrieg statt Muff Aufbruch, die Fortführung der von den Nazis unterbrochenen 20er-Jahre-Avantgarde.

Apropos 20er-Jahre – aus Uropas Generation gäbe es auch ein schönes Geschenk: Für solide 85 Euro bekommen Sie im Bauhaus-Shop der Bauhaus-Universität Weimar ein zebragestreiftes Bauhaus-Kissen, das sich „harmonisch in die Polstermöbel des Bauhauses einfügt“. Es sieht auf der Website gar nicht bauhausstreng aus. Denn oben hat es einen coolen Mittelknick.

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