Von Roland Stimpel
Von A wie Abdichtung bis Z wie Zeitmanagement, von Apolda bis Würzburg: Stolze 269 Veranstaltungen für die bevorstehenden zwölf Monate bot die Internetseite www.architektenweiterbildung.de zuletzt an. Auf ihr fassen 14 der 16 Architektenkammern der Länder ihre Bildungsangebote zusammen. Was sind die aktuellen Bildungstrends? „Zweifelsohne das gesamte Feld der Nachhaltigkeit“, sagt Oliver Heiss, Geschäftsführer Aus-, Fort- und Weiterbildung der Bayerischen Architektenkammer. „Und hier haben wir auf Wunsch unserer Mitglieder unser Angebot wesentlich differenziert.“ Es reicht jetzt vom Regenwasser-Management über ressourcenschonendes Bauen bis hin zu städtischen Klimaschutzkonzepten. „Wir begrüßen sehr, dass immer mehr Architekten sich für Energiespar-Potenziale in der städtebaulichen Struktur und Infrastruktur interessieren, statt sie allein im Einzelgebäude zu suchen.“
Diesen Trend bestätigt Rolf Toyka, Leiter der Akademie der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen: „Zur Energieeffizienz werden bei uns zunehmend Spezialseminare gewünscht und angeboten. Zum Beispiel gewinnt das Thema ‚Überprüfbare Qualitätssicherung‘ an Relevanz.“ Toyka bedauert allerdings, dass zu Seminaren über Nachhaltigkeits-Zertifikate wie die der DGNB und LEED „mehrheitlich Kollegen kommen, die für Auftraggeber arbeiten. Wir würden uns wünschen, dass sich mehr Inhaber und Mitarbeiter von Architekturbüros dafür interessieren und das Feld nicht den Bauingenieuren überlassen.“
Positiv findet Toyka dagegen den Drang vieler Kollegen, „in einzelne Spezialgebiete tief einzutauchen“. Das ist auch eine Folge von Umfragen und Gutachten, die in spezialisierten Büros größeren wirtschaftlichen Erfolg sehen als bei Generalisten. Die Spezialisierung betrifft nicht nur einzelne Bauaufgaben oder Leistungsphasen. „Immer mehr Architekten eignen sich Zusatzqualifikationen außerhalb der klassischen Kernkompetenzen an.“ Innovatives gibt es da auch in Berlin – etwa Lehrgänge für Koordinatoren im nachhaltigen Bauen und für Sachverständige in Sachen Barrierefreiheit. Eher ins klassische Gebiet reichen Berliner Angebote zur Nachhaltigkeit in der Landschaftsarchitektur und zum bunten Thema „Farbe als Mehrwert – Aspekte der Farbgestaltung am Bau“.
Klassische Entwurfsarchitekten wollen aber auch ihre Büros besser organisieren, weiß Toyka. „Dafür bieten wir überregional über Hessen hinaus das Programm unserer Managementberatung an. Hier machen sich Architekten unternehmerisch und betriebswirtschaftlich fit.“ Im kommenden Jahr bietet die hessische Akademie zum Beispiel einen umfangreichen Zertifikatslehrgang „Management für Architekten“ für Führungskräfte, Inhaber und Aufstiegswillige aus ganz Deutschland.
Neben den aktuellen Angeboten gibt es die Fortbildungs-Dauerbrenner. „Auf vielen Gebieten müssen Architekten ihr Wissen immer wieder aktualisieren“, berichtet Rolf Toyka. „Dazu zwingt schon die häufige Änderung von Gesetzen, Verordnungen und Normen. Zu einem Dauerthema könnte auch die kluge Konfliktbewältigung werden, meint Oliver Heiss: „Hierfür bieten wir im Frühjahr erneut überregional einen Lehrgang zur Mediation an. Denn wir sind überzeugt, dass potenzielle Konflikte den Planungsprozess künftig stark beeinflussen werden – weit über Projekte wie Stuttgart 21 hinaus.“
Hessens Kammer bietet zu viel diskutierten aktuellen Themen auch Symposien und Kongresse, etwa unter dem Motto „Schöner dämmen“, Gemeinschaft bauen“ und „Perspektiven für den ländlichen Raum – weniger kann mehr sein,“ sowie zu Themen wie Umnutzung und Sanierung. Und in München wie in Wiesbaden sind Reise- und Kulturprogramme erdacht. Unter bayerischer Regie führen Exkursionen nach Kopenhagen und Portugal. Schon ausgebucht ist eine Exkursion der Hessen nach Peking; Plätze gibt es dagegen noch für eine Fahrt nach Singapur Ende Februar, gemeinsam organisiert mit dem Deutschen Architektenmuseum in Frankfurt, das derzeit Arbeiten aus Singapur zeigt. München wiederum zelebriert auch die Nähe: Zum 150. Geburtstag Theodor Fischers gibt es eine Textlesung; zu Erich Mendelsohns 125. einen Film über ihn im Filmmuseum München.
Neu auf www.architektenweiterbildung.de ist die gleich auf der Startseite sichtbare Rubrik „Absolventenfortbildung“. Sie richtet sich an Noch-nicht-Mitglieder, die demnächst in eine Kammer eintreten wollen und dazu noch Wissensdefizite beheben müssen. Hier liegt der Schwerpunkt auf praktischem Basiswissen, etwa in der Bauleitung und -durchführung und der Objektüberwachung. Besonders engagiert mit solchen Veranstaltungen sind die Kammern von Berlin, Rheinland-Pfalz und Thüringen.
Eines macht Oliver Heiss Sorgen: „In vielen Büros ist die Auslastung so gut und die Arbeit so groß, dass weniger Fortbildungen besucht werden. Wir haben da sogar schon Veranstaltungen absagen müssen.“ Auch Rolf Toyka wünscht sich mehr Interesse, gerade an Alltagsthemen wie Baukonstruktion und Baurecht. Dafür ist er auf etwas anderes stolz. „Die Stiftung Warentest hat Energieberater-Lehrgänge anonym getestet, indem teilnehmende Architekten für die Stiftung die Lehrgänge detailliert bewertet haben. Und dabei fielen die Urteile für die Architektenkammern durchweg erfreulich aus.“
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