Text: Roland Stimpel
Der Bundesverband Bier, Bratwurst und Burger e.V. hat sich jetzt über den Textilhandel beschwert: Die dort verkauften Hosen wachsen einfach nicht mit, auch wenn viele Leute im Laufe ihres Lebens immer stattlichere Bauchumfänge haben. Verzeihung, jetzt haben wir etwas verwechselt. Es war der ADAC, der klagte: Deutschlands Parkplätze sind so schmal wie eh und je, obwohl die Autos immer breiter werden. Der VW Golf von heute hat 18 Zentimeter mehr als der von 1974; über dessen
Maß ist sogar der einst kleine Polo hinausgewachsen. Das Auto-Wuchern ist ein industrielles Naturgesetz; sogar der Smart ist sein Opfer. Die Zeitung „Tagesspiegel“ spricht vornehm von „automobiler Adipositas“, zu Deutsch: Fettleibigkeit. Ihre Extremform ist der Raumsuff per SUV.
Der ADAC kennt da nur eine Konsequenz: Die Parkplätze müssen breiter werden. Natürlich nicht auf Kosten der Fahrbahnen, wo si
ch die Blechelefanten schon heute reiben. Aber es gibt ja noch genug Fuß- und Radwege, die mehr als die üppige Mindestbreite von eineinhalb bis zweieinhalb Metern haben, also Platz für Autos böten. Wenn da nicht schon Cafétische und Kabelkästen, Parkuhren, Wühltische und Reklameschilder stünden, die mit Recht „Stopper“ genannt werden. Alle wollen an das bisschen öffentlichen Restraum, das von den breiten Trottoirs der Promenaden, der städtischen Alleen und Boulevards noch übrig ist.
Schuld am Platzmangel haben natürlich Architekten und Planer. Die waren in der Nachkriegszeit mal ganz einsichtig, als Kor
yphäen wie Rudolf Hillebrecht auf Hannovers Trümmerlandschaft 70 Meter breite Straßen bauten – im Zeitalter des schmalen Käfers! Hillebrecht wunderte sich damals über die Hamburger Idee, ein Hochhaus am Bahnhof zu bauen. Ausgerechnet am Bahnhof, wo man doch so wenig Parkplätze anlegen kann! Heute machen sie solchen Quatsch überall. „Verdichten“ heißt der Horror, den der Autofreund fürchtet. Es ist, als wenn den Bier-, Wurst- und Burger-Gourmets extra noch Hosen im Magersucht-Maß hingeworfen würden. Das Allerschlimmste an verdichteten Städten ist aber, dass wegen der kurzen Wege mehr Leute zu Fuß gehen – im übelsten Fall drei nebeneinander. Dieser Raumfraß muss sofort gestoppt werden.