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Zurück Trennung von Büropartnern

Büro und Rosenkrieg

Wenn langjährige Partner sich trennen, droht viel Streit – doch es kann auch friedlich enden

28.05.20105 Min. Kommentar schreiben

Von Michael Sudahl

Im Rückblick ist Paul Schröder froh, dass es so glatt ­gelaufen ist. Der Darmstädter Architekt und sein Büropartner Alois Funk trennten sich 2006 nach mehr als 22 Jahren. Ohne Schmerzen ging das nicht. Dennoch können sich ­beide heute in die Augen schauen, feiern sogar Bürofeste gemeinsam.

Als Schröder und Funk am 1. Januar 1984 ihr Büro gründeten, waren sie voller Tatendrang. Schnell gewann das Duo, das sich seit dem ersten Semester kannte, verschiedene Wettbewerbe. Kunden wie die Frankfurter Flughafengesellschaft Fraport und Neckermann kamen im Lauf der Jahre an Bord. Obwohl die damals 35- und 33-Jährigen mit starken Entwürfen Aufträge an Land zogen, zeigten sich in der Arbeitsweise Unterschiede. Funk ist autarker Gestalter. Schröder der Macher, der sich auch um Management und Wachstum kümmert.

Bald ist die Partnerschaft zwar erfolgreich, doch die Arbeitsleistung der beiden unterscheidet sich immer stärker. Einer muss eine vierköpfige Familie ernähren und sieht in einem florierenden Büro Einnahmequelle und Lebensinhalt. zehn bis 14 Stunden täglich ackert er. Sein Partner ist weniger auf den finanziellen Erfolg angewiesen, Lebensqualität ist ihm ebenso wichtig.

Ein Gespräch bringt Überraschungen

Das hat zur Folge, dass sich atmosphärische Störungen einschleichen. Anfänglich unmerklich. Doch wie Krebszellen breitet sich der Missmut aus: Fast zehn Jahre lang schwelt der Konflikt, gipfelt schließlich in Streitereien und Beschimpfungen. Auch die 25 Mitarbeiter leiden. Eine Sekretärin erinnert sich: „Die Stimmung war oft sehr gedrückt.“ Und Schröder sagt: „Ich bin lange mit dem Gedanken schwanger gegangen, mich von meinem Büropartner zu trennen.“ Einerseits war der emotionale Druck für den heute 60-Jährigen immens. Andererseits hatte er mit Funk einen guten Planer als Partner, der wie Schröder für den Erfolg des Büros steht.

2005 fällt die Entscheidung. Schröder will die Trennung, doch Funk die Partnerschaft halten. Gespräche finden zunächst nicht statt. Doch dann hört Schröder vom Architektenberater Werner Preißing, der in der Szene als Mediator bekannt ist. Die zerstrittenen Partner einigen sich, ihn zu engagieren. Preißing erklärt seine Methode: „Um einen Trennungskonflikt zu lösen, recherchiere ich in zwei Richtungen.“ Zuerst versucht er, in Vieraugengesprächen die Positionen der Kontrahenten herauszuhören. Bei Funk erfährt er Erstaunliches: Dieser kann sich vorstellen, mit 55 Jahren aus dem Büro auszusteigen. Statt einer harten Auseinandersetzung, womöglich vor Gericht und mit hohen Kosten, bietet diese Option eine gute Trennungsperspektive.

Parallel ermittelt Preißing den Bürowert, indem er vier Komponenten analysiert: Der Substanzwert belegt, was an Betriebsausstattung vorhanden ist, etwa an EDV oder Büromöbeln. Im Organisationswert erkennt man, wie gut interne Abläufe definiert sind oder ob Archive oder Ablagesysteme bestehen und funktionieren. Der Praxiswert zeigt, wie viel Geld das Büro erwirtschaften kann. Eine Vorausschau auf die Honorare bündelt den Auftragswert. Hinzu kommen weitere Bausteine: Art der Kundenbeziehungen, Engagement der Mitarbeiter, Büroatmosphäre, Führungsstil der Chefs, Struktur des Vertragswesens, installiertes Controlling, Konkurrenzbeobachtung und Art der Akquisition. In Summe ergibt sich ein ganzheitliches Bild, das auch Aussagen zu anstehenden Investitionen, zu einem eventuell nötigen Organisationsumbau, zu Auftragschancen und Finanzierungsbedarf erlaubt.

„Der Bürowert bildet die Grundlage für die Mediation“, sagt Preißing. Schlüssel zum Gelingen ist die Kommunikation, sagen erfahrene Streitschlichter wie er. Die Partner handeln mit ihrem Mediator und dem Steuerberater eine Ausstiegsvereinbarung aus, die, gekoppelt mit den Ansprüchen an das Versorgungswerk eine Rente für Funk bildet. Innerhalb eines Jahres zahlt Schröder seinen künftigen Expartner in vier Raten aus. Gleichzeitig übernimmt er die Verantwortung für Haftungsfragen, Mitarbeiter, laufende Projekte und Verträge sowie schwebende Verfahren – und wird alleiniger Inhaber. Der Prozess vom Entschluss der Trennung bis zum Ausstieg dauert ein Jahr. „Dieser Zeithorizont ist überschaubar und daher für beide gut zu überstehen“, erklärt Preißing, der im Vorfeld klare Bedingungen ausgehandelt hat. In den Mediationsvereinbarungen ist geregelt, dass die Parteien Vorkasse leisten, dass der Mediator jederzeit das Verfahren abbrechen kann und, falls er vor Gericht als Zeuge erscheinen muss, volle Honorarsätze abrechnet. All das erhöht den Druck, sich zu einigen, da ist sich Preißing sicher.

Der Fall Funk und Schröder zeigt, was notwendig ist, damit Büropartnerschaften respektvoll geschieden werden können. Doch nicht immer geht es geräuscharm zu. Genaue Zahlen darüber, wie viele Büropartnerschaften bundesweit jährlich auseinandergehen, sind nicht bekannt. Berater wie Preißing haben jedoch nach eigenen Angaben etliche Trennungsaufträge.

Grundsätzlich sollten bei Aufteilungen bestimmte Aspekte vertraglich geregelt sein: Für jedes Projekt ist eine Leistungsabgrenzung zum Stichtag zwingend. Ebenso muss geklärt sein, wer welchen Bau weiterführt und wer dafür haftet – auch in Zukunft. Daran angeschlossen muss geregelt sein, wer die Leistungsphase 9 HOAI übernimmt und welche Partei für laufende Verträge eintritt, etwa für Miete, Leasing, Arbeitsgemeinschaften usw. Nicht zuletzt muss verhandelt werden, wer die Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeiter sowie die Büroräume inklusive Ausstattung übernimmt. Besteht in diesen Punkten Einigung, legen die Parteien Ausgleichszahlungen fest, die über ein eigens eingerichtetes Abwicklungskonto fließen. Schließlich folgen Mitteilungen an Versicherer, Architektenkammer und Auftraggeber. Gerne vergessen, aber nicht unwichtig für die Akquisition ist die Einigung, wer Telefonnummern, Websiteadressen und Kundendaten behält.

Dass eine Partnertrennung mittelfristig katalytisch wirken kann, beweist Schröder. Im ersten Jahr nach Funks Ausstieg war „der Know-how-Abfluss schwer zu ersetzen“, gibt er zu. Auch das Auf-sich-allein-gestellt-Sein forderte ihn mehr als erwartet. Inzwischen hat der Planer die Kurve gemeistert, einen vierköpfigen Führungszirkel installiert, ist zertifiziert, steuert sein Büro mit Managementwerkzeugen wie Controlling und strategischer Personalplanung und strebt Expansion an, etwa per Markteintritt in Russland.

Michael Sudahl ist freier Fachjournalist in Stuttgart.

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