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Als Architekt in Pieksämäki

22.12.20143 Min. Kommentar schreiben
Prof. Ralf Niebergall, Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer

Wollen Sie ein Büro in Finnland aufmachen? Kein Problem! Sie mieten ein paar Räume, schrauben Ihr Schild mit der Aufschrift „Architekt“ an die Tür und schon kann‘s losgehen. Niemand prüft argwöhnisch, ob Sie wirklich Architekt sind, es gibt kein lästiges Eintragungsverfahren bei der Architektenkammer, keinen Nachweis von Haftpflichtversicherung und beruflicher Praxis, nichts dergleichen. Paradiesische Zustände, wenn‘s nur nicht so kalt wäre. Vielleicht finden Sie sogar einen Bauherrn!

Aber da könnte das Problem anfangen: Wenn Sie nämlich einen Bauantrag einreichen wollen, sagen wir in Oulo, müssen Sie der dortigen Mitarbeiterin des Bau­amtes haarklein nachweisen, dass Sie für diesen Job qualifiziert sind. Und zwar nicht nur einfach als Architekt, sondern für die einzelne Bauaufgabe. Das gleiche Spiel geht dann in Hollola, ­Pieksämäki oder in welch lustigem Städtchen Sie sonst noch bauen wollen, wieder von vorn los.

Warum ich Ihnen das erzähle? Das ganze vergangene Jahr hatte die EU-Kommission im Rahmen einer sogenannten Transparenzinitiative ihre Mitgliedsstaaten damit beschäftigt, für alle Berufe, die in irgendeiner Weise reguliert sind (und davon soll es in Europa 6.000 geben), eben diese Regulierungen hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit auf den Prüfstand zu stellen. Da wir die Bundesregierung mit Informationen und Argumentationen versorgen mussten, die zum Glück dankbar aufgegriffen wurden, war es auch für uns eine schweißtreibende Arbeit. Denn als einer von nur sechs ausgewählten Berufen standen wir Architekten im Fokus einer besonderen Transparenzübung. Was bei einer Anhörung in Brüssel zutage trat, hat mit dem finnischen Beispiel zu tun: Während Deutschland der EU-Kommission im Bereich der Architekten stets als hoch reguliertes Land galt, sah man die nordischen Länder als leuchtende Beispiele für Liberalität und Freizügigkeit.

Dass es dort aber viel schwieriger sein kann, tatsächlichen Zugang zum Beruf zu bekommen, schwante nach der mündlichen Erörterung selbst den prinzipiell wirtschaftsliberal eingestellten Kommissionsvertretern. Es fanden sich auch keine schlagenden Beweise dafür, dass Regulierungen, wie die Pflichtmitgliedschaft in einer Berufskammer, sich hemmend auf Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit auswirken. Vielmehr kann das Gespräch als Einstieg in eine neue Diskussionskultur gesehen werden. In großer Einigkeit haben wir Berufsstandsvertreter aus ganz Europa klargemacht, dass die Diskussion darum geführt werden muss, welche Mechanismen am besten geeignet sind, die Qualität einer lebenswerten und zukunftsfähigen Umwelt sicherzustellen.

Dafür braucht es qualitätvolle Architektur, also qualifizierte Architekten. Deshalb ist für uns die mindestens zweijährige Berufspraxis als Voraussetzung für die Eintragung in die Architektenlisten nach wie vor zwingend – auch für fünfjährige Studiengänge. Wir sind uns einig, dass lebenslanges Lernen unabdingbar ist. Wir machen aber auch deutlich, dass dieses eine solide Ausbildung an den Hochschulen nicht ersetzen kann. Und schließlich wollen wir das Instrument der gemeinsamen Ausbildungsrahmen nutzen, um auch für die Fachrichtungen der Innen- und Landschaftsarchitekten sowie der Stadtplaner europaweit Qualifikationsstandards zu verabreden. Viele Gründe, um mit Brüssel in intensivem Dialog zu bleiben.

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