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Design-build Projekte: Entwicklungshilfe mit Architektur

Konkrete bauliche Nothilfe, von lokalen Bautraditionen lernen oder endlich mal ohne EnEV bauen – was Architekten zu Auslandseinsätzen treibt und wer dabei unterstützt

Von: Christoph Gunßer
Christoph Gunßer ist für das DAB vor allem in Süddeutschland...

30.12.20195 Min. Kommentar schreiben
Eine Baustelle in Kenia mit freiwilligen Helfern
In dem Projekt „HoffnungsBAUer“ von Habitat for Humanity Deutschland engagieren sich deutsche Helfer in Kenia.

Aller Globalisierung zum Trotz – Planen und Bauen sind noch immer eine vorwiegend lokale oder regionale Angelegenheit. Nach einer Umfrage der Architektenkammern von 2018 kamen nur 0,5 bis 0,8 Prozent der Umsätze deutscher Architekturbüros aus dem außereuropäischen Raum und kaum über ein Prozent aus Europa. Ein Engagement jenseits der Landesgrenzen erwogen hatten aber immerhin drei bis sechs Prozent der Befragten, je nach Bürogröße.

Auf absehbare Zeit eher stagnierende Märkte für Planungsleistungen sind sicher ein Motiv, über den Tellerrand zu blicken und im Ausland mit Architektur-Projekten Fuß zu fassen. Auch wird die Bedeutung von Architektur als Botschafterin kultureller Vitalität des Herkunftslandes mittlerweile erkannt. Hilfestellung bei der globalen Akquise bietet das Netzwerk Architektur-Export (NAX) der Bundesarchitektenkammer.

Träger von Entwicklungshilfe

Für diejenigen, die ihre Fähigkeiten eher selbstlos anbieten möchten, vermitteln die etablierten Träger der Entwicklungszusammenarbeit im Auftrag zumeist öffentlicher Stellen weiterhin Fachkräfte in Projekte weltweit. So beschäftigt die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GIZ aktuell in über 120 Ländern 20.726 Mitarbeiter, von denen indes fast 70 Prozent einheimische Kräfte sind. Daneben sind im Auftrag der GIZ 577 Entwicklungshelfer im – in der Regel mehrjährigen – Einsatz. Sie erhalten neben einem fixen, aber relativ geringen Unterhaltsgeld (aktuell 850 Euro) Auslandszulagen und Hilfen, etwa wenn Familienangehörige mitreisen. Mit mehr Berufserfahrung steigt das Gehalt hier aber deutlich, wobei man die höhere Kaufkraft vor Ort berücksichtigen muss. Auch Brot für die Welt, Caritas International und weitere gemeinnützige Organisationen entsenden zahlreiche Helfer in Projekte. Außerdem gibt es inzwischen einige aus privater Initiative entstandene Hilfsinstitutionen, die speziell Planende entsenden: etwa Architekten über Grenzen, oder Ingenieure ohne Grenzen, oder Habitat for Humanity Deutschland.

Hilfe ist auf unterschiedliche Weise möglich: Während Habitat for Humanity vor allem auf sehr kurze Einsätze von Freiwilligengruppen vor Ort setzt, die dann ein überschaubares (und präsentables) Projekt rasch durchziehen, setzen die anderen auf kontinuierliche Begleitung lokal initiierter Vorhaben über ein bis drei Jahre, wobei die Experten zumeist von Deutschland aus in Arbeitskreisen und Regionalgruppen organisieren und beraten. Wer sich hierbei engagiert, hilft also meist ehrenamtlich und ist kein offizieller Entwicklungshelfer.

Freiwillige Helfer auf einer Baustelle in Kenia
In nur einer Woche haben 20 Freiwillige aus der Bau- und Immobilienbranchen zwei neue Wohnhäuser errichtet.

Freiwilligendienste für junge Planer

Nicht erst seit der Resonanz der Fridays for Future-Bewegung wird deutlich, dass eine junge Generation heranwächst, die sich engagieren möchte. Freiwilligendienste haben denn auch regen Zulauf. Auf staatlicher Ebene vermittelt unter dem Dach von Engagement Global die ASA Arbeits- und Studienaufenthalte weltweit.

Doch auch an Architektur-Hochschulen gibt es inzwischen einige Projekte der konkreten Entwicklungszusammenarbeit, meist in Form von Design-Build-Projekten, die Studierende für ein Semester in den globalen Süden entsenden, um mit einfachen Bauprojekten zu helfen und Erfahrungen (und zugleich Studienpunkte) zu sammeln.

Hochschulunabhängig wirbt Supertecture Absolventen für halbjährige Einsätze, bei denen sie nach einer einmonatigen Vorbereitungsphase zu den Projektpartnern reisen und – gegen die Übernahme von Reisekosten, Kost und Logis – ihre Ideen vor Ort umsetzen können. Dabei entstehen oft originelle kleine Erstlingswerke.

Export und Import von Ideen

Sicher ist es für Architekten auch einfach nur bereichernd, für einige Zeit in eine fremde Baukultur einzutauchen, die keine DIN-Normen, EnEV oder sonstige Regelwerke kennt; wo Arbeit so billig ist, dass aufwändige handwerkliche Lösungen noch möglich sind. Architekten, die seit Langem in armen Ländern tätig sind, wie etwa Anna Heringer oder Eike Roswag, haben mit Hilfe einheimischer Helfer und Techniken höchst poetische Bauten geschaffen und der lokalen Baukultur damit neue Impulse und Selbstbewusstsein gegeben. Doch haben sie auch für ihre Arbeit hierzulande gelernt. Die Renaissance des Lehmbaus, aber auch eine Haltung der Bescheidenheit, Angemessenheit und des Low Tech, wurden so wesentlich vom globalen Süden inspiriert. Auch ein Blick auf die alle drei Jahre vergebenen Aga Khan Awards zeigt, wie wertvoll dieser Nord-Süd-Dialog immer wieder ist:

Eine Menschenkette transportiert Beton auf einer Baustelle
Eine Menschenkette ersetzt die Betonpumpe.

Bloß keine Egotrips im Elend

Bei der Hilfe in Krisengebieten, generell im Alltag der Entwicklungszusammenarbeit, steht jedoch die Architektur nicht im Vordergrund. Es geht hier um Grundbedürfnisse, oft um pure Nothilfe. Gerade bei den staatlich finanzierten Freiwilligen-Programmen warnen Kritiker deshalb vor Unerfahrenheit, vor purer Neugier, vor einem „Egotrip im Elend“. Ungelernte Arbeitskräfte gebe es vor Ort genügend; was zähle, sei Sachkenntnis.

Die kann dort aber anders aussehen als bei uns. Das Hinterfragen westlicher Baustandards und Bilder, die noch immer von nicht wenigen Partnern im globalen Süden erwartet werden, gehört hier sicher mit zum Job. Till Gröner von der kleinen Hilfsorganisation Supertecture kennt auch die „normale“ Entwicklungshilfe und betont, dass oftmals erfahrene Kräfte weniger offen für unkonventionelle Ansätze seien. Gerade die jungen Leute fänden hingegen Zeit und Ideen, um mit den Menschen neue Wege zu gehen.

Hier berichten wir über ein Bildungszentrum in Sri Lanka, das mit deutscher Hilfe als Lehmbau entstand und hier stellen wir die Initiative Supertecture vor.

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