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Zurück Architekt und Immobilienunternehmer

„Die schönen Dinge zum Geldverdienen“

Einerseits Architekt, andererseits Generalplaner und Immobilienberater. Das ergänzt sich bestens, meint Andreas Becher von Becher + Rottkamp in Berlin.

01.10.20076 Min. Kommentar schreiben
Andreas Becher: Die Architektur Galerie Berlin, Karl-Marx-Allee 96, zeigt vom 12. Oktober bis 10. November in einer Werkschau Planungen für Privatvillen von Becher + Rottkamp.

Interview: Fred Wagner

Sie sind seit vielen Jahren als Architekt und Immobilienunternehmer tätig. Wie passen Baumeister und Bauherr in eine Person?

Sehr gut. Vor etwa zehn Jahren haben wir ein großes Projekt für einen großen Bauträger geplant. Der Bauträger kam in eine Schieflage. Um unsere Honoraraußenstände zu retten, haben wir dem Bauträger ein von uns geplantes Objekt abgekauft, indem wir unsere Honorarforderungen gegengerechnet haben. So sind wir zu unseren ersten zehn Wohnungen gekommen. Als Architekturbüro werden wir immer wieder nach Konzepten und Ideen für die Bebauung eines vorhandenen Grundstückes gefragt – jedoch ohne Planungsauftrag. Der Architekt, der sich auf so eine unverbindliche Anfrage einlässt, geht ein hohes Risiko ein. Denn zu zeigen, was man mit dem Grundstück anfangen kann, ist die Kernkompetenz eines Architekten. In aller Regel läuft es dann so, dass das Grundstück mit der Idee verkauft wird und der Käufer bringt dann sein eigenes Netzwerk und seinen eigenen Architekten mit.

Liegen die Ideen erst einmal auf dem Tisch, will sie später keiner mehr bezahlen. In der naiven Hoffnung auf einen Auftrag verschleudern heute viele Architekten ihr kreatives Potenzial und werden danach zum Bittsteller. Dabei hat der Architekt das Königswissen und gibt es für lau her. So etwas macht kein Anwalt, kein Zahnarzt, kein Freiberufler. Jeder Kfz-Schlosser bekommt heute mehr für das Öffnen einer Motorhaube als ein Architekt für seinen Vorentwurf. Ich sage: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Aus diesem Grund haben wir uns als Becher + Rottkamp von Anfang bis zum Ende in die Wertschöpfungskette eingestellt.

Wie funktioniert das genau?

Wir kaufen Grundstücke, sichern uns Kaufoptionen und behandeln die Grundstücke so wie jeder andere Immobilienkaufmann auch: Wir entwickeln Konzepte, suchen die Zielgruppe, machen Marktstudien, ermitteln einen Verkaufspreis, eine Idee für die Vermarktung oder die Art der Nutzung und gehen damit auf den Markt. Es ist ja gar nicht so schwer, ein fertiges Produkt zu verkaufen. Geld für fertige Objekte gibt es genug am Markt. Aktuell haben wir zum Beispiel ein Wohnungsbauprojekt in Berlin-Mitte in der Bearbeitung, bei dem wir uns das Grundstück vom Eigentümer über eine notarielle Kaufoption gesichert haben. Dann haben wir eine Idee für Town- und Atelier-Häuser entwickelt und einen Bauträger gefunden. Nur über das „eigene“ Grundstück hat man als Architekt die Macht, seine Pläne auch zu verwirklichen. Der

Knackpunkt bei diesem Geschäft war das Kopplungsverbot: Laut Gesetz darf der Architekt den potenziellen Grundstückskäufer nicht zum Erwerb drängen, wenn vorher mit ihm ein Architektenvertrag abgeschlossen wurde. Ein Anachronismus im BGB. Aus diesem Grund haben wir vor einem Jahr eine GmbH gegründet, die mit der jeweiligen Projektgesellschaft als KG Grundstücke kauft und weiterverkauft, den Architekten beauftragt und all die schönen Dinge zum Geldverdienen machen kann, die uns als Architekten unmittelbar verboten sind. Die handelnden Personen sind die gleichen, nur die Rechtsform ist anders.

Quartier „Kastaniengärten“: In Berlin-Prenzlauer Berg entstehen derzeit in Generalplanung durch Becher + Rottkamp Eigentumswohnungen…

Was sagen Ihre Kollegen im BDA dazu?

Klar gibt es Kollegen, die machen große Augen und sagen: „Du kannst dich doch denen nicht zum Fraß vorwerfen.“ Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Wir bestimmen, wo es langgeht. Wer kann besser die Projektkosten ermitteln und zusammenstellen als ein Architekt? Doch was haben wir als Architekten in Deutschland gemacht? Wir haben das Thema an Bauingenieure und selbst­ernannte Projektsteuerer übergeben und überlassen denen das Feld und die Verantwortung. Wer auf die Kasse aufpasst, wird ernst genommen. Architekten dagegen werden als Strichezieher und Fassadenkosmetiker diffamiert. Wir sind selber Schuld an dieser Misere, wenn wir nicht bereit sind, die Verantwortung auch für die Projektkosten zu übernehmen.

Über die GmbH schränken Sie auch Ihre persönliche Haftung als planender Architekt ein?

Wenn man 15 Angestellte hat, kann man nicht überall dabei sein, sodass Fehler nicht ausbleiben. Wenn man dann dafür persönlich haften soll, wird es hart. Dazu ein Beispiel: Vor Jahren haben wir ein großes Bauwerk in Potsdam abgeschlossen, das von einem Generalunternehmer gebaut wurde. Das Bauwerk wurde zum zweiten Mal an einen neuen Eigentümer verkauft. Dieser hat jetzt vor dem Auslaufen der Gewährleistungsfrist Mängel gefunden. Doch weil der Generalunternehmer, der dafür verantwortlich ist, Konkurs angemeldet hat, hat sich der neue Eigentümer kurzerhand überlegt, wo er jetzt noch jemand in die Pflicht nehmen kann. Aus diesem Grund hat er unser Büro pauschal wegen Planungsfehlern verklagt. Als Architekten-GbR ist man da voll in der Haftung beziehungsweise hat Mühe, den Schaden abzuwehren. Aus meiner ehrenamtlichen Tätigkeit als Schöffe beim Landgericht Berlin weiß ich, wie Bauprozesse verhandelt werden. Forderung und Gegenforderung liegen auf dem Tisch und meist heißt es dann, die Parteien sollen sich auf die Mitte einigen.

Gibt es da keinen Protest vonseiten Ihrer Auftraggeber, weil ihr Vertragspartner kein freier Architekt, sondern eine GmbH ist?

Wir haben lange überlegt, ob wir das als Architekten machen sollen. Wir waren uns nicht sicher, wie unsere Bauherren das aufnehmen würden. Aber nicht einer hat sich beschwert. Unsere Auftraggeber haben das kommentarlos hingenommen, weil es für sie etwas Selbstverständliches war, das persönliche Haftungsrisiko zu beschränken. Und übrigens sind wir nicht die Ersten, die das so machen, und treiben damit nicht den Untergang der Baukultur voran.

Wie sind Sie eigentlich an Ihr ­Immobilienwissen gekommen?

Wir schauen über den Tellerrand der Architektensuppe hinaus und arbeiten auch interdisziplinär mit Kaufleuten, Anwälten und Werbeleuten zusammen.Wir sind unter anderem Mitglied und Beirat von agenda 4, einer Fördergemeinschaft zur Professionalisierung und Ausbildung von Immobilienfachleuten in Deutschland.
Mein Partner Elmar Rottkamp erarbeitet zurzeit seine Masterthesis im EMBA-Programm der WHU/Kellogginstitut zum Thema: „Immobilienentwicklung unter dem besonderen Aspekt der Nachhaltigkeit, als zukünftige, wettbewerbsfähige Positionierung im Immobilienmarkt“.

… Stadthäuser und Remisen mit insgesamt 5 400 Quadratmetern Wohnfläche und rund 50 Tiefgaragenstellplätzen.

Ich habe von 1989 bis 91 in den USA studiert und dort den Master of Architecture erworben und nebenbei mitbekommen, wie in den USA mit Immobilien Geld verdient wird. „We don´t like real estate, we like cash!“ Das sagt eigentlich schon alles: Eine Immobilie muss von Anfang an auch ohne steuerliche Anreize und Abschreibungsmöglichkeiten die gesetzten Renditeziele erreichen. Erst dann, und nur dann, wird auch gebaut! Diese Erkenntnis habe ich zusätzlich während meiner zweijährigen Tätigkeit als Technischer Leiter des Geschäftsstelle Berlin der DIL-Deutsche Baumanagement GmbH, einer Tochtergesellschaft der Deutsche Bank AG, gewonnen: Während sich die Architekten und Planer über Städtebau, Formen und Farben auslassen, interessieren die Kaufleute vermietbare Fläche, nachhaltig erzielbare Miete, Exitstrategien, Renditen und Erlöse. Und wenn die Architekten ihre Präsentation abgeschlossen haben und den Raum verlassen haben, reden die „Erwachsenen“ über das Geld verdienen. Das hat dazu geführt, dass wir unseren Auftraggebern und inzwischen uns selbst immer den ganzheitlichen Ansatz inklusive Renditebetrachtungen mit Chancen und Risiken für ein Immobilienprojekt liefern und dabei als Partner auf Augenhöhe angesehen werden.

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