Ulrich Sieberath, Marion Goldmann
Durch kontinuierliche Produktentwicklung haben Fensterprofilhersteller gemeinsam mit der Glasindustrie stets weiterverbesserte Fenstersysteme auf den Markt gebracht. Je nach Rahmenmaterial aus Holz, Kunststoff, Aluminium oder Verbundkonstruktionen gelang es mit unterschiedlichen Lösungen bislang immer wieder, konträre Erfordernisse zu erfüllen: hohe Wärmedämmung einerseits, möglichst filigrane Fensterkonstruktionen andererseits. Aber reicht das für die Zukunft aus, wenn der Energieverbrauch von Gebäuden mit der EnEV 2012 um ein weiteres Drittel gesenkt wird?
„Die Glasbranche in Deutschland ist in der Lage, diese Produkte zu liefern“, sagt Jochen Grönegräs, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Flachglas. Es gehe jedoch darum, dass die heutigen „High-End-Lösungen“ zu Standardprodukten werden. Aber dann komme man um das Dreifach-Wärmedämmglas nicht mehr herum. Zwei der Scheiben werden eine Low-E-Beschichtung besitzen und die Zwischenräume sind mit Argon gefüllt. Andere Füllgase wie Krypton sind nicht ausreichend verfügbar.
Reduzierung von Wärmebrücken
Deshalb geht man beim Bundesverband Flachglas davon aus, dass der „Standardglasaufbau“ zwei Scheibenzwischenräume von je zwölf Millimetern hat. Mit drei mal vier Millimetern Glas ergäbe das eine Gesamtdicke von 36 Millimetern. Zweischeiben-Wärmedämmglas, wie es heute eingesetzt wird, hat eine Gesamtdicke von 24 Millimetern. Grönegräs: „Die Rahmenprofile werden diese zwölf zusätzlichen Millimeter in der Tat aufnehmen müssen.“ Dennoch sollen die Ansichtsbreiten schlank bleiben und eine bessere Wärmedämmung bieten. Größere Bautiefen der Rahmenprofile eröffnen hier eine Möglichkeit. Eine andere ist das Verkleben des Glases mit dem Rahmen. Dafür haben Fensterhersteller bereits einige Systeme auf den Markt gebracht. Vorteil dieser relativ jungen Methode ist unter anderem die Reduzierung von Wärmebrücken, was wiederum den U-Wert des Fensters verbessert. Und der ist demnächst weiter zu reduzieren. Während das Durchschnittsfenster von heute einen Wärmedurchgang von etwa 1,3 W/(m2K) haben sollte, sind mit der EnEV 2012 etwa 0,9 W/(m2K) zu erreichen.
Die Fenster müssen aber nicht kleiner werden, meint Frank Koos, stellvertretender Geschäftsführer des Fenster- und Fassadenverbandes: „Das Gegenteil ist der Fall. Gebäude brauchen die Fenster dann, um mehr solare Gewinne einzufahren und das Tageslicht zu nutzen.“ Unterstützung erhält die Fensterbranche hierbei vom Bundesverband Flachglas. Grönegräs: „Wir machen uns dafür stark, beides in den kommenden EnEV-Versionen deutlich zu berücksichtigen.“ Schließlich verfügten die Flachglashersteller schon heute über Produkte mit einem ausgewogenen Verhältnis dieser Eigenschaften. Nur die einzelnen Komponenten sind noch zusammenzufügen. Hier ist beim „Verkleben“ die Entwicklung am weitesten fortgeschritten, doch steckt auch dieses Verfahren noch in den Kinderschuhen.
Perspektiven für Fenster
Welche Potenziale haben Glas und Rahmen?
Da der bauliche Energieverbrauch kontinuierlich reduziert werden soll, wird die EnEV weiter verschärft. Die Mindestanforderungen für bauliche Sanierungen betragen für den U-Wert von Fenstern derzeit 1,7 W/(m²K) und werden in der Neufassung der EnEV 2009 auf ca. 1,3 W/(m²K) und in einer weiteren Fassung 2012 voraussichtlich auf
0,9 W/(m²K) reduziert. Die Aufgaben für die Fenster- und Glasbranche lassen sich daraus wie folgt ableiten:
- Verbesserung der wärmedämmenden Eigenschaften,
- Minimierung der Lüftungswärmeverluste,
- Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes,
- Nutzung der Sonnenenergie.
Die Anforderungen der EnEV 2009 können noch durch den Einsatz von guten Zweifach- oder Dreifachisoliergläsern erfüllt werden. Mit der weiteren Verschärfung der EnEV im Jahr 2012 müssen aber die Rahmen- und Profilkonstruktionen weiterentwickelt werden.
Fensterprofile optimieren
Die Optimierungspotenziale für Fensterprofile (Ug) im Allgemeinen konzentrieren sich auf folgende Aspekte:
- Einsatz neuer Materialien und Beschichtungen mit geringerer Wärmeleitfähigkeit und Emissivität,
- Optimierung der Profilgeometrie (Kammeranzahl, verbesserte Wärmedämmzonen),
- Verbesserung der Fenstersysteme (Dichtungsebenen, Glaseinstand, Kastenfenster),
- Reduzierung der Profilbreiten (höherer Glasanteil),
- verbesserte Baukörperanschlüsse (Überdeckung der Blendrahmen),
- Entwicklung neuer Glaseinbindungen,
- wärmetechnisch verbesserte Randverbundsysteme.
Kunststofffenster
Bei Kunststofffenstern ist die thermische Schwachstelle die Stahlaussteifung der Profile, da Stahl mit einer Wärmeleitfähigkeit von λ = 50 W/(m2K) den 350-fachen Wert gegenüber PVC mit λ = 0,17 W/(m2K) aufweist. Bislang wurde der Wärmeschutz durch eine Erhöhung der Kammeranzahl verbessert, jedoch nimmt die relative Verbesserung der Dämmwirkung mit zunehmender Kammeranzahl und Bautiefe ab.
Weitere Ansätze sind die thermische Trennung der Aussteifungen und eine kleine Hauptkammer mit Stahlaussteifung, um den Einfluss der schlecht isolierenden Zone zu reduzieren. Dabei muss ein ausreichender statisch wirksamer Querschnitt erreicht werden, um die Gebrauchstauglichkeit des Fensters zu gewährleisten.
Auch die Stahlaussteifung selbst beeinflusst den Wärmedurchgangskoeffizienten, beispielsweise durch den Abstand der Stahlaussteifung zur Kammerwand. Je Millimeter Abstand zwischen Stahlaussteifung und Kammerwand verbessert sich der Wärmedurchgangskoeffizient des Rahmenprofils um ca. 0,01 W/(m2K). Weitere Verbesserungen sind durch verringerte Abmessungen des Stahlprofils möglich, indem das notwendige Flächenträgheitsmoment durch Umfalzen der Schenkel erreicht wird. Auch die Verwendung von Materialien und Oberflächenlegierungen mit geringerer Wärmeleitfähigkeit und geringerem Emissionsvermögen ermöglicht Verbesserungen. Die Wanddicke des Stahlquerschnitts bei gleichbleibenden Außenmaßen verschlechtert den Wärmedurchgangskoeffizienten nur wenig.
Holzfenster
Holzfenster können durch die Erhöhung der Bautiefe und durch den Einsatz von Verbundprofilen verbessert werden, bei denen Holzlamellen mit Werkstoffen verklebt werden, die eine geringere Wärmeleitfähigkeit haben. Zum Beispiel Polyurethan-Hartschäume (PUR) und Kork, die sich gut mit Holz verkleben lassen, eine ausreichende Festigkeit haben und mit λ-Werten zwischen 0,04–0,05 W/(m2K) eine deutlich bessere Wärmedämmung aufweisen als Weichholz mit 0,13 W/(m2K). Zudem können Wärmebrücken im Bereich der Wetterschutzschiene vermieden werden. Thermisch getrennte Profile verbessern sie um 0,1–0,2 W/(m²K).
Moderne Holzfenster werden oft mit einem außen liegenden Aluminiumprofil angeboten (Holz-Metall-Fenster). Für den Wärmeschutz ist allerdings nur der Querschnitt des innen liegenden Holzprofils wirksam. Aufgrund des äußeren Aluminiumprofils können nicht die Ψ-Werte für Holzrahmenprofile nach der EN ISO 10077-1 verwendet werden; hier sind gesonderte Nachweise erforderlich.
Metallfenster
Bei Metallfenstern ist die Optimierung schwieriger und erstreckt sich prinzipiell auf folgende Bereiche:
- Vergrößerung der Dämmzone,
- Materialminimierung in der Dämmzone,
- optimierte Materialien des Profils und der Dämmzone,
- Position der Dämmung,
- Verringerung der Ansichtsbreiten (Rahmenanteil),
- Verbundfenster.
Geklebte Fenster
Ein weiterer Ansatz zur Weiterentwicklung ergibt sich durch die Verklebung verschiedener Materialien wie bei Raumfahrt und Automobilbau. Durch Klebung werden einwirkende Lasten gleichmäßig abgetragen. In geklebten Fenstern wirkt das Glas aussteifend. Dies ermöglicht Konstruktionen mit geringeren Ansichtsbreiten und bei Kunststofffenstern die Reduzierung beziehungsweise den Verzicht auf Stahlprofile – beides verbessert den Wärmeschutz. Generell müssen geklebte Konstruktionen nach den Vorgaben des Systemgebers sorgfältig verarbeitet und hochwertige Klebstoffe verwendet werden.
Verbundfenster
Verbundfenster sind eine moderne Weiterentwicklung des Kastenfensters und bestehen aus zwei getrennten Fensterflügeln, die in einem Blendrahmen sitzen. Der innere Flügel nimmt in der Regel das Isolierglas auf, der äußere ein Einfachglas. Die beiden Flügel werden für Reinigungs- und Wartungszwecke lösbar verbunden. Der verbleibende Zwischenraum kann für Sonnenschutz-, Lichtlenkungs- und Lüftungseinrichtungen genutzt werden und wird über geringe Fugen (< 2 mm) nach außen belüftet, die den Wärmeschutz nicht verschlechtern. Mit Verbundfenstern kann der Wärmeschutz um 0,2–0,3 W/(m²K) verbessert werden, gleichzeitig ist auch der Schallschutz um circa 3–5 dB günstiger.
Verglasung
Wärmetechnische Entwicklungen wurden häufig durch Innovationen der Glasindustrie initiiert, und so wird sich auch das Dreifachisolierglas schnell zur Standardverglasung entwickeln. Isoliergläser müssen viele weitere Funktionen erfüllen, beispielsweise Sicherheitsfunktionen, Schallschutz- oder Brandschutzeigenschaften (Vakuumverglasungen erreichen nach derzeitigem Stand der Technik einen Ug-Wert von 0,8 bis 1,0 W/(m²K) und können mit weiteren Optimierungen circa 0,5 W/(m²K) erreichen. Vorteilhaft sind das geringere Gewicht und die Baudicke von acht bis zehn Millimetern. Die Vakuumverglasung kann als Ersatz für Einfachverglasungen dienen, beispielsweise bei denkmalgeschützten Gebäuden. Ein Einsatz in Zweifach- oder Dreifachverglasungen ermöglicht weitere Optimierungen.
Weitere Verbesserungen ergeben sich durch wärmetechnisch optimierte Randverbünde oder durch einen tieferen Glaseinstand. Als Faustformel verbessert sich der -Wert um 0,002 W/(m2K) pro mm Mehreinstand der Verglasung im Rahmenprofil. Der UW-Wert des Fensters kann somit bei einem Glaseinstand von beispielsweise 25 mm um bis zu ΔUW = 0,05 W/(m²K) verbessert werden.
Montage
Neben den wärmetechnischen Kennwerten von Bauelementen sind die Ausführung der Montage und die Vermeidung von Wärmebrücken entscheidend. Der Wärmedurchgang wird unter anderem von der Einbauebene sowie der Anordnung der Dämmschichten bestimmt. Die EnEV bietet für den Nachweis von Wärmebrücken drei Alternativen:
a) Ohne gesonderten Nachweis gilt ein pauschaler Zuschlag von ΔUWB = 0,10 W/(m²⋅K) auf den U-Wert der wärmeübertragenden Umfassungsfläche.
b) Detailkonstruktionen nach DIN 4108 Beiblatt 2 reduzieren ΔUWB auf 0,05 W/(m²⋅K).
c) Die Ψ-Werte können exakt nach DIN V 4108-6, mit Wärmebrückenkatalogen oder Berechnungsverfahren nach DIN EN ISO 10211-2 ermittelt werden.
Solare Energie nutzen
Die verfügbare Sonnenenergie ist 3 000-Mal höher als der weltweite Energiebedarf. Es ist die Aufgabe der Bautechnik, dieses Reservoir nutzbar zu machen, und Fenster können dabei helfen. Um die energetische Leistungsfähigkeit von Fenstern und Glas zu bewerten, ist deshalb für zukünftige Regelwerke ein Bilanzwert sinnvoll, wie bereits in der Wärmeschutzverordnung 95 als äquivalenter U-Wert Ueq eingeführt.
Der U-Wert der Verglasung und der Gesamtenergiedurchlassgrad g sind die bestimmenden Faktoren; deshalb sind hier weitere Entwicklungen zu erwarten. Fotovoltaik und Fotothermie können den Restenergiebedarf von Gebäuden decken und so dezentral die notwendige Energie für zukünftige Antriebs- und Steuerungstechnik von Fenstern und Sonnenschutzeinrichtungen zur Verfügung stellen. Der intelligente, gesteuerte Einsatz der Verschattung und die Nutzung thermischer Pufferspeicher und Lichtlenkungssysteme können die solaren Gewinne optimal nutzen, ohne dass es zur Überhitzung der Räume kommt.
Ulrich Sieberath ist der Leiter des Instituts für Fenstertechnik in Rosenheim, www.ift-rosenheim.de.
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