Fred Wagner
Was tun, wenn es nichts zu tun gibt? Mit dieser Frage müssen sich nicht nur Strandkorbvermieter an Nord- und Ostsee regelmäßig auseinandersetzen. Auch in den besten Büros ist nicht ständig Hochkonjunktur. Bevor man wieder Wind in den Segeln spürt, sollten freie Kapazitäten für vernachlässigte Ideen, langfristige Projekte oder Dinge genutzt werden, zu denen in hektischeren Phasen oft keine Zeit bleibt.
Keine Aufträge? Es gibt viel zu tun!
Frank Hüpperling von A+O Architekten in Berlin kennt das Problem, ohne Aufträge dazustehen. Vor elf Jahren hatte er sich mit seinem Partner Stephan Vieweger mit einem lukrativen Bauprojekt selbstständig gemacht. Nach einer erfolgreichen Startphase wurden die Aufträge knapp. Es folgten vier richtig schlechte Jahre, bis es wieder aufwärts ging, berichtet der Berliner. „Wir hatten es versäumt, in guten Zeiten weiter zu akquirieren.“
In guten wie in schlechten Zeiten sei es ganz wichtig, das Büro bei Kunden zwei- bis dreimal pro Jahr in Erinnerung zu bringen. Zum Beispiel mit einer Einladung zu einem Bürofest, zum Tag des offenen Büros oder zu anderen Anlässen. Auch ehrenamtliche Arbeit schaffe Kontakte und erweitere den Blick über den Tellerrand. So ist Hüpperling nicht nur in der Berliner Architektenkammer aktiv, sondern auch in drei Unternehmensverbänden. Der 45-Jährige ist davon überzeugt, dass gute Öffentlichkeitsarbeit mit einem langen Atem wesentlich zum Erfolg beiträgt. In Krisen habe man auch dafür besonders viel Zeit. Und auch dafür, die Bürostruktur auf den Prüfstand zu stellen oder Kenndaten für die eigene Wirtschaftlichkeit aufzuarbeiten. Eine wichtige Hilfe, Krisenzeiten besser zu überstehen, ist eine Büropartnerschaft. Hüpperling: „Einzelkämpfer müssen mit den Problemen allein fertig werden.“
Wer jedoch Partner hat, kann gemeinsam nach Lösungen suchen.
Auch Oliver Platz empfiehlt, freie Zeit im Büro für die Suche nach potenziellen Kooperationspartnern zu nutzen. „Ich kann jedem Kollegen empfehlen, sich offensiv umzuhören, zum Beispiel über die Kammer, über Berufsverbände oder Ausstellungen – wo immer man mit Kollegen über Arbeitsschwerpunkte oder Büroauslastungen reden kann“, sagt der Mitbegründer von Gruppe OMP Architekten aus Bremen. Wer das mache, dem würden bei Bedarf schnell Leute für die Zusammenarbeit einfallen.
Nicht zuletzt kann man so zu neuen Aufträgen kommen. Platz: „Wir sind immer auf der Suche nach Kollegen und fachfremden Personen, die zu uns passen und mit denen wir gemeinsam Projekte bearbeiten können.“ Mit dieser Bürophilosophie hat das Bremer Büro gute Erfahrungen gemacht. Regelmäßig bildet OMP Architekten Arbeitsgemeinschaften. Zuletzt waren sie damit beim Wettbewerb zum Pelikan-Viertel in Hannover erfolgreich.
Mit Weiterbildung auf Kurs bleiben
„Sauregurkenzeit ist gut für Schwarzbrot“, sagt Isabella Göring, Architektin und Leiterin der Managementberatung der Architekten- und Stadtplanerkammer Hessen. Mit Schwarzbrot meint Göring klassische Themen, auf die Kollegen nicht immer gerne eingehen, auf die Bauherren jedoch Wert legen – wie Bauleitung, Brandschutz, Projektsteuerung oder Baustellenkoordination. Hier kann man sich über eine relativ kurzfristige Ausbildung – im Schnitt vier Tage – ein Themengebiet erschließen. Göring: „Dafür empfehle ich eine Überprüfung des eigenen Know-hows, um dieses bei Bedarf über eine Weiterbildung aufzubauen.“
Eine Empfehlung für Büros mit mehreren Mitarbeitern: Kompetenzgebiete aufbauen. Hier kann es sinnvoll sein, sogenannte Nachweisberechtigte auszubilden. Positive Nebeneffekte: Mitarbeiterbindung und -motivation. Die Kammer Hessen trägt zum Beispiel vier Themenfelder in die Listen der Nachweisberechtigten ein: Wärmeschutz, vorbeugender Brandschutz, Standsicherheit und Schallschutz. Folgende Weiterbildungsthemen hält die Managementexpertin für besonders wichtig: spezielle Tätigkeitsfelder, persönliche Kompetenzen sowie Managementkompetenzen und betriebswirtschaftliche und kaufmännische Fähigkeiten.
Was die Zukunft betrifft, werde das Wissen zum Beispiel über Energie und Nachhaltigkeit, Immobilienökonomie und PPP-Projekte immer wichtiger. Bevor Fortbildungen jedoch „wild“ belegt werden, sollte man sich die Zeit nehmen und eventuell einen externen Berater hinzuziehen, um den Bedarf zu analysieren. Dieser ergibt sich aus dem Profil und der Marktstellung des Büros. Oberstes Ziel: Mit welcher Weiterbildung hat das Büro den größten Nutzen? Pro Jahr sollten mindestens zwei Tage pro Mitarbeiter für die Fortbildung eingeplant werden. Damit erhöht sich auch die Chance, interessante Kollegen zu treffen und Netzwerke aufzubauen.
Und wer kein Geld für Weiterbildung hat? Göring: „Es gibt viele Möglichkeiten der kostengünstigen, kostenlosen und geförderten Weiterbildung. Allerdings sollte man die Inhalte genau prüfen, damit man sich nicht in einer Werbeveranstaltung wiederfindet.“ Eine bundesweite Übersicht über Bildungsveranstaltungen findet man unter www.architekten-fortbildung.de.
Controlling spart Zeit und Geld „Für die Zeiterfassung haben wir keine Zeit“ – mit diesem Argument versuchen gestresste Büroinhaber gerne, die Einführung eines Managementsystems zu umschiffen. Doch welcher Zeitpunkt wäre dazu besser geeignet als der, wenn Auftragsflaute herrscht? Thomas G. Merkel, Experte für Büro- und Managementsoftware: „Die Kalkulation der Verrechnungssätze wird immer wichtiger, insbesondere durch die neue HOAI.“ Dazu müsse man seine Kosten kennen. Merkel: „Wer da kein Controllingsystem hat, schwimmt bereits an dieser Stelle.“
Neben der Zeit, die für die Auswahl und die Schulung der Software aufgebracht werden muss, spielen auch die Kosten eine Rolle. Merkel: „Im Vergleich zu einer CAD- oder AVA-Software verheiratet man sich mit einem Controllingprogramm viel mehr, weil erst über lange Zeiträume entsprechende Auswertungen erfolgen können.“ Eine Marktübersicht über Managementsoftware für Planungsbüros gibt es unter www.aec-office.de. Hier gibt es auch eine Übersicht, welche Programme den Kennzahlenstandard PeP-7 erfüllen.
Für wirtschaftliche Stabilität sorgen nicht nur Controllingprogramme, sondern auch der richtige Umgang mit den Mitarbeitern. Kerstin Eisenschmidt, Geschäftsführerin der Eisenschmidt Consulting Crew in Kiel, die zahlreiche Architekten berät: „Sonst ist dafür oft wenig Zeit, in Krisenzeiten ist sie da. Arbeiten Sie daran, die Zufriedenheit in Ihrem Büro, die Leistungsfähigkeit und die Kompetenz zu erhöhen. Das wird sich später auszahlen.“ Für die Mitarbeiter sei es wichtig zu wissen, wie es um das Büro steht, sodass jeder für sich Verantwortung übernehmen kann. Informationen über die wirtschaftliche Entwicklung und auch über ihre Strategie sollten offen sein, empfiehlt Eisenschmidt. Für Leistungsträger gilt: sie identifizieren und im Büro halten! „Bieten Sie etwas an: Mitbestimmung, mehr Verantwortung, Aufstiegsmöglichkeiten, eine Beteiligung am Unternehmen oder die Einbeziehung in die Strategieplanung.“
Natürlich ist die Strategie in erster Linie die Aufgabe der Geschäftsleitung, aber keiner sagt, dass Sie auf Ideen von anderen verzichten müssen. Eisenschmidt: „Das zukunftsfähige Büro lebt nicht mehr ausschließlich von den Überlegungen des Inhabers oder der Inhaberin, sondern es ist vernetzt und nutzt dies auch.“
Mitarbeit: Claudia Galgenmüller.
Was tun in der Krise?
Krise als Chance nutzen, um Dinge zu tun, zu denen normalerweise keine Zeit bleibt:
- Büroorganisation (unter anderem alte Modelle/Pläne entfernen, Ablage, Rechnungsmanagement)
- In Weiterbildung investieren (unter anderem Kammerauflagen erfüllen, Wissen über neue Bauvorschriften, neue Software, Büroorganisation etc. aneignen)
- Image pflegen/Strategien erarbeiten (Visionen entwickeln, Büroentwicklung)
- Marketing und Öffentlichkeitsarbeit verbessern (unter anderem Stärken-Schwächen-Analyse, Produkt-/Aufgabenspektrum überprüfen, Referenzmappe aktualisieren, Messen besuchen, Kontakte knüpfen, Homepage aktualisieren, Pressearbeit aktivieren)
- Vertrieb organisieren (Kooperationen, neue Zielgruppen suchen, Wettbewerbe)
War dieser Artikel hilfreich?
Weitere Artikel zu: