Roland Stimpel
Was war für Sie das Wichtigste des Architektentags in Hannover?
Zwei Dinge. In seltener Eindeutigkeit und Klarheit haben die Politiker, allen voran der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, aber auch Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Staatssekretär Gunter Adler die Leistungen des Berufsstandes gewürdigt und uns uneingeschränkte Unterstützung unter anderem in Sachen HOAI bei unserer weiteren Arbeit zugesagt. So ein Signal ist eine Ermutigung. Außerdem die gute und positive Stimmung der Gäste: Der Architektentag hat Angesicht der gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Umwälzungen Flagge gezeigt.
Zum Thema Flüchtlinge wurde ein Sonderforum eingerichtet.
Weil, Altmaier und Adler haben uns dringlich um Kooperation bei der Bewältigung der Flüchtlingsfrage und bei den Herausforderungen des notwendigen sozialen Wohnungsbaus gebeten. Die Architektenschaft ist also hier besonders gefordert. Daher haben wir die Frage diskutiert, wie wir bei der Flüchtlingsunterbringung die Probleme rasch und kostengünstig lösen, zugleich aber nicht alle erreichten baulichen Standards absenken müssen. Insgesamt gab es zu allen sechs Foren sehr positive Rückmeldungen. Ich denke, dass es uns gelungen ist, den Fokus wirklich auf die drängenden Fragen des Berufsstandes einzustellen. Diese sind Spezialisierung, Energiewende, Vergabe, Haftung und Digitalisierung.
Konnte man angesichts der vielen Einzelfragen überhaupt noch über den Tellerrand hinausschauen?
Ja, mehrfach. Zum Beispiel skizzierte der Hamburger Zukunftsforscher Horst Opaschowski Grundtrends für unsere künftige Arbeit, wie Sicherheit, Demografie und Einwanderung, sowie Trends zurück in die Stadt und hin zu flexibleren Wohnformen. Oder Christoph Ingenhoven, der uns mit eindrucksvollen Bildern die Probleme dieser Welt vor Augen geführt und mit Beispielen umweltverträglichen und menschenwürdigen Bauens Wege in die Zukunft aufgezeigt hat. Und nicht zuletzt die rund 50 Erstsemester-Studenten, die uns aus dem Kongressgebäude über die Straße in die Architekturfakultät gelockt haben und uns dort eine Fülle von frischen und unbefangenen Ideen unter anderem zur Unterbringung von Flüchtlingen präsentiert haben.
Was bleibt von allem?
Wir hatten zwei spannende Tage, zunächst der Eröffnungsabend im gerade fertiggestellten Erweiterungsbau des Sprengel-Museums von Meili und Peter aus Zürich und am Montag die Veranstaltung im Schloss Herrenhausen der Hamburger Architekten Jastrzembski Kotulla. Beide Orte boten viel Anregung und Gesprächsstoff wie die genannten Themen des Architektentags selbst. Diese wurden teils kontrovers diskutiert. Wir haben die „Hannoversche Erklärung“ an die Politik formuliert und sie der Presse vorgestellt. In diesem Sinne hoffe ich, dass sich alle gern an diesen herbstlich-sonnigen Architektentag 2015 in Hannover zurückerinnern, und dass wir inhaltlich lange von ihm zehren können.
Weitere Beiträge zum Deutschen Architektentag 2015 finden Sie hier
Eine ausführliche Video-Dokumentation finden Sie hier (externer Link)