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Burgherr vs. Center-Manager

Schwierige Entscheidung in Zwiesel: Ritterburg oder Outlet-Center – was zieht mehr?

31.05.20172 Min. Kommentar schreiben

Marktanalyse: Heiko Haberle

Was wird landauf, landab nicht alles versucht, um die Verödung von Kleinstädten zu verhindern: Fachwerkhäuser werden barrierefrei und familienfreundlich saniert, neue Gemeindezentren gebaut, Dorfplätze erneuert. Sogar von Pop-up-Stores in leeren Läden will man schon gehört haben. Und natürlich haben sich Forschungsprojekte, Förderprogramme und Bauausstellungen den ländlichen Raum vorgenommen. Strahlendes Vorbild ist Blaibach im Bayerischen Wald, das nun ein Konzerthaus hat und Festspiel-Touristen sowie Architekturpreise magnetisch anzieht.

Nur 50 Kilometer entfernt, in Zwiesel, will jetzt die Renaissance Projektierungs GmbH aus Fichtelberg zeigen, dass es auch einfacher geht: mit einer Burg auf einem Berg – nicht im Stil der Renaissance, sondern als Erlebnis-Hotel in Gestalt einer Ritterburg des 11. Jahrhunderts. Doch der dynamische Geschäftsführer begeht sogleich einen Stilbruch und tritt nicht in der Kutte, sondern im schicken Anzug vor die Kameras des Bayerischen Rundfunks. Dessen Polit- Magazin „quer“ – verlässliches Trüffelschwein für Baupossen und -kuriositäten – hat auch die Zwieseler befragt. Die fürchten ein Mittelalter-Disneyland mitten im Naturpark und erwarten eine Verkehrsbelastung Burgherr versus Center-Manager „wie am Stachus“. Außerdem hätten „Fledermäuse Vorrang vor Burganlagen“. Der Bayerische Wald brauche sanften Natur-Tourismus. Dem Marketing, das die geplante „Burg Rothberg“ für „Abenteurer und Selbstentdecker“ haargenau so anpreist und das ebenfalls geplante „Handwerksdorf Merzenried“ als „Natur-, Lehr- und Erlebnispark“ deklariert, glaubt einfach niemand.

Aber sanfte Wander- oder Kanu-Touristen helfen dem Zwieseler Bürgermeister angesichts von Abwanderung und Ladensterben ohnehin nicht weiter. Ganz vorbildlich möchte er die Innenentwicklung voranbringen und hat schon eine Idee: Zwiesel soll zum bewohnten Outlet-Center werden. Auf der Straße vor den ausgeräumten Schaufenstern kommt die Idee gut an. Endlich wieder schöne Konsumwelten vor Ort, damit das mit dem Online Shopping mal ein Ende habe. Klingt irgendwie erst recht nach Stachus. Vielleicht also doch lieber die Burg? So was mögen doch auch Fledermäuse.

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