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Grenzen der Nutzung

01.12.200814 Min. Kommentar schreiben

Starker Nachbarschutz im Bebauungsplangebiet

Die Festsetzung von Baugebieten durch einen Bebauungsplan hat nachbarschützenden Charakter zugunsten derGrundstückseigentümer in dem jeweiligen Baugebiet. Das heißt,der Grundstückseigentümer kann sich gegen die Zulassung einer gebietswidrigen Nutzung wehren, und zwar selbst dann, wenn er durch sie selbst nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Dieser bauplanungsrechtliche Nachbarschutz beruht auf dem Gedanken des wechselseitigen Austauschverhältnisses. Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem angegebenen Beschluss betont, dass ein gebietsübergreifender Schutz des Nachbarn vor (behaupteten) gebietsfremden Nutzungen im lediglich angrenzenden Plangebiet unabhängig von konkreten Beeinträchtigungen grundsätzlich nicht besteht. In einem solchen Fall bestimmt sich der Nachbarschutz nur nach dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) enthaltenen Gebot der Rücksichtnahme. Dabei kommt es – anders als bei Grundstücken im selben Baugebiet – auf die konkreten örtlichen Verhältnisse und die Frage an, was dem Betroffenen an Hinnahme noch zuzumuten ist und was nicht.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. Dezember 2007, Az.: 4 B 55/07)

Wohnlofts im Gewerbegebiet unzulässig

Die Errichtung von sogenannten „Lofts“ kann bauplanungsrechtlich problematisch sein. Soll ein Lager- oder Industrieraum in eine – reine – Wohnung umgewandelt werden und ist in dem fraglichen Gebiet Wohnen zulässig, ist das planungsrechtlich unbedenklich. Wenn aber, wie in dem vom Gericht entschiedenen Fall, in einem Gewerbegebiet „Wohnen und Arbeiten unter einem Dach“ geplant ist – in den Bauzeichnungen zu dem Vorhaben waren als künftige Nutzer „Komponist“, „Bildhauer“, „Tontechniker“ und „Grafiker/Webdesigner“ beispielhaft aufgeführt –, sindNutzungskonflikte zu befürchten. Diese Nutzungsart kann auf der einen Seite eine Nutzung für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger odersolcher Gewerbetreibender, die ihren Beruf in ähnlicher Art ausüben (§ 13 BauNVO), sein, ist auf der anderen Seite aber auch Wohnen. Hier handelte es sich um ein Vorhaben, das das gesamte Obergeschoss eines großen, zudem zentral im Gebiet gelegenen Fabrikgebäudes mit einer Grundfläche von knapp 800 Quadratmetern einnehmen sollte. Das Gericht entschied, dass das Vorhaben nach seinem Umfang und nach seiner Zweckbestimmung der Eigenart eines Gewerbe gebietes, das derUnterbringung von nicht erheblich belästigenden Betrieben dient, widerspreche. Die „Lofts“ seien nämlich für „wohnartige“ und damit typischerweise störempfindliche freiberufliche bzw. freiberufsähnliche Tätigkeiten bestimmt. Auch lege die Tatsache, dass nicht nur „unter einem Dach“, sondern in einem großen Raum gewohnt und gearbeitet werden solle, die Annahme nahe, dass die Einheiten vorwiegend für „wohnartige“ Tätigkeiten bestimmt seien; denn in einem Raum, in dem das Wohnen störende Arbeiten ausgeführt würden, könne nicht auf Dauer gewohnt werden. Die Baugenehmigung enthalte keine Regelung, die die Variationsbreite der genehmigten freiberuflichen bzw. freiberufsähnlichenNutzung einschränke. Das Gericht führte allerdings ergänzend aus, dass ein Vorhaben für freiberufliches Wohnen und Arbeiten „unter einem Dach“ im Einzelfall wohl auch in einem Gewerbegebiet zulässig sein könne, wenn anhand der konkreten Situation zu erkennen sei, dass Konflikte mit den gewerbegebietstypischen Nutzungen nicht zu befürchten seien. Auf die Klage der benachbarten Firma, die auf einem gleichfalls zu dem Fabrikgelände gehörenden Grundstück ein Wasserkraftwerk betrieb und für die Zukunft Beschränkungen in der Möglichkeit der Ausübung des Gewerbes befürchtete, hob das Gericht die Baugenehmigung auf.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 2. Januar 2008, Az.: 1 BV 04.2737

Kein Dialysezentrum im allgemeinen Wohngebiet

In der Baunutzungsverordnung ist durch die typisierende Zuordnung vonNutzungen zu den näher bezeichneten Baugebieten (reines Wohngebiet, allgemeines Wohngebiet, Gewerbegebiet …) ein Ausgleich zwischen den oft vielfältigen Ansprüchen an die Bodennutzung unternommen worden, indem den Gebieten bestimmte Nutzungen allgemein zugewiesen wurden und solche, die nur ausnahmsweise zugelassen werden können. In dem entschiedenen Fall ging es um den Abwehranspruch gegen die Zulassung eines Dialysezentrums mit 18 Behandlungsplätzen und 17 Kfz-Stellplätzen in einem allgemeinen Wohngebiet. Das Bundesverwaltungsgericht – wie die Vorinstanzen – gab dem Nachbarn, der das Vorhaben für gebietsunverträglich hielt und die Genehmigung deshalb als rechtswidrig angesehen hatte, Recht. Zwar handle es sich um eine Anlage zur freiberuflichen Berufsausübung und um eine Anlage für gesundheitliche Zwecke, die nach den §§ 13 und 4 BauNVO in allgemeinen Wohngebieten grundsätzlich zulässig sind; jedoch steht die Zulässigkeit jeder Nutzungtrotz der typisierenden Zuordnung unter dem Vorbehalt derGebietsverträglichkeit. Sie hängt insbesondere von derImmissionsverträglichkeit des jeweiligen Gebiets ab und kann nach Größe, betrieblicher Ausrichtung und räumlichem Einzugsbereich von sehr unterschiedlicher Art sein. Gegenstand der Betrachtung sind die Auswirkungen, die typischerweise von einem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehen. Entscheidend sei nicht, ob die mit der Nutzungverbundenen Lärmwerte eingehalten werden. Auf die kon krete Bebauung in der Nachbarschaft komme es nicht an, sondern nur auf den Gebietscharakter.

Bundesverwaltungsgericht, Beschlüsse vom 28. Februar 2008, Az.: 4 B 60/07, 4 B 61/07, 4 B 62/07

Betriebsleiterwohnung nur zulässig, solange der Betrieb existiert

Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter, die dem Gewerbebetrieb zugeordnet und ihm gegenüber in Grundfläche und Baumasse untergeordnet sind, können in faktischen und geplanten Gewerbegebieten und Industriegebieten ausnahmsweise zugelassen werden; allerdings kann in einem Bebauungsplan auch festgesetzt werden kann, dass solche Ausnahmen generell nicht zugelassen werden sollen oder – umgekehrt – solche Nutzungen nicht nur ausnahmsweise, sondern generell zulässig sein sollen. Ist eine solche Genehmigung einmal erteilt worden, wird sie gegenstandslos und damit ungültig, wenn die zugelassene Nutzungendgültig aufgegeben wird. Mit der in dem entschiedenen Fall festgestellten endgültigen Aufgabe des Betriebs, zu dem die Betriebswohnungen gehörten und genehmigt worden waren, verloren die Wohnungen ihre Existenzberechtigung. Da die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Betriebswohnung nur in Bezug auf den konkreten Betrieb, dem sie zugeordnet werden sollte, gesehen werden kann – sie knüpft unter anderem an die Größe und die Struktur eines bestimmten Betriebs an –, stellt sich, wenn sie einem anderen Betrieb dienen soll, die Frage derZuordnung und der weiteren gesetzlichen Voraussetzungen neu. Deshalb liegt bei einer Nutzung als Betriebsleiterwohnung für einen anderen Betrieb eine planungsrechtliche Nutzungsänderung vor. Erst recht gilt das für den Fall, dass ein allgemeines Wohnen ausgeübt wird. Die allgemeine Wohnnutzung begründet in einem Gewerbegebiet und insbesondere in einem Industriegebiet bodenrechtlich beachtliche Spannungen, weil sie schädlichen Umwelteinwirkungen ausgesetzt wäre oder künftig werden könnte. Demgegenüber setzt der Gesetzgeber voraus, dass Aufsichts- und Bereitschaftspersonal sowie Betriebsinhaber und -leiter, die aus betrieblichen Gründen in unmittelbarer Nähe zum Betrieb wohnen, ein höheres Maß an Störungen für das Wohnen hinnehmen müssen, als dies für die allgemeine Wohnnutzung gilt.

Oberverwaltungsgericht für NRW, Beschluss vom 17. März 2008, Az.: 8 A 929/07

B-Plan bindend, auch wenn die Realität abweicht

Ein Bebauungsplan wird als Satzung erlassen, ist also eine Rechtsnorm, die sowohl die Baugenehmigungsbehörden als auch die Bauwilligen bindet. Leidet er nicht an einem zur Unwirksamkeit führenden Mangel, sind seine Festsetzungen zu beachten. Ausnahmsweise und in äußerst seltenen Fällen sind aber Bebauungspläne oder einzelne Festsetzungen in ihnen nicht bindend, weil sie funktionslos geworden sind. Das ist der Fall, wenn die Verhältnisse, auf die sie sich beziehen, ihre Verwirklichung auf unabsehbare Zeit ausschließen und diese Tatsache so offensichtlich ist, dass ein in ihre Fortgeltung gesetztes Vertrauen keinen Schutz verdient. Wenn die tatsächlichen Verhältnisse so massiv und so offenkundig vom Planinhalt abweichen, dass der Bebauungsplan insoweit seine städtebauliche Gestaltungsfunktion unmöglich erfüllen kann, kann derPlan oder eine einzelne Festsetzung funktionslos sein. In dem vom Gericht entschiedenen Fall hatte der Bauherr in einem Gewerbegebiet eine Wohnnutzung zur Genehmigung gestellt und darauf verwiesen, dass bereits eine private Wohnnutzung vorzufinden sei und einige Gewerbeimmobilien leer stünden. Selbst wenn, was der Bauherr vorgetragen hatte, die Behörde den Wechsel von einem Gewerbegebiet zu einem Mischgebiet faktisch dulde, verliere dadurch die Festsetzung nicht ihre bindende Kraft, sondern sei zu beachten.

Oberverwaltungsgericht für NRW, Beschluss vom 2. April 2008, Az.: 7 B 251/08

Ferienapartments sind keine Wohnnutzung

In dem entschiedenen Fall hatte der Plan geber für ein Sondergebiet mitder Zweckbestimmung „hafenbezogenes Wohnen“ als Nutzungsart „Wohnen“ festgesetzt. Da eine benachbarte Grundstückseigentümerin ein bauaufsichtliches Einschreiten gegen eine laufende Nutzung eines Wohnhauses zu Ferienzwecken verlangt hatte, was die Behörde abgelehnt hatte, musste das Gericht sich mit dem Begriff des Wohnens auseinandersetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dieser Begriff durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises sowie Freiwilligkeit des Aufenthalts gekennzeichnet. Die Definition soll den Bereich des Wohnens als Bestandteil der privaten Lebensgestaltung kennzeichnen und meint dieNutzungsform des selbstbestimmt geführten privaten Lebens „in den eigenen vier Wänden“. Darunter fielen, so das Oberverwaltungsgericht, Ferienwohnungen nicht, weil es bei ihnen jedenfalls typischerweise an derauf Dauer angelegten Häuslichkeit fehle. Daran ändere im vorliegenden Fall auch der Umstand nichts, dass ein Sondergebiet gerade für „hafenbezogenes“ Wohnen festgesetzt worden sei. Das modifiziere nicht den Begriff des Wohnens, sondern stelle nur den Bezug zu den typischen Lebensverhältnissen an einem Hafen her, insbesondere zu seiner Geräuschkulisse, die sich meist nicht in die für Wohngebiete geltenden Lärmrichtwerte einpassen lasse. In der Entscheidung ließ das Gericht die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zu, weil im Berufungsverfahrender Frage nachgegangen werden müsse, zu welchen tatsächlichen Beeinträchtigungen die baugebietswidrige Nutzung führe. Denn anders als bei einer Klage gegen eine einem Dritten erteilte Baugenehmigung komme es bei einem Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen baurechtswidrige Zustände in der Nachbarschaft darauf an, ob und inwieweit ein Einschreiten unter dem Gesichtspunkt des Ermessens zu rechtfertigen sei.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. Juli 2008, Az.: 1 LA 203/07

Bau-, Schutz- und Toleranzgrenzen

Auch zu Baugrenzen, zum Bestandsschutz, zum Klagerecht von Gemeinden und zu Biogasanlagen gibt es neue Urteile.

Baugrenze darf Geschossfläche limitieren

Das Gericht hatte die Frage zu entscheiden, ob ein Bebauungsplan deshalb ungültig war, weil die darin festgesetzte Grundflächenzahl von 0,5 auch bei vollständiger Ausnutzung der auf dem Baugrundstück vorhandenen überbaubaren Grundstücksgrenze nicht annähernd erreicht werden konnte. Der Bebauungsplan sah nämlich an der zum See gewandten Seite des Grundstücks eine Baugrenze und die Festsetzung einer privaten Grünfläche vor. Ohne Einbeziehung der privaten Grünfläche ergebe sich, so die Bauherrin, eine bauliche Ausnutzbarkeit des Grundstücks von maximal 44 Prozent, unter deren Einbeziehung sogar nur von 39 Prozent. Unter Bestätigung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Schleswig-Holstein betonte das Bundesverwaltungsgericht, dass Baugrenzen in einem Bebauungsplan nicht so festgesetzt werden müssten, dass sie dem Grundeigentümer die volle Ausschöpfung der festgesetzten Grundflächenzahl ermöglichen. Da die Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung und die Festsetzung derüberbaubaren Grundstücksfläche durch Baugrenzen unterschiedlichen städtebaulichen Zwecken dienten, besitze jede dieser Festsetzungen einen eigenständigen Regelungsinhalt, der nur im Rahmen der jeweils anderen Festsetzung verwirklicht werden könne.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Dezember 2007, Az.: 4 BN 53/07

Keine großen Carports außerhalb der faktischen Baugrenze

Soll ein Carport in einem nicht beplanten, aber im Zusammenhang bebauten Ortsteil straßennah errichtet werden, ist dieses Vorhaben nur dann zulässig, wenn es sich unter anderem nach dem Merkmal „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. In dem entschiedenen Fall war er unter dem genannten Gesichtspunkt ohne Vorbild; denn in der Umgebung fanden sich Freiräume von zumeist um fünf Meter, während der geplante Carport erstmals unmittelbar an die Straßenbegrenzungslinie heranrückte und damit die faktische vordere Baugrenze überschritt. Deshalb ging das Gericht entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Frage nach, ob das Vorhaben trotz Überschreitung des aus der näheren Umgebung abzuleitenden Rahmens keine bodenrechtlichen Spannungen verursachte. Dann könnte es nämlich dennoch genehmigungsfähig sein. Das Gericht wies darauf hin, dass immerhin zu berücksichtigen sei, dass es sich bei einem Carport, bezogen auf die Hauptnutzung des Grundstücks durch ein Wohnhaus, um eine Nebenanlage handele, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sei oder zugelassen werden könnte und außerhalb der durch (faktische) Baugrenzen markierten überbaubaren Grundstücksflächen nicht generell unzulässig sei. Die materiellen Maßstäbe des einschlägigen § 23 Abs. 5 BauNVO, nach denen bei derErmessensentscheidung vor allem die städtebaulichen Folgen einer Zulassung von Nebenanlagen außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche zu beachten seien, seien auch bei der Prüfung derbodenrechtlichen Spannung von Bedeutung. Da hier mit der Zulassung von Carports erstmals von ihren äußeren Umgrenzungen her voluminöse bauliche Anlagen entstünden, die etwa bis zur Höhe eines Geschosses praktisch die gesamte Tiefe des Freiraums von der Gebäudefront bis zur Straßenbegrenzungslinie einnähmen, hätte die Anlage nach Wertung des Gerichts eine bislang nicht gegebene Beeinträchtigungsqualität; die Ablehnung des Bauantrags war rechtmäßig.

Oberverwaltungsgericht für NRW, Urteil vom 19. Juni 2008, Az.: 7 A 2053/07

Bei Planänderung muss die Gemeinde einbezogen werden

Nach § 36 BauGB wird über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 BauGB im bauaufsichtlichen Verfahren von derBaugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Diese Norm gewährleistet das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht. Hat die Gemeinde im Rahmen ihrer Beteiligung ihr Einverständnis mit dem Vorhaben erklärt oder gilt es als erteilt (§ 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB), dann hat das nur für dieses Vorhaben Bedeutung. Wird das Vorhaben später in einem planungsrechtlich relevanten Umfang geändert – das war hier nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen wegen einer Verschiebung des Standortes zweier Windkraftanlagen der Fall –, bezieht sich das Einvernehmen nicht hierauf. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Recht der Gemeinde bekräftigt, in einem solchen Fall die Genehmigung im Klageweg anzufechten. Bei seiner Entscheidung prüfte das Gericht mangels Entscheidungsrelevanz nicht, ob der Bauherr einen materiellen Anspruch auf die beantragte Genehmigung besaß, sondern allein, ob die klagende Gemeinde in ihrer Planungshoheit verletzt war, was hier auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts gegeben war.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. August 2008, Az.: 4 B 25.08

Gebäudeveränderung gefährdet Bestandsschutz

Soll ein im Außenbereich gelegenes Wohngebäude um eine Wohnung erweitert werden (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 5 BauGB), ist deren Genehmigungsfähigkeit unter anderem davon abhängig, dass das existierende Gebäude „zulässigerweise errichtet worden“ ist. Das ist derFall, wenn es genehmigt ist oder – so die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts – zwar nicht genehmigt worden ist, aber während eines nicht unerheblichen Zeitraumes bestanden hat und hätte genehmigt werden können, damit formell legal ist; könnte es heute nicht (mehr) genehmigt werden, ist es bestandsgeschützt. Trotz einer früher einmal erteilten Genehmigung zur Errichtung und Nutzung des Wohngebäudes ist das Merkmal indes nicht erfüllt, wenn es durch an ihm vorgenommene Baumaßnahmen nachträglich so verändert worden ist, dass es sich gegenüber dem früheren Zustand als etwas anderes, als ein „Aliud“ darstellt. Auch eine vom Bauherrn bereits vorgenommene oder auch nur angebotene Wiederherstellung des seinerzeit genehmigten Zustandes lässt den Bestandsschutz nicht wieder aufleben. Die Möglichkeit, den sogenannten überwirkenden Bestandsschutz in Anspruch zu nehmen, hat er unumkehrbar verloren. Gleiches gilt im Übrigen für die anderen in § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB genannten Fälle, die eine zulässigerweise erfolgte Errichtung voraussetzen.

Oberverwaltungsgericht für NRW, Beschluss vom 11. März 2008, Az.: 7 A 3348/07

Biogasanlagen als privilegierte Vorhaben

Die Privilegierung des Betriebs einer Biogasanlage im Außenbereich setzt nach § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB voraus, dass es um die energetischeNutzung von Biomasse „im Rahmen“ (etwa) eines landwirtschaftlichen Betriebes geht. Das Gericht hatte die Frage zu entscheiden, ob diese Voraussetzung auch dann erfüllt ist, wenn der Bauherr die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung seines Betriebes als Biomasse der geplanten Anlage zuführen will. Während die Vorinstanz dies verneint hatte, weil es an einem „landwirtschaftlichen Basisbetrieb“ fehle, entschied das Gericht, dass die Biogasanlage sich nicht im Sinne eines „Dienens“ derlandwirtschaftlichen Betätigung unterordnen müsse. Das Ziel, keine „Biogasfabriken“ im Außenbereich entstehen zu lassen, habe derGesetzgeber nicht unter Rückgriff auf das Kriterium der Unterordnung verfolgt, sondern durch die Beschränkung der elektrischen Maximalleistung sowie durch das Kriterium, dass die Biogasanlage in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Betrieb stehen müsse. Allerdings ist ein derartiges Vorhaben nur zulässig, wenn die Biomasse überwiegend aus dem Betrieb, in dem die Biogasanlage errichtet werden soll, oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen landwirtschaftlichen Betrieben stammt. Nach Ansicht des Gerichts ist eine Prognose anzustellen, ob die Erfüllung dieser Voraussetzung anzunehmen ist. An diese Prognose dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.

Oberverwaltungsgericht für das Land Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. November 2007, Az.: 1 A 10253/07

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