Kommunikation ist heute alles. Verpönt sind Zuhören und Lernen. Man glaubt an das Gespräch, es gilt als Beweis demokratischer Wissensvermehrung. Es ist spontan, unverbindlich, fehlerfreundlich – und gratis. Drum liest man seit einiger Zeit ständig Interviews in Architekturzeitschriften. Manchmal reicht dafür ein Telefonat oder eine Mail. Auch die Grafiker sind froh. Mit so einem Zwiegespräch wird das Layout gleich freundlicher, vor allem kann man Köpfe abbilden. Das gilt heute als A und O.
Das Ganze gibt es auch in Echtzeit. Dann heißt es Podiumsdiskussion, die hat man beim Fernsehen abgeschaut. Für Berufsverbände inzwischen eine feste Position: M’r suached jezz de Dialog! Leider hat man dafür kein Geld und kann keine Hintergrundredaktion mit der minutiösen Vorbereitung beauftragen. Man hofft, dass wenigstens die Mikrofone funktionieren. Gegen das Format ist ja nichts einzuwenden, nur sind wir dabei alle Amateure. Immerhin hat das für die Zuhörer den klammheimlichen Reiz, dass es ganz peinlich werden kann.
Im Grunde gibt es zwei Varianten. Entweder dominieren die Gäste oder der Moderator. Im ersten Fall antworten sie, wenn man ihnen das Wort erteilt: „Das ist eine gute Frage, aber lassen sie mich Folgendes sagen.“ Dann erzählen sie ohne Punkt und Komma eine Viertelstunde lang, was alle schon wissen. Vor allem Politiker beherrschen diese Strategie. Damit ist jede Diskussion umgehend tot. Im anderen Fall behält der glänzend vorbereitete Gesprächsleiter die Zügel fest in der Hand. Ihm ist es eher lästig, wenn man seinen mit endlosen Zitaten garnierten Impulsvortrag durch Antworten unterbricht. Für diese Störungen hat er einige Prüfungsfragen parat, die seine vorlauten Gäste sofort dumm aussehen lassen: „Gehört die Zukunft dem glücklichen Zyniker oder dem unglücklichen Romantiker?“ Ja, was soll man darauf antworten. Am Ende heißt es immer, dass nicht alle Fragen geklärt werden konnten, das hätte auch niemand erwartet. Die Diskussion stehe noch am Anfang, drum freue man sich jetzt auf das Büffet, zum dem ein Hersteller von Dachflächenfenstern einlade.
So weit so gut. Wie wird es weitergehen? Die Redeschlacht namens „UrbanSlam“ und die architektonische Pecha-Kucha-Night (Wikipedia-Übersetzung: „wirres Geplauder, Stimmengewirr“) sind schon da.
Text: Wolfgang Bachmann
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