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Guter Rat

Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten ist gute Beratung wichtig – von Kammern und von professionellen Problemlösern.

01.04.20098 Min. Kommentar schreiben

Fred Wagner

Ein Mann versucht, tief im Wald einen Baum zu fällen. Doch es gelingt ihm nicht. Der Schweiß rinnt in Strömen von seinem Gesicht. Völlig erschöpft versucht er es immer  und immer wieder. Da kommt ein anderer Mann vorbei und beobachtet die Szene. Nach einer Weile sagt er: „Haben Sie eigentlich schon bemerkt, dass Ihre Säge stumpf ist?“ Unser Mann blickt kurz auf und antwortet: „Nein, ich habe keine Zeit, ich muss doch sägen.“

Auch Architekten sind oft so aufs eigene Werk fixiert, dass kundiger Rat  zur Unternehmensführung bei ihnen wenig Gehör findet. Hilfe von externen Beratern ist für viele kein Thema. Doch gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten sind Architekten immer stärker auf Beratung angewiesen. Große Büros praktizieren das seit Jahren – manche sind und bleiben auch deshalb groß. Langsam erkennen immer mehr kleinere, dass sich die Investition in kundigen Rat lohnen kann.

Erste Hilfe für alle Fälle

In vielen Fällen kann die Kammer schnell und unbürokratisch weiterhelfen. Zu finanziellen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Fragen vermittelt sie kompetente Ansprechpartner oder organisiert individuelle Beratungstermine zum Büromanagement, zu unternehmerischem Denken und Handeln oder zur Erschließung von neuen Berufsfeldern.

So bietet die Architektenkammer Baden-Württemberg schon seit 20 Jahren ein sogenanntes Büroberatungsprogramm an, das vom Wirtschaftsministerium des Landes gefördert wird. Hier kann man sich für eine Pauschale von 205 Euro in allen Fragen zur Büroführung von bewährten Experten beraten lassen – individuell und je nach Bedarf bis zu 16 Stunden lang. Unter den Experten sind Unternehmensberater wie Andreas und Werner Preißing, Jörg M. Proksch oder Hansjörg Selinger, die sich auf die Betreuung von Architekturbüros spezialisiert haben.

„So preiswert und effizient wie mit unserem Programm finden Architekten sonst keine Hilfe“, sagt Kammersprecherin Carmen Mundorff. Jährlich nutzen weit über 100 Architekten das Angebot. Zum Beispiel  der Stuttgarter Achim Bodamer, der vor Jahren in Sachen Bürogründung Rat suchte. Bodamer: „Wir bekamen unter anderem Ratschläge, wie man erfolgreich akquiriert. Daran halten wir uns heute noch.“ Carmen Mundorff: „Früher ging es oft um die Existenzgründung, heute stehen Themen wie Existenzfestigung und Nachfolgeregelungen im Vordergrund.“ Vor allem Letzteres wird immer stärker nachgefragt.

Ein weiteres wichtiges Feld der Kammern ist die Honorar- und Rechtsberatung. Nachgefragt werden alle Themen, die mit der Berufstätigkeit der Architekten zusammenhängen – vom Vertrags- und Vergaberecht über Wettbewerbsverfahren bis hin zur Insolvenz.

Einer, bei dem das Telefon diesbezüglich selten stillsteht, ist Erik Budiner, Rechtsanwalt und Geschäftsführer Recht und Verwaltung bei der Bayerischen Architektenkammer. Seit über 30 Jahren  kümmert sich der Anwalt zusammen mit weiteren Kollegen um die rechtlichen Belange der Kammermitglieder. „Wir fragen nach dem Problem und zeigen verschiedene Lösungsmöglichkeiten auf.

Das kann eine einschlägige Gerichtsentscheidung sein, wenn der Fall eindeutig entschieden wurde. Bei komplizierten Fällen müssen wir allerdings auf einen Anwalt oder Sachverständigen verweisen.“ Wer eine Frage hat, ruft in München an oder schickt eine E-Mail. Eine individuelle Rechtsberatung, wie sie nur von freien Anwälten durchgeführt wird, kann man allerdings in diesem Rahmen nicht erwarten. Geholfen wird durch Hinweise auf einschlägige Urteile und Literatur. Eine ständige Bearbeitung der aktuellen Rechtslage und langjährige Erfahrungen in allen Rechtsgebieten, die Architekten betreffen können, helfen den Mitarbeitern in der Geschäftsstelle bei ihrer Aufgabe, Problemlösungen aufzuzeigen.

Umfangreiche Diagnose

Meist wenden sich kleinere Büros mit wirtschaftlichen Sorgen an ihre Kammer. Große leisten sich oft einen eigenen Rechts- oder Wirtschaftsexperten. Zum Beispiel Jörg M. Proksch, der seit rund zehn Jahren bei sogenannten Veränderungsprozessen berät, etwa bei einer strategischen Neuausrichtung oder bei der Suche nach einem geeigneten Büro­nachfolger. Proksch: „Viele kommen, weil sie sich neu aufstellen wollen. Am Ende des Berufslebens geht es meist um die Nachfolge­regelung.“ Patentlösungen gebe es dafür nicht. Über die Kosten schweigt der Unternehmensberater und Coach: „Die sind Verhandlungssache und richten sich nach Budgetgröße und Themenstellung.“ Aus Rücksicht auf seine Mandanten will er auch deren Namen nicht nennen. „Wir beraten relativ bekannte Architekten.“

Auch der Unternehmensberater Werner Preißing (siehe auch Beitrag „Gefragte Besser-Wisser“) hält sich mit Namen bedeckt und verweist auf eine kurze Referenzliste auf seiner Website im Internet. Dort findet man Büros wie Graft oder KSP – Engel und Zimmermann. Preißing: „Die Beratung ist oft sehr heikel. Da geht es um gerichtliche Auseinandersetzungen, die Nachfolge oder eine Mediation. Bei solch unschönen Themen scheuen Architekten die Öffentlichkeit.“ Ein guter Berater müsse den Architekten in seiner kreativen Ideenwelt abholen und sanft zu wirtschaftlichen Fragen hinführen.

„Wir haben in den letzten Jahren oft Büros beraten, die vor dem wirtschaftlichen Ruin standen“, erklärt Preißing. In 60 Prozent aller Fälle geht es um wirtschaftliche Notsituationen oder finanzielle Ansprüche von Partnern, Kindern oder Ehefrauen. Es gebe aber auch sehr erfolgreiche Planer, die eigentlich alles richtig machen. Preißing: „Die kommen, weil sie weiter wachsen wollen.“
Für seine Beratungsleistungen rechnet Preißing Tagessätze von 2 400 Euro ab. Es gibt eine feste Preisliste: Für ein Einstiegsgespräch berechnet er einen halben Tagessatz, ­eine Analyse und Strategiebesprechung zum Thema Nachfolge kostet 2 750 Euro.

Fürsorge durch PR-Spezialisten

Der wirtschaftliche Erfolg hängt auch davon ab, wie sich das Büro in der Öffentlichkeit präsentiert und wie die ­Kommunikation mit potenziellen Kunden und Medien erfolgt. Aus diesem Grund wird immer öfter ein PR-Berater hinzugezogen.

Der Berliner Frank Peter Jäger ist einer von ihnen. Seit sechs Jahren berät er Büros zu allen Fragen der Außendarstellung. Jäger: „Viele Architekten wollen ihren öffentlichen Auftritt erneuern, aber schon der erste Schritt ist schwierig.“ Denn zu Beginn sei eine grundlegende Stärken-Schwächen-Analyse nötig. „Erst wenn klar ist, welche Stärken vorhanden sind und welche Ziele erreicht werden sollen, lässt sich ein wirkungsvoller Auftritt nach außen aufbauen“, erklärt der studierte Stadtplaner und Architekt.

Was er bei seinen Beratungen als großes Problem wahrnehme, sei das wenig ausgeprägte unternehmerische Selbstverständnis, sagt Jäger und nennt ein Praxisbeispiel: Ein Architekt kommt und will dringend eine Website, nachdem er vom eigenen Erfolg überrascht wurde. Innerhalb kürzester Zeit hatte er für große Projekte über 20 Mitarbeiter einstellen müssen. Aber welche Botschaften er im Internet übermitteln will, weiß er nicht so recht. Jäger: „Der hohe Projektdruck lässt die eigene Standortbestimmung nicht zu.“ Viele würden den Übergang von einer Kreativschmiede zu einem Unternehmen gar nicht bemerken und dadurch unerwartet ins Taumeln kommen.

Als Basishonorar berechnet Jäger rund 500 Euro pro Tag; die meisten Beratungen nehmen etwa zwei bis drei Tage in Anspruch.
Es gibt viele Berater, die sich das Thema Öffentlichkeitsarbeit für Architekten auf die Fahne geschrieben haben. Aber wirklich erfolgreich praktiziert es nur eine Handvoll. Dazu gehört Sally Below, die Architekten bei der Profil­entwicklung  und Öffentlichkeitsarbeit hilft. Below: „Meist kommen die Büros zu mir, die schon recht fit sind. Doch ­viele trauen sich nicht, weil sie selbst nicht wissen, welches ihre Ziele sind.“

Feste Honorare gibt es bei der Berliner ­Beraterin nicht. Die Kosten richten sich immer nach dem Aufwand und der Mitarbeit der Büros. Doch die Mühe lohne sich, meint Below. Architekten sollten so selbstverständlich einen Unternehmens- oder Kommunikations­berater hinzuziehen, wie sie das mit einem Steuerberater tun. Dann würde sich die gesamte Branche professionalisieren und wäre besser aufgestellt gegenüber Bauträgern und ­Immobilienfirmen. Below: „Beratung kostet zwar Geld, kann aber eine wesentlich bessere Investition sein als eine zusätzliche Wett­bewerbsteilnahme.“

Den richtigen Berater finden

Ein Verzeichnis für Architektenberater gibt es nicht. Der wohl beste Weg ist die Empfehlung eines Kollegen oder der Kammer. Auch über das Internet lassen sich Berater für Architekten finden. Auf folgende Kriterien sollten Sie in jedem Fall achten:

  • Entscheiden Sie sich möglichst für einen hauptberuflichen ­Berater, der die Sache professionell und nicht nebenbei macht.
  • Vergleichen Sie mehrere Berater nach einem kurzen ­Informationsgespräch. Nicht jeder Berater passt zu jedem Büro.
  • Ein guter Berater muss unbequeme Wahrheiten ansprechen und diese offenlegen, auch wenn sie den Mandanten noch so schmerzen könnten.
  • Die beste Empfehlung für einen Berater sind seine ­Erfahrung und seine ­Erfolge. Lassen Sie sich auf jeden Fall ­aktuelle Referenzen nennen.

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