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Im Wurmloch

In Berlins „historischer“ Mitte sind die Gesetze von Raum und Zeit außer Kraft gesetzt.

28.03.20172 Min. Kommentar schreiben

Zeitreiseleitung: Heiko Haberle

Wir starten im Sanierungsfall Pergamonmuseum von Ludwig Hoffmann, der das Spiel mit Zeit und Raum dank großer Stil-Trickkiste perfekt beherrschte. Die Wiedereröffnung erster Bauteile wurde jüngst auf 2023 verschoben. Ab dann kann eine Planung von Oswald Mathias Ungers aus dem Jahr 2000 besichtigt werden, die schon damals nostalgisch an die 1980er erinnerte. Alle Säle werden also dem Diktat des Quadrats unterworfen: mit Trockenbauwänden, an denen wohl keine babylonischen Exponate mehr hängen können. Aber die Ausstellungsplanung wurde in weiser Voraussicht für drei Jahre ausgesetzt, denn wer weiß schon, welche Präsentationstechniken es dereinst geben wird – Hologramme vielleicht. Schräg gegenüber entsteht 2018 vorsorglich für 15 Jahre ein Übergangsmuseum, in dem auch das aus dem Jahr 2011 bekannte Pergamon-Panorama wieder auflebt. Ungers nicht unähnlich, aber nicht quadratisch gegliedert und grobschlächtiger ist auch die „zeitgenössische“ Spreefassade des Stadtschlosses alias Humboldtforum.

Mit Bauklötzen in solch zyklopischen Formaten durften bisher nur Pharaonen spielen. Etwas weiter fordert der Haushaltsausschuss des Bundestags mit 62 Millionen Euro zu weiteren Verwirrspielen auf, denn er will Schinkels Bauakademie wieder haben. Und oben drauf legten die Haushälter noch die kaiserlichen Kolonnaden vor dem Schloss, nach denen nun wirklich niemand gefragt hat. Doch Bauministerin Hendricks zeigt sich undankbar und wünscht sich dort jetzt doch das wiederum vom Haushaltsausschuss ad acta gelegte Einheitsdenkmal, die wohl nur noch leicht schaukelnde Schale. Die Straße runter eröffnete der Star der 1990er Frank Gehry (das „O.“ in der Namensmitte scheint er abgelegt zu haben) jüngst seinen neuen Konzertsaal in Richard Paulicks Magazingebäude neben der Dauerbaustelle Staatsoper. Das stammt aus den 1950er-Jahren, geht aber selbst kundigen Augen glatt als echter Klassizismus durch. Letzte Station ist die bisher nur teileröffnete Staatsbibliothek, wo es etwas echt Altes zu bestaunen gibt: Die dortigen Baucontainer, die schon ihren selbstverständlichen Platz im Stadtbild haben, erinnern an das historische Ereignis des Baubeginns im Jahr 1995.

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