Die Regeln, wann solche „Sonderangebote“ an Bauherren, Nutzer und Öffentlichkeit möglich sind, basieren auf einfachen und über Jahrhunderte bewährten Grundsätzen wie Anonymität, Gleichbehandlung, einem kompetenten Preisgericht, Auftragsversprechen und der Wahrung des Urheberrechts. In den meisten Länderkammern verpflichten die Berufsordnungen ihre Mitglieder, nur an Wettbewerben teilzunehmen, die geprüft und registriert sind. Wie der BDA in einem Boykottaufruf richtig aufzeigt, ist es unabhängig von der Berufsordnung eine Frage der Haltung, hierfür das notwendige professionelle Bewusstsein zu zeigen. Vorsicht ist bei eingeladenen „Gutachterverfahren“, „konkurrierenden Verfahren“ oder „städtebaulichen Studien“ angebracht. Zumeist wird eine „Aufwandsentschädigung“ weit unter den tatsächlichen Kosten bezahlt, es gibt keine faire (Fach-) Jury, kein Auftragsversprechen, kein angemessenes Preisgeld, Nutzungsrechte müssen abgetreten werden und oft wird mit einer persönlichen Präsentation gegen Gleichbehandlung und Anonymität verstoßen. Werden diese Verfahren den Kammern früh genug gemeldet, wird versucht, entweder einen fairen Wettbewerb oder eine faire Bezahlung durchzusetzen – andernfalls bleibt leider nur eine möglichst kollektive Absage. Der Gesetzgeber verpflichtet uns, das einwandfreie Verhalten unserer Mitglieder zu „überwachen“, selbstverständlich weisen wir aber auch Auftraggeber auf Verstöße hin. Wer sich außerhalb eines geregelten Wettbewerbes Alternativen von mehreren Büros ausarbeiten lassen will, muss in Form einer Mehrfach- oder Parallelbeauftragung nach HOAI bezahlen – auch wenn „Lösungsansätze“ innerhalb von Vergabeverfahren verlangt werden. Der Leistungsumfang muss klar begrenzt und angemessen honoriert sein und von allen eingehalten werden. Wird korrekt bezahlt, ist dieser Weg oft teurer als ein Wettbewerb.
Die BAK-Projektgruppe Wettbewerbe und Vergabe entwickelt derzeit einen Leitfaden „Wettbewerbe und Mehrfachbeauftragungen“, der als länderübergreifender Konsens entsprechendes Gewicht hätte. Aufklärung, Vergleiche und Entscheidungshilfen sollen die Tendenz zu immer neuen „Hybridverfahren“ beenden, die weder Wettbewerbsregeln noch der HOAI entsprechen. In der Praxis ist die Berechnung des richtigen Honorars oft sehr komplex, zum Beispiel wenn städtebauliche, landschaftsarchitektonische und hochbauliche Leistungen vermischt sind. Zwar ist jedes Kammermitglied verpflichtet, das Honorar zu prüfen, bevor es einen solchen „Auftrag“ annimmt. Unsere Juristen, Ausschüsse und Sachverständigen für Honorare und Verträge stehen jedoch gerne mit Rat und Tat zur Seite. Damit soll nicht zuletzt verhindert werden, dass sich einzelne Kollegen hervortun müssen und sich damit Chancen verbauen. Abmahnungen wegen der Teilnahme an „grauen“ oder unterhonorierten Verfahren sind zuerst eine Aufforderung zu solidarischem Verhalten, denn wir können nur bei uns selbst anfangen. Planungswettbewerbe sind ein Sonderangebot unseres Berufsstandes, sie dürfen nicht zum Ausverkauf unserer Ideen werden!
Christine Edmaier ist Präsidentin der Architektenkammer Berlin.
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