Text: Wolfgang Bachmann
Erst war das Geld alle, dann kam der Bauherr abhanden. Das ist der Generalbass in den Werkberichten gestandener Architekten, die damit belegen, wie ihr kreatives Gewerbe im Lauf der Jahre zu einer aufopferungsvollen Beschäftigung mit sparwütigen, desinteressierten Investoren verkommen sei.
Aber es geht auch anders. Es gibt sie noch, die private Bauherrschaft, die sich eine Villa bauen lässt wie der Geldadel im 19. Jahrhundert. Sie geht mit ihren Wohnwünschen zu einem Architekten, vulgo: sie lässt ihn kommen, wenn sie Samstagnacht bei einer Zwischenlandung kurz Zeit hat. Was sie in Auftrag gibt, ist auf jeden Fall groß. 700, 800 Quadratmeter Wohnfläche für zwei Personen sind keine Seltenheit, eine Familie braucht schon 1.200, aber da ist das Au-Pair mitgerechnet.
Diese Häuser sind hervorragend gebaut. Wenn man sie zusammen mit dem Architekten besichtigt, verliert man die Orientierung. Sechs Meter Raumhöhe über dem Essplatz, den ein acht Meter langer Tisch beherrscht, ein halbes Dutzend Schlafräume, alle mit einem Bad groß wie ein Klassenzimmer, vor dem Kamin Lederpolster von Kobe-Rindern, in der Garage vier hubraumstarke Limousinen, zwei Plätze sind noch frei. Alles vom Besten und Teuersten, es sind Hersteller, deren Namen man ehrfürchtig ausspricht. Sie lieferten die größten Scheiben, die dicksten Bretter, die schönsten Steine. Was die Handwerker fertigten, hat der Architekt im Maßstab 1:1 gezeichnet. Er hätte nie gedacht, dass er einmal in den Zwischenwänden verschwindende Schiebetüren mit einer Verkleidung aus Tombak-Gewebe detaillieren würde. Er genoss es, sich an seine brachliegenden Talente zu erinnern. Endlich einmal kein Wohnungsbau nach Förderrichtlinien! Hier hatte er alle Freiheiten. Die Marmortreppe wurde zweimal abgerissen, weil sie dem Bauherrn zu unbequem war. Das ist der Maßstab. Natürlich hat man alle Nachhaltigkeitsparameter weit übertroffen. Aber was heißt das schon, wenn man bei der Herstellung die Energie verbraucht, aus der sonst ein ganzer Wohnblock entsteht?
Wo stecken die Herrschaften eigentlich, die uns so ungeniert durch ihre Räume streifen lassen? Die wohnen hier nicht, sagt der Architekt, die sind im Jahr nur für ein paar Tage in der Stadt. Dann ist ihnen das eigene Haus lieber als ein Hotel.
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