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Endlich finden statt endlos suchen

Wie kleine Büros beim Konkurrenzkampf um die besten Absolventen mithalten können

28.09.20146 Min. Kommentar schreiben

Text: Nils Hille

Es ist eine niemals endende Geschichte: Jan Endemann ist „eigentlich immer irgendwie auf der Suche“, wie er sagt. Egal ob bei Veranstaltungen oder Seminaren, an der Hochschule oder im Gespräch mit Kollegen in der Kammergruppe – der Architekt aus Stuttgart hat dauernd die Frage im Hinterkopf: Wie komme ich an neue Mitarbeiter?

Und das nicht etwa, weil Endemann ein riesiges Architekturbüro mit ebenso großen, internationalen Projekten leitet. Sondern gerade weil das Gegenteil der Fall ist. Der heute 47-Jährige hatte sich nach zehn Jahren als Angestellter im Jahr 2006 selbstständig gemacht. Seitdem führt er ein Büro, das mal drei, mal vier Mitarbeiter hat. „Viel mehr sollen es auch gar nicht werden“, sagt er. Und weil er nicht die Mammutaufgaben oder Prestigeprojekte plant und realisiert, von denen jeder hört und liest, kennen die Hochschulabsolventen „Endemann Architekten“ zunächst nicht. Ein Problem, das viele kleine Büros haben, egal, wie gut ihre Arbeit ist. Endemann zum Beispiel hat sich von Anfang an auf den Wohnungsbau konzentriert – und das mit Erfolg. Mittlerweile saniert sein Büro nicht nur Gebäude mit bis zu fünfzehn Wohneinheiten. Die Stuttgarter haben auch das Arbeitsfeld Baugemeinschaften für sich entdeckt. „Zwei Projekte sind abgeschlossen, am dritten sind wir gerade dran.“

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Das bedeutet für die Mitarbeiter: Sie können mehr als entwerfen, aber sie müssen das auch wollen. „Bei so überschaubaren Strukturen wie bei uns muss sich jeder für alle Leistungsphasen interessieren. Dafür können sich meine Mitarbeiter mit den Projekten später auf jeden Fall sehen lassen.“ Und damit deutet Endemann eine weitere Dimension des Problems an. Viele sehen so ein kleines Büro eher als Zwischenstation, auch weil ihnen der Chef häufig keine solide Beschäftigungsgarantie für die nächsten Jahre geben kann. Deswegen will Endemann auch keine Mitarbeiter anderer Büros abwerben: „Das ist mir von der Verantwortung her viel zu heiß.“ Doch nur auf freie Mitarbeiter will der Architekt auch nicht setzen: „Das habe ich alles schon versucht. Doch die arbeiten dann meistens von zu Hause aus, was bei unserer Struktur und wegen der nötigen Kommunikation sehr hinderlich ist.“ Problem erkannt. Lösung unbekannt? Es gibt unterschiedliche Wege beim Konkurrenzkampf um die Besten, um auch als kleines, feines Büro immer wieder zum Zuge zu kommen. Hier drei lohnenswerte:

1. Stellenanzeige

„Ach, das kann doch nichts bringen“, ist das oft gehörte Vorurteil, wenn es darum geht, eine Stellenanzeige zu schalten. Von wegen! Gerade darüber können Sie Ihr Büro zahlreichen potenziellen Kandidaten auf effektive Art und Weise vorstellen. Sie sollten dabei darauf achten, dass Sie keinen riesigen Anforderungskatalog abbilden, sondern lieber auch aufzeigen, was Sie gerade als kleines Büro zu bieten haben. Zudem macht es Sinn, eine möglichst große Reichweite für Ihren individuellen Zweck zu erzielen. Beispielsweise gehört unsere Stellenbörse im Internet zu den meistangeklickten Seiten auf DABonline.de. Sie finden Sie unter: DABonline.de/stellenmarkt. Jan Endemann hatte zunächst auf einer eher international ausgerichteten Seite ein Stellenangebot aufgegeben. „Doch dann bekam ich zahlreiche Bewerbungen aus dem Ausland, die für mein Büro mit lokaler Ausrichtung wenig Sinn machten“, erzählt er. Über eine lokalere Stellensuche meldeten sich schließlich auch Kandidaten aus Stuttgart und Umgebung.

2. Chancen 2014

Einige weitere potenzielle Mitarbeiter lernte Endemann bei der Veranstaltung „Chancen 2014“ des Instituts Fortbildung Bau (IFBau) der Architektenkammer Baden-Württemberg kennen. Schon seit fünf ­Jahren kommen an einem Freitag Ende ­Januar zahlreiche angehende und junge Architekten zusammen, um sich über Möglichkeiten eines guten Berufseinstiegs oder einer Weiterentwicklung zu informieren. Dieses Jahr servierte das IFBau mit einer Art Arbeitgeber-Speed-Dating ein ­völlig neues Angebot: Zehn Büroinhaber aus Baden-Württemberg stellten sich in Interviews kurz dem Absolventen-Publikum vor. Für einen ersten Einblick in ihre Arbeit durften die Chefs nur eine einzige Präsentations-Seite gestalten und vorstellen. Anschließend nahmen sie an kleinen Tischen Platz und standen für unzählige kurze Erstgespräche mit Absolventen und jungen Architekten zur Verfügung. „Das ist die Schnittstelle, die uns als Inhabern von kleinen Büros sonst oft fehlt“, sagt Endemann.

Mit einer Bewerberin von der Veranstaltung steht er nun in engerem Kontakt. „Wir sind noch im Gespräch, aber daraus könnte einmal eine Zusammenarbeit entstehen“, so der Planer. Da das neue Format bei Absolventen und Inhabern gleichermaßen gut angekommen ist, hat IFBau-Geschäftsführer Peter Reinhardt beschlossen, Anfang 2015 gleich zwei solche Nachmittage zu veranstalten – am 30. Januar in Stuttgart und am 6. Februar in Karlsruhe. Weitere Architektenkammern denken über eine Adaption dieser Plattform für ihr Bundesland nach.

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Permanentes Personalmanagement: Architekt Jan Endemann aus Stuttgart führt ein kleines, gut laufendes Büro. Um neue Mitarbeiter zu gewinnen, geht er immer wieder andere Wege.

3. Trax

Ein dritter Weg ist Trax. Trax steht für „Training und Praxis im Architekturbüro“ und wurde vor fünf Jahren von der Architektin Anke Wünschmann und dem Designer Achim Wollscheid in Frankfurt am Main gegründet. Die Planerin mit Lehrauftrag an der FH Frankfurt erklärt: „Nach der Umstellung auf Bachelor und Master haben sich die Studenten beschwert, dass sie keine Zeit mehr für Praxis-Erfahrungen in Büros haben. Und dann beschwerten sich auch noch die Büroinhaber, dass sie keine guten Absolventen mehr bekämen. Das wollten wir nicht auf uns sitzen lassen.“ Und so entwickelte sie Trax, ein Trainee-Programm, bei dem die Studenten, meist zwischen Bachelor- und Master-Studium, für fünf Monate in ein Büro gehen. Die Lernenden bewerben sich aber nicht dort direkt, sondern bei Trax, werden dann zu einem Vorstellungsgespräch geladen, und Wünschmann sorgt für die Auswahl sowie die Vermittlung in ein jeweils passendes Büro. Alle rund 50 beteiligten Büros bezahlen monatlich einen überschaubaren ­Betrag an den gemeinnützigen Verein. Davon wird nicht nur die Vorauswahl und Vermittlung finanziert, sondern auch der sogenannte Theorieteil, bei dem die Trainees zum Beispiel Baustellen, Büros und Ausstellungen besuchen und sich dadurch fortbilden. Zudem verpflichten sich die Inhaber, ihnen während der Praxisphase einen möglichst umfassenden Einblick in die Arbeit als Architekt zu geben. Und ihnen 750 Euro pro Monat zu zahlen, damit sich die Studenten das Trax-Semester überhaupt leisten können.

Schon jetzt beteiligen sich auch Architekten aus München und Berlin an dem eigentlich auf Hessen konzentrierten Programm, um darüber geeigneten Nachwuchs zu akquirieren. „Gerade kleine Büros bekommen so Kontakt zu nicht nur guten, sondern auch noch motivierten zukünftigen Absolventen. Die Büros müssen nicht im BDA sein“, erläutert Wünschmann. Die Erfolgsquote gibt ihr recht: Rund 90 Prozent der Ex-Trainees arbeiten während des Masters im Büro weiter. Das Modell spricht sich nicht nur im BDA und bei den Inhabern herum – jetzt fragen auch große Hochschulen aus anderen Bundesländern bei Wünschmann an: „Vielleicht erfüllt sich ja irgendwann mein Traum und wir bieten Trax deutschlandweit an.“ Jetzt will es jedenfalls der BDA in Nordrhein-Westfalen übernehmen, wie Geschäftsführerin Uta Joeressen verrät: „Wir planen, Trax vom BDA Hessen auch bei uns zu etablieren, wenn die Hochschulen mitspielen.“

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