Egal ob im Home-Office, in der kleinen Bürogemeinschaft oder im Großraumbüro. Wer in Ruhe nachdenken, sich konzentrieren, fokussiert arbeiten will, sollte zum Kopfhörer greifen. Ein paar Klicks und Tipps auf dem Computer oder Handy und schon schallen wahlweise leises Meeresrauschen, klassische Musik oder rhythmischen Elektropopklänge aus den Hörmuscheln.
Klänge fördern die Konzentration
Eine solche akkustische Umgebung hilft dabei, Menschen in eine fokussierte Stimmung zu bringen. Vor allem für konzentriertes Arbeiten, etwa das Scheiben eines Konzepts oder die Erstellung einer Präsentation, ziehen sich immer mehr „Kopfarbeiter“ in ihr eigenes Klanguniversum zurück. Wie der richtige Sound Büromenschen kreativer, konzentrierter oder auch entspannter machen kann, ist längst auch Bestandteil internationaler Forschung. Denn die gegenwärtige Arbeitswelt mit ihren Großraumbüros (Open Spaces) fördert zwar einerseits die Kommunikation, stellt Beschäftigte aber auch vor die Herausforderung, unerwünschte Geräusche auszublenden.
Und das geht am leichtesten mit Kopfhörern und entsprechender Klangkulisse. Bluetooth- und geräuschabschirmende Kopfhörer (Noise-Cancelling-Headphones) sowie Apps und Streamingdienste machen es leicht, die Lieblingsmusik auf der Arbeit zu hören, ohne das ganze Team zu beschallen.
Routinearbeiten mit den Lieblingshits
Eine Umfrage des Karrierenetzwerks Linkedin und des Streaminganbieters Spotify ergab, dass 73 Prozent der deutschen Arbeitnehmer zumindest zeitweise während der Arbeit Musik hören, weil es sie motivierter und kreativer macht.
Teresa Lesiuk kann das – bedingt – bestätigen. Die US-Amerikanerin ist Professorin an der University of Miami und forscht seit vielen Jahren zu dem Thema. In einer Feldstudie aus dem Jahr 2005 untersuchte sie den Effekt von Musik auf die Arbeitsqualität und -geschwindigkeit von Softwareentwicklern.
Das Ergebnis: Mit Musik arbeiteten die Probanden schneller und besser als ohne. Gleichwohl räumt Lesiuk ein, dass es nicht die eine richtige Musik und auch nicht die eine ideale Tätigkeit zum Musikhören gebe. Vielmehr komme es auf die Kombination an: Für konzentrierte Arbeiten wie eine komplexe Kalkulation sollte eher Lounge- oder Instrumentalmusik gewählt werden, vor allem ohne ablenkende Songtexte. Für Routinearbeiten wie Akten sortieren oder Mails bearbeiten kommen aber durchaus auch die aktuellen Lieblingshits infrage.
Musik aus Muskelkraft
„Wir wissen, dass Musik Menschen auf neuronaler Ebene äußerst vielfältig anregt, ähnlich komplex wie zum Beispiel Sprache, aber dabei noch stark vitalisierend wirken kann“, sagt Prof. Dr. Thomas Fritz, Leiter der Forschungsgruppe für musikevozierte Hirnplastizität am Max-Planck-Institut (MPI) für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig.
„Die Idee von körperlicher Leistungssteigerung durch Musik ist nicht neu. Als die Sklaven in den Baumwollplantagen schufteten, sangen sie. Als Gefangene aneinander gekettet in Steinbrüchen Steine zertrümmerten, sangen sie und integrierten die Geräusche der Arbeit in ihre Musik“, sagt der Wissenschaftler.
Um neurowissenschaftlich zu erforschen, wie Musik zur Steigerung kognitiver und körperlicher Leistung bei Arbeit eingesetzt werden kann, ließen er und sein Team Probanden zunächst als Kontrolle passiv Musik hören, während sie an Fitnessgeräten trainierten.
Dann schlossen sie eine am Max-Planck-Institut entwickelte Musikfeedbacksoftware an die Geräte an, sodass Musik entstand, wenn sich die Probanden bewegten. Eine anschließende Untersuchung ergab, dass diese das Training als wesentlich weniger anstrengend empfanden, wenn sie nicht nur Musik hörten, sondern selber mit den Fitnessbewegungen musizierten.
Unter dem Namen Jymmin™, eine Kombination aus Gym und Jammin, bietet das MPI die Technologie inzwischen über ein Tech-Startup (Jymmin GmbH) Reha-Kliniken, olympischen Trainingszentren sowie Unternehmen für deren betriebliches Gesundheitsmanagement an.
Fritz selbst und sein Team nutzen es, wenn sie auf gute Ideen kommen wollen. Ein zehnminütiges Workout reiche aus, um kognitive Fähigkeiten und Kreativität nachweislich zu steigern. In Versuchen baten die Wissenschaftler Probanden, funktionelle Assoziationen zu Gegenständen zu benennen. „Nach einer Jymmin-Session entwickelten sie dreimal mehr Ideen“, sagt Fritz. „Das ist also auch eine ideale Vorbereitung für ein Brainstorming über neue Geschäftsmodelle.“
Dieser Artikel ist im Original erschienen im Creditreform Magazin 2/2019
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