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„Mit Liebe und ­Hingabe erarbeitet“

Kurzrückblicke auf die Architektentage von 1970 bis 2001

17.04.20115 Min. Kommentar schreiben

Von Roland Stimpel

Den ersten Deutschen Architektentag organisierte 1970 die damals kleinste Kammer der Republik in Saarbrücken. Schon seinerzeit stand nach den Worten des saarländischen Kammerpräsidenten Tibor Kugelmann der Kampf gegen die „Isolierung und teilweise Ausschaltung aus dem modernen Baugeschehen“ an. Und in einer Zeit, in der es die HOAI noch nicht gab, ging es „um eine den Leistungen entsprechende Gebührenordnung“. „Verbaut die Zukunft nicht!“, hieß der kritisch-selbstkritische Appell des zweiten Deutschen Architektentags 1972 in Düsseldorf – geäußert in einer Zeit, in der der Bauwirtschafts-Funk­tionalismus seinen Höhepunkt erreichte. Bemerkenswert waren die Anwesenheit der prominentesten Publizisten ihrer Zeit, Rudolf Augstein und Henri Nannen, sowie der Start in den  Schlusstag mit einem ökumenischen Gottesdienst.

Mitten in einer Wirtschaftsflaute fand der Architektentag 1974 in Berlin statt. Ein wichtiges Thema waren „koordinierte Sofortmaßnahmen, um den Architekten in der anhaltenden Baukrise zu helfen“. Als Gastredner sagte ­dazu Bundespräsident Walter Scheel: „Als Trost und Ermunterung rufe ich allen Architekten zu: ­Alles, was mit Liebe und Hingabe erarbeitet wurde, wird heute und morgen auch geliebt werden.“

Mit der Frage „Mensch oder Rendite“ setzte sich auf dem Architektentag 1976 in Düsseldorf Bundeskanzler Helmut Schmidt auseinander. Er lobte seine Zuhörer: „Ich halte es für ein gutes Zeichen, dass es Architekten selbst gewesen sind, die als Erste Zweifel am Wohnungs- und Städtebau der Nachkriegsjahre ­öffentlich geäußert und zugleich kritisch den eigenen Standort in der Gesellschaft überprüft haben“. Und er appellierte: „Engagieren Sie sich in der Gesamtgestaltung unserer ­Umwelt!“

Nur ein Jahr später fand in Hamburg ein Deutscher Architektentag statt. Zum Tagungsthema „Staat als Kunstwerk“ beklagte Bundesarchitektenkammer-Präsident Fritz Novotny: „Wir sind auf dem Weg der Trennung von ­Architektur und Kunst schon zu weit fortgeschritten und -gestoßen worden. Dürfen wir das länger hinnehmen? Und gleichzeitig über die Gesichtslosigkeit unserer Architektur lamentieren?“

„Ist Bauen noch möglich?“, fragte der ­Architektentag 1982 in Hannover. Der Bau­historiker Wolfgang Pehnt bezeichnete ob ­dieses Slogans die Architektenschaft als „zerknirschtes Gewerbe“ mit großer „Zungenfertigkeit beim Ablegen von Reuebekenntnissen“. Er plädierte für eine selbstbewusste Bescheidenheit, eine „Stilkreation Marke ‚Neue Einfachheit‘“, warnte vor dem „ungenierten ­Zugriff auf die Ressourcen dieser Erde“, kritisierte aber auch die schon in ihrer damaligen Fassung bei Architekten „ungeliebte Wärmeschutzverordnung“.

Beim Architektentag 1985 in Frankfurt ging es um die „Großstadt als Lebensraum“. Bundeskanzler Helmut Kohl rühmte die „großartige Aufbauleistung“ Frankfurts und warb um Verständnis für die „funktionale Sicht“ der Aufbauzeit, in der „glatte Fassaden und Baukastenmodell dominiert“ hätten. Wer das kritisiere, „sollte sich an die Regel des Historikers halten, die Taten einer Zeit aus der Situation jener Zeit zu begreifen“.

Um die „Region als Lebensraum“ ging es 1989 in Duisburg. Bundes-Bauministerin Gerda Hasselfeldt plädierte mit Blick auf das Ruhrgebiet für ein „ökologisch bewusstes Miteinander von Wohnen und Arbeiten“. Zur damaligen Diskussion um Wohnungsnot und sozialen Wohnungsneubau bemerkte Nordrhein-Westfalens Bauminister Christoph Zöpel, der Staat sei finanziell „am Ende seiner Handlungsfähigkeit“ angelangt. „Es hat keinen Zweck, sich Neues einfallen zu lassen, ohne daran zu denken, wie es bezahlt werden kann.“

Das Dresdner Hygienemuseum, in dem der Architektentag 2011 stattfindet, war erstmals 1991 Austragungsort. „Wir sind die Stadt!“ hieß das offizielle Motto, Hauptthema war jedoch die Ost-West-Annäherung. Unter Anspielung auf den Tagungsort schrieb Verleger Gerhard Schöberl im DAB: „Oftmals bleibt die Kollegialität zwischen West- und Ost-Büros insbesondere im früheren Grenzbereich auf der Strecke. Mehr Hygiene – das erkannte man nicht nur im Hygiene-Institut -, also mehr Sauberkeit beim beruflichen Umgang miteinander, ist unumgänglich.“

1994 betrachtete der Architektentag in Hamburg das „Risiko Stadt“. Der Hamburger Stadtentwicklungs-Senator Thomas Mirow sah die „Stadtpolitik an der Zeitenwende“ und forderte innere Verdichtung statt Flächenausdehnung. Zudem sprach sich Mirow für eine „umfassende nicht durch bürokratische Routine gefährdete Einbeziehung der Bürger bei Planungs- und Entscheidungsprozessen“ aus. Diese dürfe aber nicht von „rücksichtslosen Gruppen- oder Lokalinteressen ohne Verantwortung für das Ganze“ missbraucht werden.

Der Architektentag 1997 diskutierte die „Zukunft der Baukultur“. Bundes-Bauminister Klaus Töpfer versicherte, dass man das Gespräch und den fachlichen Rat der Architektenschaft unbedingt brauche. Zum damals aktuellen Thema „Kostensparende und innovative Vergabe“ sagte Töpfer: „Ich möchte betonen, dass das Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung in dem Bereich für den ich Verantwortung trage, erhalten bleibt.“

Der bisher jüngste Architektentag fand 2001 unter dem Motto „Landschaften im Wandel“ in Leipzig statt und stand im Zeichen des Abschwungs nach dem Boom der 1990er-Jahre. Sachsens Ministerpräsident Kurt Biedenkopf mahnte, den sozialen und demographischen Wandeln ernst zu nehmen. In der kommenden Zeit gehe es „um die Beseitigung von Mängeln, nicht mehr von Mangel“. Sein Kollege Reinhard Höppner aus Sachsen-Anhalt forderte das Nachdenken darüber, ob bei 20 Prozent Leerstand noch der Wohnungsneubau gefördert werden müsse.

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