Die ausführliche Beschreibung des im Text genannten Bewertungsverfahrens finden Sie hier.
Text: Cornelia Dörries
Sie kommen meist in jungen Jahren zusammen, verbunden in feuriger Leidenschaft für die gemeinsame Sache und erfüllt von großen Ambitionen und Zielen für die Zukunft. Sie wissen zwar um die Möglichkeit des Scheiterns, doch eine mögliche Trennung? Das passiert nur den anderen. Büropartnerschaften werden nicht ohne Grund oft mit Ehen verglichen. Und frei nach Tolstoi lässt sich festhalten, dass alle glücklichen Architekturbüros einander gleichen, doch jede scheiternde berufliche Partnerschaft auf ihre eigene Weise zerbricht. Fast jeder kennt Kollegen, die ihr gemeinsames Büro aufgegeben haben und nun getrennte Wege gehen. Eigentlich kein ungewöhnlicher Vorgang, doch kaum einer der Betroffenen will offen darüber sprechen. Denn einer juristisch und wirtschaftlich klar geregelten Trennung von Büropartnern geht in vielen Fällen eine zehrende, emotional aufgeladene Zerrüttung voraus, die nicht nur die Protagonisten, sondern auch ihr Umfeld sehr belastet.
Tränen sind keine Seltenheit
Der Berater Andreas Preißing aus Leonberg begleitet Nachfolgeregelungen und Partnerschaftsfragen seit mehr als zehn Jahren und weiß: „Es sind ganz klar menschliche Faktoren, die in den häufigsten Fällen zu einer Trennung führen und eine glatte, einvernehmliche Lösung erschweren.“ Dazu gehören Konfliktsituationen, die sich aus divergierenden Lebenswegen und Zielen von Partnern ergeben, ebenso der schleichende Vertrauensverlust oder eine scheiternde Ehe, die nicht selten auch das Ende des gemeinsam geführten Büros bedeutet. Außerdem spielen Alters- und gesundheitliche Gründe eine Rolle, wenn zukünftige Ex-Partner sich mit der Bitte um Unterstützung an Preißing wenden. Für ihn als Vorstand einer auf Architektur- und Ingenieurbüros spezialisierten Unternehmensberatung gehören solche Anfragen zum Tagesgeschäft, bei dem er dann vor allem als Moderator mit psychologischem Geschick gefragt ist. „In den Beratungen geht es manchmal sehr emotional zu“, so Preißing. „Tränen sind keine Seltenheit, sondern Ausdruck schwelender Konflikte.“
Seiner Erfahrung nach sind es vier Aspekte, die bei einer Trennung die größten Probleme bereiten. Am schwersten in den Griff zu bekommen ist dem Berater zufolge die brodelnde Melange aus Enttäuschung, Verletzung, Wut und Kränkung, die sich mitunter in Vorwürfen, Beschuldigungen oder Beleidigungen entlädt. Großes Konfliktpotenzial bietet, wenig überraschend, auch alles, was mit Geld zu tun hat. Da gilt es zunächst, die Beteiligten zu einer Inventur zu bewegen: Abzuklären sind der Status sämtlicher Projekte und Verträge, laufende Kosten, Umsätze und ein Überblick über geschaffene Werte. Für die Regelung rechtlicher und steuerlicher Aspekte empfiehlt er die Konsultation qualifizierter Juristen und Steuerberater. Und schließlich müssen auch die Bürostrukturen sauber abgewickelt, also die Fragen beantwortet werden, was mit den gemeinsamen Mitarbeitern, der Bürotechnik und dem Inventar passiert und wie mit Bauherren, Auftraggebern und Kooperationspartnern umgegangen wird.
Letzter Kassensturz nach Krach
Es ist ein mühseliger, oft peinvoller Prozess, der den Beteiligten zwar nicht erspart bleibt, doch um einiges leichter wäre, wenn man die Möglichkeit einer Trennung schon zu Beginn der gemeinsamen Arbeit vertraglich regelt – also dann, wenn Wohlwollen und Zusammengehörigkeitsgefühl regieren. Wenn erst Misstrauen, Unzufriedenheit und Zwietracht das Büroklima bestimmen, läuft oft nichts mehr: „Das ging in einem Fall so weit, dass die zerstrittenen Partner eines Büros jeweils komplett eigene Teams gebildet hatten und zwischen den Lagern kein Wort mehr gewechselt wurde.“ Seine Aufgabe besteht dann darin, die entzweiten Partner mittels Moderation, Mediation oder Schlichtung zu einer außergerichtlichen Einigung über die Aufgabe des gemeinsamen Büros zu bewegen, die in jedem Fall günstiger ist als eine vor Gericht ausgehandelte Trennung.
Doch egal, ob sich zwei Büropartner im Guten oder im Schlechten trennen – der letzte Kassensturz bleibt ihre gemeinsame Aufgabe. „Die meisten Trennungswilligen fragen in den Beratungen gleich als Erstes, was ihr Büro wert ist“, so Preißing. Seiner Erfahrung nach ist die Bürobewertung ein Spezialthema: Steuerberater ermitteln den wirtschaftlichen Wert eines Büros nach dem sogenannten Ertragsverfahren – als Berechnungsgrundlage des Zukunftswertes dienen hier üblicherweise die Gewinne der letzten drei Jahre. Dagegen zieht Preißing das Praktikerverfahren vor, das die besondere Praxis und Organisationsstruktur von Planungsbüros ebenso wie die jeweilige Projektsituation berücksichtigt (eine ausführliche Beschreibung dieses Bewertungsverfahrens finden Sie hier).
Angesichts der vielen offenen Fragen, die bei einer Aufgabe des gemeinsamen Büros zu klären sind, empfiehlt sich eine klar strukturierte, verbindliche Agenda. „Wenn sich die Partner über die Trennung einig sind, geht es dann Schritt für Schritt“, so Preißing. „Um als Berater einen entsprechenden Fahrplan aufzusetzen, brauche ich jedoch das Vertrauen aller Beteiligten.“ Dann ist auch der Zeitpunkt gekommen, das Umfeld über die anstehenden Veränderungen zu informieren.
„Erst wenn über die Trennung Klarheit herrscht, sollte man sie auch kommunizieren“, empfiehlt der Berater. An erster Stelle steht dabei die Information der direkt betroffenen Mitarbeiter, mit denen die arbeitsrechtlichen Konsequenzen ebenso zu klären sind wie ihre persönlichen Zukunftsperspektiven in absehbaren neuen Konstellationen. „Man sollte die Strategie für das Team in jedem Fall transparent gestalten“, rät Preißing.
Wenn sich die Partner nicht aus Alters- oder Krankheitsgründen getrennt haben und in ihrem Beruf weiterarbeiten wollen, steht für viele oft die Gründung eines neuen Büros an. Doch egal, in welcher Konstellation es weitergeht – eine Beratung zu allen vertraglichen Aspekten einer etwaigen Trennung oder Büroaufgabe, zur Nachfolgeregelung oder Bürobewertung kann gleich am Anfang das gute Gefühl vermitteln, für alle Fälle vorgesorgt zu haben. Oder wie Andreas Preißing sagt: „Der beste Vertrag ist derjenige, den man in die Schublade legen kann in dem Wissen, dass damit alles geregelt ist.“
Gemeinsame Entwürfe, getrennte Wege
Wenn sich zwei langjährige Büropartner trennen, muss auch der Umgang mit den Entwürfen und Projekten der gemeinsamen Vergangenheit geregelt werden. Loy Ullmann,Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz in Berlin, über die urheberrechtlichen Aspekte von Bürotrennungen
Was ist bei der Aufgabe eines gemeinsamen Büros aus urheberrechtlicher Perspektive zu bedenken?
Die Praxis zeigt, dass in der Anfangseuphorie der Bürogründung oft versäumt wird, auch an das Ende der Zusammenarbeit zu denken. In Trennungsklauseln kann festgelegt werden, wie mit gemeinsamen Arbeiten in der Zeit danach umgegangen werden soll. Allerdings stellt nicht jedes Bauwerk unbedingt auch eine urheberrechtlich relevante Leistung dar. Es muss eine gewisse Individualität vorliegen, wobei grundsätzlich ausreichend ist, dass das Bauwerk aus der Masse des alltäglichen Schaffens herausragt. Bei reinen Zweckbauten dürfte das nicht der Fall sein. In der Regel entstehen die Probleme aber bei prämierten Projekten, die auch eine faktische Referenz darstellen und urheberrechtlich geschützt sind.
Wie kann man nach einer Trennung vom Partner solche Referenzen für sich und seine neue berufliche Existenz nutzen?
Man muss in diesem Punkt zunächst zwischen urheberrechtlichen Nutzungsrechten und Urheberpersönlichkeitsrechten differenzieren. Ein realisiertes Bauwerk kann grundsätzlich fotografiert und auch gewerblich als Referenz auf der eigenen Website verwertet werden. Voraussetzung ist, dass die Fotografie von einer der Allgemeinheit zugänglichen Stelle aus aufgenommen wurde. Daneben ist natürlich auf eine realistische Darstellung zu achten, da Irreführungen und Übertreibungen einen Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb darstellen können. Die andere Frage betrifft die der Urheberpersönlichkeitsrechte und insbesondere das Namensnennungsrecht. Wenn einer der am Entwurf beteiligten Partner das Foto als Referenz seiner Planungsleistungen verwenden möchte, muss grundsätzlich auch der andere am Bauwerk beteiligte (Ex-) Partner als Miturheber genannt werden.
Wie ist es im Falle von Modellen, Visualisierungen oder unrealisierten Entwürfen?
Bei einer Nutzung werden im Zweifel nicht nur Urheberpersönlichkeitsrechte berührt, sondern auch urheberrechtliche Nutzungsrechte. Je nachdem, welche Vereinbarungen mit dem Auftraggeber bestehen, müssen sich mehrere Entwerfer darüber verständigen, ob und in welchem Umfang die Modelle, Visualisierungen oder Entwürfe als Referenzen verwertet werden dürfen. Mehrere Urheber bilden eine Miturhebergemeinschaft. Die Verwertung, Veröffentlichung und Änderung des Werks bedarf der Zustimmung aller Miturheber. In diesem Zusammenhang wird oft übersehen, dass selbst ein Foto auf der eigenen Homepage oder in der Bürobroschüre eine urheberrechtlich relevante Verwertung darstellen kann, die mit dem Miturheber abzustimmen ist. Auch der Umgang mit gemeinsam erarbeiteten Plänen ist zu regeln, da sie als solche urheberrechtlichen Schutz genießen können.
Nicht nur die Partner eines Büros verfassen urheberrechtlich relevante und erfolgreiche Entwürfe, sondern auch deren angestellte Mitarbeiter. Dürfen diese nach dem Ausscheiden und der etwaigen Gründung eines eigenen Büros solche Leistungen als Referenzen nutzen?
Die Nutzungsrechte an den Entwürfen liegen in der Regel beim Arbeitgeber. Insoweit empfiehlt sich eine vertragliche Klarstellung, ob und wie eine Nutzung nach dem Ausscheiden erfolgen kann und ob das Nutzungsrecht des Arbeitgebers gegebenenfalls auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses beschränkt sein soll.