DABonline | Deutsches Architektenblatt
Menü schließen

Mehr Inhalt

Services

DABonline | Deutsches Architektenblatt
Zurück Glosse

Nirgends länger aufhalten

Fernöstliche Häuser ohne Zimmer, ohne Ausblick, dafür mit einem Hauch von Nichts.

31.12.20162 Min. Kommentar schreiben

Kamikaze: Roland Stimpel

Japan, Land der frühen Sonne und der Wohnhäuser von morgen! Weiß, kantig und papierleicht wirken sie wie 90-jährige Traumbildchen aus Dessau. Frei von Schnickschnack und überflüssiger Fläche: draußen kein Ornament, drinnen kein Raum für Sitzgruppen und Schrankwände. Nur der Futon hat Platz, aber bevor Fachbesuch kommt, wird er einfach eingerollt, und die Architektur ist wieder pur.

Und erst diese Innovationen und Visionen! Hiesige Online-Dienste wie das „Baunetz“ präsentieren sie uns alle paar Tage neu, vorzugsweise von tisch­tennisplatten-großen Tokioter Parzellchen. Wer dort keine Masse machen kann, ersetzt das durch Aura. Die veredelt jede Tristesse: Guckt man aus einem Haus von Satoru Hirota auf eine Brandwand, heißt das „kontemplativer Ausblick“, schaut man auf einen winzigen Hof, dann lässt „im Lichtschacht ein kleines Bäumchen die Jahreszeit erahnen“.

Apollo Architects „zerschneiden ihr Haus je Etage in mehrere Quader und stapeln die einzelnen Teile, vermeintlich ungeachtet der Statik, neu aufeinander“. Über ein Familienheimchen nach Entwurf von ­Yuusuke Karasawa heißt es: „Man hat den Eindruck, sich nirgends in seinem Inneren länger aufhalten zu können, denn die eigentlichen zwei Geschossebenen wachsen jeweils in der Mitte auseinander und werden auf halbe Geschosshöhen angehoben. Dafür gibt es viele Treppen, die die Lücken zwischen den Ebenen überbrücken.“ Lieber keine eigenständigen Zimmer als kleine – das findet auch ­Shigeru Fuse mit seinem Heim für ein Rentnerpaar. „Im Sinne einer Raumsequenz ist das Wohnprogramm in offenen Halbgeschossen organisiert, wodurch das Leben im Haus entschieden dynamisiert wird. Gerade im fortgeschrittenen Alter kann schließlich etwas Bewegung nicht schaden.“ Gebaute Volkspädagogik – auch dafür ist Japan unser Sehnsuchtsort. Und für die Sehnsucht danach, dass sich architektonisches Schaffen selbst dematerialisiert. Ultimativ meldet das „Baunetz“: „Das strahlend weiße Stahlgerüst ist das einzige materiell wahrnehmbare Element in diesem Haus, das ansonsten aus einem Hauch von Nichts zu bestehen scheint.“

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für Ihr Feedback!

Weitere Artikel zu:

Schreibe einen Kommentar

Sie wollen schon gehen?

Bleiben Sie informiert mit dem DABnewsletter und lesen Sie alle zwei Wochen das Wichtigste aus Architektur, Bautechnik und Baurecht.

Wir nutzen die von Ihnen angegebenen Daten sowie Ihre E-Mail Adresse, um Ihnen die von Ihnen ausgewählten Newsletter zuzusenden. Dies setzt Ihre Einwilligung voraus, die wir über eine Bestätigungs-E-Mail noch einmal abfragen. Sie können den Bezug des Newsletters jederzeit unter dem Abmeldelink im Newsletter kostenfrei abbestellen. Nähere Angaben zum Umgang mit Ihren personenbezogenen Daten und zu Ihren Rechten finden Sie hier.