Nils Hille
Ein und Aus – das waren einmal die beiden einzigen Möglichkeiten eines Schalters. Vielleicht kam noch ein Regler als Steuerungselement hinzu. Heute können über sogenannte BUS-Systeme alle technischen Komponenten eines Gebäudes kombiniert werden. Das reicht von den Lampen über die Rollläden bis hin zur Musikanlage oder dem Garagentor. Ein elektronisches Nervensystem wird aufgebaut, was sich ganz nach den Wünschen des Kunden einrichten lässt.
Immer häufiger werden diese „intelligenten“ Verknüpfungen nachgefragt. Für eine gelungene Installation sollten sie bei Baumaßnahmen so früh wie möglich berücksichtigt werden – bei einem Neubau also von Anfang an. So drängt sich das Thema als zusätzliches Angebotsfeld für Architekten förmlich auf. Und diejenigen, die als Generalplaner arbeiten wollen, kommen gar nicht drum herum. Sie müssen auch die technische Ausstattung von Gebäuden mit anbieten.
„Doch dafür sollte ich mir als Architekt in dem, was ich tue, sicher sein, sprich, mit den Kollegen des Handwerks, die ich anweisen muss, und für den Bauherrn die Umsetzung koordinieren können“, sagt Andreas Bossow, stellvertretender Geschäftsführer des Licht- und Gebäudetechnik-Dienstleisters DIAL GmbH in Lüdenscheid. So hat er für das hauseigene Institut eine Weiterbildung zum Gebäude-System-Designer entwickeln lassen – nach eigenen Angaben das weltweit einzige Angebot dieser Art.
„Wir wollen den Architekten mit der Weiterbildung die Angst vor der Gebäudetechnik nehmen. Es ist eine Nische zwischen den klassischen Tätigkeiten der Architekten und Ingenieure, die viele Chancen auf dem Arbeitsmarkt bietet“, so Lehrgangsbetreuer und Architekt Dieter Half.
Nicht nur Gewerbebau
Auch wenn heute noch vor allem Zweckbauten mit einem modernen Gebäudesystem ausgestattet werden, die Nachfrage nach Angeboten für private Räume steigt, und damit wachsen die Anforderungen. „Die Komplexität ist hier oft höher, da Bereiche wie Heizung und Lüftung sogar mit Unterhaltungskomponenten verknüpft werden sollen“, sagt Half.
Vor allem viele der privaten Bauherren wissen dabei nicht, was heute alles möglich ist, und dass sie durch gezielte Kombinationen nicht nur den Nutzen erhöhen, sondern diese später auch Geld einsparen können – nach einer höheren Anfangsinvestition. Hier kann der Gebäude-Sys tem-Designer mit seinem Wissen punkten. „Es geht aber nie darum, möglichst viel Technik in ein Gebäude zu stecken. Egal ob Zweck- oder Privatbau, wir stellen den Menschen mit seinen individuellen Wünschen in den Mittelpunkt“, sagt Andreas Bossow.
Deswegen hat DIAL einen Fragebogen entwickelt, mit dem der zukünftige Gebäude-System-Designer umzugehen lernt. Er füllt ihn später gemeinsam mit dem Kunden aus und kann aus den Antworten ein Anforderungsprofil erstellen. „Dabei gibt es keine Fragen wie: ‚Welchen Heizungstyp wollen Sie?‘ Das wissen die Kunden nicht.
Eine bessere Frage ist: ‚Sind Sie bereit, für CO2-Einsparungen mehr Geld auszugeben?‘“, erklärt Half. So kann der Gebäude-System-Designer erkennen, ob wirklich ein BUS-System gefragt ist oder eine Standardtechnik ausreicht.
Gemischtes Lernen
Ein spezielles Vorwissen ist für die zwölfmonatige Weiterbildung nicht nötig. Im Lüdenscheider Schulungszentrum treffen Architekten, Fachplaner, Handwerker und Mitarbeiter von Herstellern aufeinander. Allerdings nur eine Woche pro Quartal, wenn die „Theorie praktisch geübt“ wird, so Half. Das eigentliche Lernen geschieht über Onlinemodule. Das auch „Blended Learning“ genannte Konzept bietet eine hohe Flexibilität in der Gestaltung der Lernzeiten.
Mehr als 30 Module müssen die Teilnehmer online bearbeiten. Strukturiert sind diese in die drei Themenblöcke Architektur, Gebäudetechnik und Gebäude-System-Design, was schon einen logischen Aufbau vom Allgemeinen zum Speziellen verrät. Der erste Block beinhaltet die Übertragung der Bedürfnisse und Motive von Investoren und Nutzern auf die Architektur eines Gebäudes. Im zweiten Bereich geht es wiederum um die Wünsche der Kunden, diesmal aber auf die technischen Systeme eines Gebäudes bezogen.
Das eigentliche Gebäude-System-Design im dritten Teil bringt dann die beiden ersten Aspekte zusammen, sprich, die Behandlung des eigentlichen Designprozesses unter Berücksichtigung technischer, organisatorischer und kaufmännischer Zwänge steht auf dem Programm. Hier geht es nicht nur um die Entwicklung des technischen Konzeptes, sondern auch darum, dieses dem Kunden und den beauftragten Firmen zu präsentieren. „Das alles ist nicht wie im grundlegenden Studium, sondern stark bedürfnisorientiert. Die Architekten müssen lernen zu kommunizieren, wie sie denken und arbeiten“, so Bossow.
In den Präsenzphasen erlebt die Teilnehmergruppe nicht nur Frontalvorträge, sondern absolviert auch Kommunikationstrainings. Fünf Stunden pro Woche sollten die Teilnehmer allein für das Lesen der Module einplanen. Dazu kommen die Lernphase sowie die Bearbeitung von Selbsttests und Aufgaben.
Die Abschlussprüfung ist zweigeteilt. Zuerst müssen die Teilnehmer einen Multiple-Choice-Test mit 50 Fragen beantworten. Im praktischen Teil der Prüfung sollen sie ihre Kommunikations- und Beratungsfähigkeiten präsentieren. Dafür bekommen sie einen ausgefüllten Fragebogen, müssen ein Konzept entwickeln und den Prüfern, die die Rolle der Kunden spielen, dieses überzeugend präsentieren.
„Die Kommunikation zwischen uns und den Teilnehmern bleibt auch nach den Prüfungen bestehen, wenn gewünscht“, verspricht Half. Eine vorgefertigte Werbebroschüre bekommen die Absolventen für ihre Öffentlichkeitsarbeit mit auf den Weg und auf der Internetseite zur Weiterbildung können sie sich mit ihrem Profil präsentieren. So wächst die Seite nach und nach zur Expertendatenbank.
Weiterbildung zum Gebäude-System-Designer
www.gebaeude-system-designer.de