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Zurück Meldefrist bei Schäden

Tückische Altlast

Nach dem Wechsel der Haftpflichtversicherung kann der Schutz gefährdet sein, wenn ein Schaden erst Jahre später zutage tritt.

01.04.20085 Min. Kommentar schreiben

Dr. Florian Krause-Allenstein

Die Berufshaftpflichtversicherung von Architekten und Ingenieuren bietet nach den einschlägigen Versicherungsbedingungen Deckungsschutz für Schadensersatzansprüche Dritter, die auf „Verstöße“ des Versicherungsnehmers zurückzuführen sind. Unter Verstoß versteht man dasjenige Verhalten des Architekten oder Ingenieurs, das zu einem Schaden geführt hat. In der Regel wird dies ein Planungs- oder Bauüberwachungsfehler sein. Zeitlich vom Deckungsschutz der Versicherung erfasst sind alle Verstöße, die zwischen Beginn und Ende des Versicherungsvertrages durch den Versicherungsnehmer begangen werden. Dagegen ist es für die Gewährung des Versicherungsschutzes zunächst unerheblich, wann sich der Verstoß realisiert, wann also beispielsweise ein Planungs- oder Bauüberwachungsfehler im Bauwerk sichtbar in Erscheinung tritt.

Nicht länger als fünf Jahre

Aufgrund dieser Systematik müssten die Versicherungen auch für Schäden Versicherungsschutz leisten, die zwar auf einen Verstoß während der Dauer eines bestehenden Versicherungsvertrages zurückzuführen sind, deren Schadensereignis sich aber erst viele Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages im Bauwerk realisiert hat. Jedoch sehen die Versicherungsbedingungen vieler Berufshaftpflichtversicherer für Architekten und Inge­nieure vor, dass Schäden nach Beendigung des Versicherungsvertrages nur dann gedeckt sind, wenn deren Verstöße spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren nach Beendigung des Versicherungsvertrages beim Versicherer gemeldet wurden. So wollen die Versicherer das wirtschaftliche Risiko von solchen Spätschäden für sich kalkulierbar gestalten.

Ein fiktives Beispiel: Der Architekt hat eine Berufshaftpflichtversicherung in den Jahren 1995 bis 2000 abgeschlossen. Ab 01.01.2001 wechselt der Architekt zu einem neuen Versicherer. Im Jahre 2006 meldet er dem alten Versicherer einen Wasserschaden in einem von ihm im Jahre 2000 geplanten Bauvorhaben, der auf seinen eigenen Planungsfehler zurückzuführen ist. Da der Verstoß (= Planungsfehler) im Zeitraum des Versicherungsvertrags des alten Versicherers liegt, wäre dieser eigentlich einstandspflichtig.

Da aber die Bedingungen des alten Versicherers vorsehen, dass nur solche Schäden gedeckt sind, die spätestens fünf Jahre nach Beendigung des Versicherungsvertrages gemeldet werden, kommt die Meldung des Architekten im Jahre 2006 ein Jahr zu spät. Der alte Versicherer muss keinen Schutz gewähren. Aber auch der neue Versicherer muss dies nicht. Zwar ist der Schaden während der Dauer seines Versicherungsvertrages eingetreten; der für die Frage des Deckungsschutzes maßgebliche Verstoß (= Planungsfehler) liegt jedoch im Zeitraum des alten Versicherungsvertrages. Im Ergebnis hat der Architekt bei einer solchen Fallkonstellation also keinen Versicherungsschutz!

Besonders unangenehm sind in der Praxis die Fälle, in denen der Architekt oder Ingenieur erst nach Ablauf dieser sogenannten fünfjährigen Nachhaftungsfrist vom Versicherungsfall Kenntnis erlangt, weil zum Beispiel die eingetretenen Schäden zu diesem Zeitpunkt erstmals auftreten. Denn dann war eine Meldung des Versicherungsfalls durch den Architekten vor Ablauf der fünfjährigen Nachhaftungsfrist schlichtweg nicht möglich. Deshalb wird in der rechtswissenschaftlichen Literatur (vgl. Voit/Knappmann, in: Prölss/Martin, VVG-Kommentar, 27. Auflage, Arch.-Haftpfl. Rdn. 9; Schmalzl/Krause-Allenstein, Berufshaftpflichtversicherung des Architekten und Bauunternehmers, 2. Auflage, Rd. 502 ff.) schon seit Längerem diskutiert, ob die fünfjährige Nachhaftungsfrist nicht wie eine Obliegenheit qualifiziert werden muss, mit der Folge, dass diese Ausschlussfrist dann nicht greift, wenn der Architekt die fünfjährige Nachhaftung nicht verschuldet hat, etwa weil er innerhalb dieser Frist von dem Schaden nichts wusste.

Nachdem bereits das Landgericht Mön­chengladbach in seiner Entscheidung vom 12.5.1999 (VersR 2000, 754) zugunsten von Architekten entschieden hatte, schloss sich dieser Auffassung nun auch das Landgericht Düsseldorf in seinem aktuellen Urteil vom 29.10.2007 (Az. 9 O 145/07 = IBR 2008, 116) an. Beide Gerichte hatten Sachverhalte zu entscheiden, in denen Architekten vor Ablauf der fünfjährigen Nachhaftungsfrist keine Kenntnis von den eingetretenen Schäden erlangt hatten und damit subjektiv nicht in der Lage waren, den Versicherungsfall zu melden.

Beide Gerichte kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass sich der Versicherer auf die Versäumung der Nachhaftungsfrist nicht berufen könne, wenn den Architekten als Versicherungsnehmer daran kein Verschulden treffe. Das Landgericht Düsseldorf hält dieses Ergebnis auch für interessengerecht, da sich das versicherte Risiko zeitlich innerhalb des Versicherungsschutzes realisiert habe, der durch den Versicherer zu gewähren sei.

Nachhaftung

Diese beiden Entscheidungen sind für Architekten und Ingenieure sehr positiv, da die vorstehend aufgezeigte Deckungslücke damit zu einem großen Teil geschlossen wird. Gefährlich bleiben solche Fälle, in denen Architekten oder Ingenieure kurz vor Ablauf der Fünfjahresfrist Kenntnis von einem Schadensfall erlangen und mit der Anmeldung des Schadensfalls zunächst abwarten. Wird der Schaden dann erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist beim Versicherer angemeldet, ist das Verstreichenlassen der Frist auf ein Verschulden des Planers zurückzuführen mit der Folge, dass der Versicherer dann auch nach der vorstehenden Rechtsprechung keinen Versicherungsschutz mehr gewähren müsste.

Architekten und Ingenieure können aber auch diese verbleibende Deckungslücke schließen: Viele Versicherer bieten in ihren Bedingungen eine Nachhaftung an.

Diese tritt für Versicherungsfälle ein, die vor Abschluss des Versicherungsvertrages mit dem jeweiligen Versicherer eingetreten sind, wenn der Architekt durch seinen Vorversicherer wegen des Ablaufs der Fünfjahresfrist keinen Versicherungsschutz mehr erlangt. Dies kann man als „Rückenpanzer“ der Rüstung des Architekten und Ingenieurs bezeichnen.

Daneben gibt es aber auch einen „Brustpanzer“ des Versicherungsschutzes: Einige Versicherer gewähren nämlich neuerdings eine unbegrenzte Nachhaftung für ihre Versicherungsnehmer mit der Folge, dass alle Schäden vom Versicherungsschutz gedeckt sind, egal nach welcher Zeit die­se Schäden dem Versicherer nach Beendigung des Versicherungsvertrages gemeldet werden. Das bedeutet, dass sich Architekten und Ingenieure über etwaige Deckungs­lücken wegen der Versäumung der Nachhaftungsfrist keine Gedanken mehr machen müssen.

Im Ergebnis ist positiv zu verzeichnen, dass die Instanzgerichte jedenfalls im Bereich des Bauversicherungsrechts endlich einmal wieder eine Lanze für die Planer gebrochen haben. Dies sollten Architekten und Ingenieure zum Anlass nehmen, ihre Versicherungsbedingungen auf verbleibende, jedoch vermeidbare Deckungslücken im Bereich der Nachhaftung zu überprüfen.

Dr. Florian Krause-Allenstein ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Hamburg.

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