Text: Wolfgang Bachmann
Bauvorschriften und regulierende Festsetzungen sind gut gemeint. Mit ihnen soll der (geplante) Wildwuchs der Stadt verhindert werden, die hemmungslose Ausnutzung der Grundstücke durch Investoren, die Beeinträchtigung der Nachbarn – und die Selbstverwirklichung der Architekten, wie es gerne heißt. Tatsächlich sind unsere Städte und Dorfränder von der schlauen Auslegung der Bebauungspläne geprägt. Es begann mit der Erfindung der Mansarde, die unter aufgeplusterten Dächern einfaches Wohnen ermöglichte. Heute gehört es zu den Standards, die erlaubten Vollgeschosse durch abgegrabene Keller mit steuerlich deklarierten Einliegerwohnungen und zurückgestaffelten Studios über der Traufe zu ergänzen. Einerseits gibt der §34 den Gemeinden den Spielraum, über die Einbindung „in die Eigenart der näheren Umgebung“ zu befinden, andererseits kennen wir endlose Anekdoten, wie Architekten den Behörden mit heldenhafter Rabulistik von der Gestaltungssatzung abweichende Materialien und Farben verkauft haben. Die Klugen, die Spießer und die Geschäftemacher sitzen auf beiden Seiten.
Zu letzteren gehört dieser New Yorker Bauunternehmer, der sich in den 1980er Jahren einen jeder städtebaulichen Räson entwichenen schwarzen Büroturm bauen ließ. Dem Nachbarn Tiffany schwatzte er die „Air Rights“ ab, erfand ein paar Wohngeschosse, um die „Zoning Laws“ noch großzügiger auslegen zu können, schnitt ein Atrium ins Erdgeschoss und berankte es mit gärtnerischem Innenleben für einen weiteren Höhenbonus – und war in der Skyline von Manhattan vertreten. Ein Sieg gegen das Establishment! Aber das war erst der Anfang. „Trumps Türme“, kommentierte die Süddeutsche Zeitung, „übten sozusagen damals schon genauso Rache am elitären Bewusstsein wie heute Trumps Vorwahlsiege im flachen Land.“
Würde der Mann tatsächlich Präsident der USA, bliebe er nicht dabei, bestehende Gesetze zu seinem Vorteil auszulegen. Gerade ließ er verlauten, die von Obama verfügten strengeren Abgasvorschriften aufheben zu wollen, das Klimaschutzabkommen von Paris aufzukündigen und wieder zu 100 Prozent auf fossile Brennstoffe zu setzen. So sind wir unversehens bei der großen Politik angelangt, da sind die paar nicht zu verhindernden Dachhöcker in unserer Stadt das kleinste Problem.
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