Wettbewerb als Schlüssel zum Erfolg
Öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) haben sich als Beschaffungsalternative der öffentlichen Hände etabliert, auch im Baubereich. Neben dem klassischen Eigenbau des öffentlichen Bauherrn, dem Kauf oder der Anmietung einer Immobilie kann auch diese Beschaffungsform im Einzelfall ökonomisch sinnvoll und vorteilhaft sein. Deshalb hat das Bundesbauministerium bestimmt, dass bei den Bauvorhaben des Bundes im Rahmen der Varianten-Untersuchung die Wirtschaftlichkeit auch dieser Beschaffungsvariante zu prüfen ist. Der geplante Neubau für das Bundesministerium für Bildung und Forschung in Berlin (BMBF) hat die Eignungskriterien erfüllt. In einer umfangreichen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung wurde prognostiziert, dass eine Durchführung als ÖPP-Projekt gegenüber einer klassischen Eigenbaulösung Vorteile bietet. Vor diesem Hintergrund wird das Projekt nun als erstes ziviles Hochbauprojekt des Bundes in öffentlich-privater Partnerschaft errichtet und betrieben. Bei ÖPP-Projekten der öffentlichen Hand wird häufig kritisch vermerkt, dass ÖPP und Architekturqualität nicht zusammenpassen würden. Der Bund trägt als öffentlicher Bauherr eine besondere baukulturelle Verantwortung, die sich in seinen baupolitischen Zielen widerspiegelt. Dazu gehören gute städtebauliche Einbindung, hohe gestalterische, soziokulturelle, ökologische, technisch-funktionale und wirtschaftliche Qualität genauso wie überdurchschnittliche Energieeffizienz und schonender Ressourceneinsatz. Diese Qualitätsanforderungen muss der Bund unabhängig von der Beschaffungsform gewährleisten. Wie kann dies aber bei ÖPP-Verfahren, die als VOB-Verhandlungsverfahren mit eingeschränktem Bieterkreis durcugeführt werden, gelingen? Für das Projekt BMBF wurden dazu folgende Schritte festgelegt:
- Überprüfung der architektonischen Qualität durch ein unabhängiges baufachliches Bewertungsgremium,
- baufachliche Begleitung durch die Bundesbauverwaltung
- hoher Stellenwert von Architektur, Gestaltung und Funktionalität
- Aufstellung einer differenzierten Bewertungsmatrix
Ergänzend wurden weitere Qualitätsanforderungen zu den Themen Nachhaltigkeit, Energie und Klimaschutz gestellt. Im März 2010 wurde für das erste zivile ÖPP-Hochbauprojekt des Bundes ein europaweiter Teilnahmewettbewerb gestartet. Im Dezember 2010 wurden die beiden Bewerber ermittelt, deren Angebot in Qualität und Preis die Anforderungen am besten erfüllte. Bis Anfang März 2011 wurden noch nicht hinreichend geklärte gestalterische, architektonische und funktionale sowie vertragliche
und finanzierungstechnische Aspekte erörtert. Nach Abgabe der finalen Angebote im Mai 2011 wurde im August 2011 das Angebot beauftragt, das am Ende qualitativ und preislich am besten überzeugte. Inzwischen ist der ÖPP-Vertrag auf dieser Grundlage unter Dach und Fach gebracht worden. Auftragnehmer ist ein Konsortium unter Führung der Unternehmen BAM Deutschland AG und Amber GmbH. Die Planung erfolgt durch das Stuttgarter Architekturbüro Heinle, Wischer und Partner. Mit den Bauarbeiten wurde Anfang 2012 begonnen; die Fertigstellung ist für September 2014 geplant. Das Investitionsvolumen beträgt rund 115 Millionen Euro. Schon jetzt lässt sich das Fazit ziehen: ÖPP und Bauqualität schließen sich nicht aus. Es ist bei ÖPP-Verfahren entscheidend, auch qualitative Anforderungen und Ziele frühzeitig zu definieren und sie mit baufachlichem Sachverstand verfahrensbegleitend durchzusetzen. Beim BMBF-Neubauvorhaben ist es gelungen, ein komplexes Bundeshochbauvorhaben einschließlich Planung, Betrieb und Finanzierung zu wirtschaftlichen Konditionen und mit hoher architektonischer Qualität zu beauftragen. Die Bewertung der planerischen Konsequenzen durch einunabhängiges baufachliches Bewertungsgremium hat sich hier als Schlüssel zum Erfolg erwiesen. Gute Architektur- und Bauqualität kommt nicht von allein.
Erhebliche Herausforderungen
ÖPP kann eine Beschaffungsvariante für öffentliche Bauten sein, wenn Prozess und Produkt optimiert werden. Das wird am Beispiel des Bundesministeriums für Bildung und Forschung deutlich. Hier sind wesentliche Voraussetzungen zur Qualitätssicherung erfüllt worden, die die Bundesarchitektenkammer seit Jahren fordert. So besitzen hier der öffentliche und der private Partner beide die fachliche Qualifikation und Kompetenz, um in allen Phasen des ÖPP-Projektes die zahlreichen Entscheidungen bewusst und in Kenntnis aller Konsequenzen zu fällen. Architektur, Gestaltung und Funktionalität wurde ein hoher Stellenwert eingeräumt; sie wurden durch ein unabhängiges baufachliches Bewertungsgremium überprüft.
Bewerbungsaufwand darf nicht zu hoch sein
Die Komplexität eines ÖPP-Projektes stellt bei den für die Bewerbung umfangreichen Unterlagen nicht nur Bieter vor erhebliche Herausforderungen, sondern insbesondere auch die öffentlichen Auftraggeber, die diese Unterlagen bewerten und eine qualifizierte Entscheidung treffen müssen, die auch der vergaberechtlichen Nachprüfung standhält. Die an eine Bewerbung gestellten Anforderungen müssen daher der jeweiligen Aufgabe angemessen sein, um sowohl die Bieter nur im Rahmen ihrer zeitlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit zu fordern als auch den öffentlichen Partner zu schützen. Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist hierbei die Vergütung der Bieter im Vergabeverfahren. Ein zu hoher Vergabeaufwand ohne angemessene Vergütung, gerade für die nicht erfolgreichen Bieter, verhindert in künftigen Verfahren die Abgabe der besten Angebote. Hier lohnt sich die Hinzuziehung unabhängiger Fachleute durch den öffentlichen Auftraggeber, um die vorhandenen Haushaltsmittel möglichst wirtschaftlich so einzusetzen, dass nur Lösungsvorschläge von höchster Qualität eingereicht werden. Die Planer müssen honorar- und haftungsrechtlich angemessen abgesichert sein, um auch künftig qualifizierte Büros für derartige Bauaufgaben gewinnen zu können.
Architekturqualität und Bewerber-Auswahl
Die Auswahl des privaten Partners basiert auch auf den Vorstellungen zur Architektur des geplanten Projektes. Sei es bei der Vergabe im Architektenwettbewerb, im Verhandlungsverfahren oder in Ausnahmefällen im wettbewerblichen Dialog: Eine qualifizierte Beurteilung des Bieterkonsortiums auch unter planerischen Gesichtspunkten ist unerlässlich. Umso wichtiger ist sie bei einer Finanzierung über ÖPP, da wie erwähnt die späteren Einflussmöglichkeiten auf den Planungsprozess gewollt gegen null tendieren. Die qualifizierte Beurteilung entlastet die Bauverwaltung – und sie ist nötig, da das gesamte Qualitäts- und damit das finanzielle Risiko im Ergebnis beim öffentlichen Auftraggeber als Nutzer und regelmäßig späterem Eigentümer des Projektes verbleibt. Die Beratung des öffentlichen Auftraggebers durch kenntnisreiche Architekten ist daher hilfreich.
Der Auftraggeber braucht einen Sachwalter
Seit jeher versteht sich der Architekt nicht nur als bloßer Erbringer von Planungsleistungen für den Auftraggeber, sondern stets als Sachwalter des Bauherrn. Der Architekt vertritt damit den Anspruch, sämtliche Interessen des Bauherrn für diesen in gestalterischer, wirtschaftlicher und nutzungsbedingter Hinsicht unabhängig wahrzunehmen. Architekten in ÖPP-Verfahren sind jedoch im Rahmen ihrer vertraglichen Pflichten regelmäßig als Sachwalter allein für den privaten Bieter tätig. Schon dadurch verbietet sich die gänzlich unabhängige und umfassende Interessenwahrnehmung für den öffentlichen Partner. Hinzu kommt, dass übliche sachwalterische Aufgaben des Architekten, beispielsweise die Vorbereitung und Vergabe von Bauausführungsleistungen sowie die Überwachung der Bauausführung, nicht unabhängig von diesem wahrgenommen werden können. Denn der Architekt ist innerhalb des Konsortiums in der Regel Auftragnehmer der Baufirma (des Bieters), deren Arbeit er zu überwachen hat. Damit wird nicht nur rechtlich, sondern auch faktisch die bewährte sachwalterische Leistung des Architekten spezifisch für den öffentlichen Auftraggeber beeinträchtigt. Eine begleitende unabhängige Qualitätskontrolle würde hier während der Planungs- und Bauphase zusätzlich die Interessen des öffentlichen Auftraggebers sichern.
Die baufachliche Begleitung durch die Bundesbauverwaltung (BBR) endete mit der Auftragsvergabe an den ÖPP- Partner. Seitdem wird das Bauvorhaben „baufachlich“ durch die ÖPP Deutschland AG in Zusammenarbeit mit einem technischen Berater betreut. Bei diesem ersten zivilen ÖPP-Projekt des Bundes ist somit seine eigene Bauverwaltung außen vor. Vorhandenes Wissen und Kapazitäten werden nicht genutzt, dafür extern (aber auch ausreichend?) eingekauft.
Lars Graupmann, Berlin
Ein Bauherr solle sich vorab Klarheit darüber verschaffen, ob er der Kapitän auf dem „Projektdampfer“ sein möchte oder der Heizer, der nur noch die „Kohle“ schippen kann. Wer als Bauherr schon im Vorfeld der Projektierung Finanzierungsprobleme hat, sollte wissen welches Risiko er eingeht und in welche Hände/Köpfe er sich begibt. Ein erfahrener Bauherr weiß, dass die Ziele des Auftragnehmers sind nicht immer die Ziele des Auftraggebers sind. Ein klares und unmissverständliches Vertragsverhältnis ist immer noch die beste Basis für den Erfolg. Die Rolle des Architekten als verantwortlicher Sachwalter des Bauherren ist sehr gewichtig und in den Konsequenzen nicht zu unterschätzen.
PPP-Projekte werden jetzt auf gut deutsch ÖPP-Projekte genannt. Der Inhalt ist vermutlich gleich, es geht um die Finanzierung, weniger um die Qualität. Aber, wenn die Qualität nicht die Grundlage der Kosten ist, was dann? Vermutlich der Profit.
Ein Bauherr muss in allen Phasen verantwortlich wissen, was er tut und will. Hat er als öffentlicher Bauherr Fachverstand zur Verfügung und setzt diesen nicht ein, so ist das grob fahrlässig. Der Glaube, man handele als öffentlicher Bauherr besonders wirtschaftlich und könne Aufwand sparen wenn man die eigenen Personalkosten senkt und statt dessen Fachkompetenzen dem wirtschaftlichen Eigeninteresse des Anbieters anheim stellt, ist viel verbreitet, aber falsch und fahrlässig. In der öffentlichen Bauverwaltung gelten Qualität, der Kosten und Bauzeiten als feste Größen einer Kernkompetenz des Bauherren. Werden diese auf Seiten des Bauherren durch welche Gründe auch immer vernachlässigt, entwickeln sich Projekte kritisch.
Johannes Lukowitz, Architekt und Stadtplaner, Delmenhorst