Von Inga Stein-Barthelmes
Minister Peter Ramsauer lobt sein Programm: „40 Jahre Städtebauförderung sind eine Erfolgsgeschichte. Das Engagement des Bundes auf diesem Feld ist eine zentrale Säule seiner Stadtentwicklungspolitik“ und leistet „einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität vor Ort“. Die Förderung soll sogar ein globaler Exportartikel werden. Im Mai sagte Ramsauers Staatssekretär Rainer Bomba in Washington: „Die Städte stehen weltweit vor großen Herausforderungen. Deutschland wird jetzt seine großen Erfahrungen in der Städtebauförderung einbringen.“
Die heimische Praxis sieht anders aus. 2010 gab der Bund noch 535 Millionen Euro Städtebauförderung; in diesem Jahr sind es 455 Millionen. Nach letztem Stand sollen es im nächsten Jahr nur noch 410 Millionen sein. Für den vollen Erhalt der Städtebauförderung setzten sich 19 Organisationen und Verbände in einem Brief an Bundeskanzlerin Merkel ein. Unterzeichnet haben ihn unter anderem der BDA und der BDB, Verbände der Innen- und Landschaftsarchitekten und der Stadtplaner sowie Spitzenorganisationen der Bauwirtschaft. Als Autor des Briefes appelliert Bundesarchitektenkammer-Präsident Sigurd Trommer an die Kanzlerin, „die Fördermittel für die Stadtentwicklung für das Jahr 2012 auf mindestens 610 Millionen Euro festzusetzen“. Das liegt zwar unter dem ermittelten Bedarf von 700 Millionen, ist aber ein Kompromiss zwischen der Notwendigkeit der Förderung und der ebenfalls erforderlichen Haushaltskonsolidierung.
Die Bauminister der 16 Länder beriefen eigens eine Sonderkonferenz ein und protestierten einstimmig und parteiübergreifend gegen die Kürzung. Harry K. Voigtsberger aus Nordrhein-Westfalen fordert Bundesminister Ramsauer auf, „durch Umschichtungen im eigenen Bau- und Verkehrsetat zu einer Stabilisierung der Städtebauförderung beizutragen“. Als „unverzichtbar“ bezeichnet Klaus Schlie aus Schleswig-Holstein die Förderung; der Bremer Umweltsenat dankte den Architektenkammern für ihren Einsatz. Zwar kündigte das Ministerium ein neues Programm zur energetischen Sanierung über 40 Millionen Euro an. Doch dies bezeichnete die Berliner Senatorin Ingeborg Junge-Reyer als „Zuckerstückchen, das uns helfen soll, die bittere Medizin zu schlucken“.
Bundesarchitektenkammer-Präsident Trommer verweist in dem Brief an die Kanzlerin auch auf die „hohe Multiplikatorwirkung“ der Städtebauförderung. Jeder Euro Bundesmittel stößt nach einer aktuellen Studie der Hochschule für Technik Stuttgart in Baden-Württemberg Bauinvestitionen von insgesamt 8,47 Euro an. Das deckt sich mit älteren bundesweiten Studien zum selben Thema. 1996 hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung den Anstoßeffekt um das 7,9-fache ermittelt; 2004 kam das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung auf einen Effekt von 8,3. Nach dieser Studie führten 1,8 Millionen Euro öffentlicher Förderung zu Investitionen von 15 Millionen. Davon profitiert wiederum der Staat: Steuern und Sozialabgaben steigen; die Unterstützung für Arbeitslose sinkt.
Hinzu kommt die indirekte Wirkung besser funktionierender Städte: Wertsteigerungen von Gebäuden und Infrastruktur, Vorteile für Handel und Tourismus, geminderte soziale Spannungen und vermiedene Kriminalität durch Quartiersmanagement. Die Investition ist keine Konsumausgabe ohne Zukunftseffekte, sondern fördert lebenswerte, funktionierende, sichere und attraktive Städte. Unter dem Motto „Qualitative Konsolidierung der öffentlichen Haushalte“ sollen eigentlich die staatlichen Budgets weg von Konsum- und hin zu investiven Staatsausgaben gelenkt werden. Wer derart nachhaltig haushalten will, muss die Städtebauförderung ausbauen und nicht senken.
Inga Stein-Barthelmes ist Referentin für Wirtschaft der Bundesarchitektenkammer.
Städtebauförderung: Studie eines Bundesinstituts widerspricht der Bundesregierung. Mehr hier