Nils Hille
„Für weit überdurchschnittlich gute Studenten gibt es einfach zu wenig Angebote“, meint Professor Johannes Vielhaber, Rektor der Fachhochschule Potsdam. Und er beschreibt damit seine Motivation, einen speziellen Masterstudiengang für das obere Ende der Leistungsskala zu entwickeln. „Wir müssen dieser Gruppe auch etwas Passendes bieten und wollten einen Anreiz schaffen, dass sie zu uns an die Fachhochschule kommt und nicht alle zur Universität gehen.“ Aus den Überlegungen entstand der beispielhafte „Master Bauforschung“ für Absolventen eines ersten Studiengangs in den Bereichen Architektur, Bauingenieurwesen und Restaurierung.
Seit letztem Jahr läuft das Angebot mit einer handverlesenen Zahl von Studenten. Zum nächsten Wintersemester wird wieder eine überschaubare Gruppe von rund zehn Teilnehmern gesucht. Vielhaber betont: „Es geht nicht um die historische Bauforschung, sondern ums Forschen für das heutige Bauwesen.“ Die Teilnehmer müssen nicht das Ziel haben, dauerhaft in die Forschung zu gehen. Auch für die, die sich nach einigen Jahren Studium oder Beruf mit einem Thema intensiver auseinandersetzen wollen, bietet sich der Master an.
Vielfältige Bausteine
Jeder Student wählt für die vier Semester ein festes Thema, zu dem er forscht. Dies können Drittmittelprojekte der Fachhochschule sein oder ein eigenes Thema, für das er einen Professor begeistern muss. Diesen Mentor zu finden ist entscheidend, denn er muss die Betreuung zusätzlich zu seiner Arbeit übernehmen. Neben dem Hauptvorhaben finden für die Masterstudenten spezielle Lehrveranstaltungen statt. Hier werden ihnen Forschungsmethoden, Grundsätze des Wissen(schaft)smanagements sowie Wissenschaftsethik und -geschichte vermittelt.
Darum gruppiert jeder Teilnehmer individuell Seminare und Vorlesungen, die nicht direkt mit dem eigenen Thema zu tun haben müssen, aber das Fachwissen vertiefen sollten. Diese Auswahl ist nicht auf das Angebot der FH Potsdam beschränkt. Durch eine Kooperationsvereinbarung können die Studenten des Bauforschungsmasters in jeder Hochschule Brandenburgs und an einigen Hochschulen Berlins Veranstaltungen besuchen. „All deren Vertreter der Bereiche Architektur und Bauwesen reden miteinander. Diese offene Denkweise führt dazu, dass es wenig Konkurrenz gibt, sondern die Angebote einander ergänzen“, sagt Vielhaber. Die Masterabsolventen der FH Potsdam haben so auch die realistische Möglichkeit, an der BTU Cottbus zu promovieren.
Motivationstester
Genauso offen sind Vielhaber und seine Kollegen auch bei der Auswahl der Studenten für den Master Bauforschung. „Allein an unserer Hochschule finden Sie nicht so viele gute Leute. Wir sind für Anfragen aus aller Welt offen.“ Jede Bewerbung, die den formalen Kriterien entspricht, wird auch begutachtet. Zum einen schaut das Gremium danach, was die Studenten mit welchen Schwerpunkten gelernt haben und welche Noten sie dabei erzielen konnten.
Zum anderen spielt auch das anzufertigende Motivationsschreiben eine wichtige Rolle bei der Auswahl, erklärt Vielhaber: „Darin muss deutlich werden, was sie zu ihrer Bewerbung bei uns bewegt, was sie selbst einbringen und was sie erwarten.“ Die erste Idee für ein mögliches Forschungsthema gehört ebenfalls dazu.
Im Vorstellungsgespräch werden diese Punkte noch genauer hinterfragt, ebenso die Zukunftspläne der Bewerber. „Wenn ich dabei erkenne, dass sie bei einem Studiengang einer anderen Hochschule besser aufgehoben wären, empfehle ich ihnen diesen auch. Ich sehe mich da auch in der Rolle und der Verantwortung eines Studienberaters“, erklärt Vielhaber. Schließlich müssen die Studenten insgesamt 5 000 Euro Gebühren zahlen. Wenn die Teilnehmer ihr Studium mit der Masterarbeit erfolgreich abschließen, können sie eine Erstattung von 3 000 Euro bekommen.
„Wir investieren eine Menge Zeit in die Studenten; da sollen sie auch dranbleiben. Dieses Kostenmodell gibt weitere Motivation dazu.“ Um ihr Vollzeitstudium zu finanzieren, können sich die Teilnehmer als Werkstudenten zum ein- bis anderthalbfachen BaFöG-Höchstsatz anstellen lassen. „Besser, sie arbeiten hier insgesamt 50 bis 60 Stunden pro Woche in ihrem Themenumfeld als womöglich im Fastfoodrestaurant.“