Von Roland Stimpel
Vom vielerorts präsenten Arno Lederer hatten wir vor zwei Monaten die schöne Zeichnung seines Bildungszentrums in Aschersleben auf dem Titel – aber seitdem nichts mehr. Es wird also Zeit, woanders über ihn zu lesen. Gucken wir ins Internetlexikon Wikipedia: „Der durch die Zeit der frühen Postmoderne und der Architektur der 1970er-Jahre geprägte Lederer vertritt eine an anthropologischen Konstanten orientierte Bauweise.“ Außerdem nehme er „eine traditionell-anthroposophisch geprägte Außenseiterhaltung ein“. Post-, aber auch betonmodern geprägt, zugleich anthropologisch konstant und anthroposophisch exzentrisch – zugegeben, wir sind ein wenig verwirrt.
Aber vielleicht kommt das von dem, was man bei Wikipedia „Edit-War“ nennt: Autor A schreibt etwas, B ergänzt es, C streicht, B fügt seine Ergänzung wieder ein, und so weiter und so fort. Am Text über Lederer gab es bis Redaktionsschluss dieses Blattes schon 70 Änderungen; der fleißigste Wikipedia-Ehrenamtler mit 18 Eingriffen ist im Hauptberuf Mitarbeiter des Büros Lederer+Ragnarsdóttir+Oei. Über dieses legte er sogar eigens einen weiteren Wikipedia-Artikel an.
Ablenkung von der Onlinehektik bot jetzt eine Zeitschrift für Innendesign aus Leinfelden-Echterdingen, die Lederer einen Porsche Panamera vor die Tür stellte. So ein Wagen ist offenbar das Gegenteil dessen, was der Wikipedia-Text an anderen Kollegen kritisiert: deren „standardisierte, möglichst verwertbare Architektur, wodurch das eigentlich Schöne – auch Werte im menschlichen Bewusstsein – verloren geht“. Wie viel Schönes hat im Gegensatz dazu der unstandardisierte, unverwertbare Panamera! Er lässt sich laut Lederers Testbericht „ungemein schön beschleunigen“, und auch seine „voluminöse Stimme ist so schön, dass der Hersteller bereits beim Anlassen den Motor aufheulen lässt“. Nicht zu vergessen das „exzellent gefertigte Interieur“ und die „hervorragend geformten Sitze“. Es gibt sie noch, die guten Werte. Und während sein persönlicher Wikipedia-Text beklagt, dass „der Großteil der Architekturwelt sich einer eher technoid-visionären Haltung zuwendet“, hält der Panamera tapfer am anthropologisch Konstanten fest.