Text: Wolfgang Bachmann
Ein Düsseldorfer Architekt und Hochschullehrer hatte ein Haus gebaut, dafür musste zuvor ein anderes weichen. Der Neubau, dem Zeitkolorit entsprechend in gemäßigter Postmoderne formuliert, sprengte die Harmonie der unauffälligen Straßenflucht. Deshalb wurden kritische Stimmen laut. Aber das focht den Architekten nicht an. Er ließ verlauten, Denkmalpflege sei doch lästig, selbstverständlich dürfe man alte Häuser abreißen – vorausgesetzt, man liefere einen höherwertigen Ersatz, also einen schöneren, wertvolleren Neubau.
Dies klingt zunächst vernünftig. Wir wollen doch immer das Bessere, wenn es möglich ist. Und wir Studenten waren damals ohnehin dafür, alte Zöpfe abzuschneiden und den Spätkapitalismus zu bestatten. Da kam so ein Statement gerade recht. (Ob der Architekt wirklich ein passables Haus gebaut hatte, wurde allerdings mit einer gewissen Häme erörtert.) Aber der Satz stand nun mal da. Und verfolgt uns bis heute.
Besitzt er etwa die Qualität einer Lebensregel, die sich auf andere Gebiete übertragen lässt? Am Ende gar auf Personen? Man kennt das ja aus der Arbeitgeberperspektive. Da heißt es fire and hire, wenn das Umsatzziel nicht erreicht wird. Alles und jeder lässt sich durch etwas vermeintlich Besseres ersetzen. Die Frage ist nur, welchen Maßstab wir dafür anlegen. Den des kurzfristig satten pekuniären Gewinns oder den des höheren Werts nach idealistischen vulgo ethischen Gesichtspunkten? Beides lässt sich in glücklichen Ausnahmefällen miteinander verbinden. Gemeinhin schließt es sich kategorisch aus. Ein Unternehmensberater brachte es auf den Merksatz: Individueller Kundennutzen ist das Gegenteil von gesellschaftlicher Relevanz. Das riet er der Redaktion einer Architekturzeitschrift. Unfreiwillig hat er damit das Betriebssystem unseres Wirtschaftens erklärt, denn auf diese Formel lassen sich viele unserer drängenden Probleme reduzieren. Es steht immer ein überschaubarer privater Nutzen im Vordergrund, nicht die der Allgemeinheit dienende Wohlfahrt. Ersparen Sie mir, Beispiele aufzuzählen.
Vom Thema sind wir damit etwas abgekommen. Eigentlich wollten wir sagen, man sollte weder auf den Denkmalschutz warten, um ein Gebäude zu erhalten, noch die kontinuierliche Runderneuerung zum Prinzip erheben. Es ist eine Frage des Anstands und der gesellschaftlichen Bedeutung, was mit der gebauten Erbschaft einer Zeit geschieht. Denkmalpflege ist kein ästhetisches Zeugenschutzprogramm.
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