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Zehn Punkte für erfolgreiche Großprojekte

Die Reformkommission Großprojekte gibt Empfehlungen – und Schlussfolgerungen für Architekten zu Großprojekten. Zehn Tipps für gutes Gelingen.

30.06.20166 Min. 1 Kommentar schreiben

Text: Roland Stimpel

Projekte wie die Hamburger Elbphilharmonie und der Berliner Flughafen haben 2013 das damalige Bundesministerium für Verkehr und Bau veranlasst, eine Kommission mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einzurichten. Sie sollte Vorschläge entwickeln, wie bei Großprojekten mehr Kostenwahrheit und Termintreue zu erreichen sind. Auch die Bundesarchitektenkammer hat mitgewirkt. Die Ergebnisse hat die Kommission in einem 10-Punkte-Aktionsplan konzentriert. Wir fassen die wichtigsten Inhalte der zehn Punkte zusammen – und ergänzen sie um Statements der ­Bundesarchitektenkammer dazu, welche Folgerungen Architekten aus dem 10-Punkte-Plan ziehen können.

01 Kooperativ planen

Die Reformkommission empfiehlt: Der Bauherr soll vor Beginn der Planung in Zusammenarbeit mit dem Nutzer den Projektbedarf genau analysieren und die Projektanforderungen detailliert ermitteln. Die Kommission rät daher zu einer Bedarfsanalyse auf Basis der DIN 18205 und zur Erstellung einer Machbarkeitsstudie. Beides sind ureigene Aufgaben der Architekten. Optimal ist es, die Machbarkeitsstudie durch einen Planungswettbewerb zu verifizieren. Darauf sollten wir unsere öffentlichen Bauherren generell hinweisen.

Bedarfsanalyse und Machbarkeitsstudie sollen anschließend von einer unabhängigen Stelle geprüft und dann veröffentlicht werden. Ohne unabhängige Überprüfung der Bedarfsermittlung sollten keine Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt werden. Dazu sind projektspezifischer Sachverstand und die frühzeitige Einbindung eines interdisziplinären Planungsteams notwendig. Das Stichwort heißt „Leistungsphase null“.

Die Bundesarchitektenkammer folgert daraus: Wir Architekten sind aufgerufen, die Phase null in unser Leistungsportfolio zu übernehmen. Wir unterstützen den Bauherrn dabei, alle Planungsanforderungen detailliert zu ermitteln und als Koordinatoren alle Informationen zum Stand der Planung, zu Kosten, Risiken und Zeitplanung zusammenzuführen, kontinuierlich auszutauschen und abzustimmen. Dazu muss die Leistungsphase null auch hinsichtlich ihrer Honorierung beschrieben werden und in der HOAI Berücksichtigung finden.

02 Erst planen, dann bauen

Das Bauen sollte in der Regel soweit irgend möglich erst nach der abgeschlossenen Ausführungsplanung und nach weitgehendem Abschluss der Ausschreibung unter Einschluss detaillierter Angaben zu Kosten, Risiken und Terminen beginnen. Wir Architekten sollen darauf hinwirken, dass sich dieser Grundsatz bereits in Architekten- und Fachplanerverträgen wiederfindet. Des Weiteren müssen wir unsere Beratungsfunktion intensivieren. Oft ist es der Bauherr, der aufgrund von Zeitdruck und nachträglichen Wünschen kostenträchtige Änderungsplanungen veranlasst. Wir Architekten sollten dem Bauherrn die Kette der Folgen auf Terminablauf und Kosten verdeutlichen. Hierbei sollten wir uns digitaler Methoden bedienen – siehe Punkt 10.

03 Risiken managen und im Haushalt erfassen

Bei öffentlichen Projekten sollte verbindlich und als Voraussetzung für die Bereitstellung von Haushaltsmitteln vorgeschrieben sein, dass Risiken identifiziert, analysiert und bewertet und angemessene Gegenmaßnahmen konzipiert werden. Dieses Risikomanagement muss bereits zum Zeitpunkt der Bedarfsanalyse, sprich: in der oben beschriebenen „Leistungsphase null“, einsetzen.

Wir Architekten müssen das Risikomanagement als eigenständigen, zu honorierenden Leistungsbestandteil übernehmen. Dabei sollten wir uns ebenfalls digitaler Methoden bedienen.

04 Vergabe an den Wirtschaftlichsten, nicht an den Billigsten

Der Bauherr sollte die Ausschreibung von Bauleistungen nicht ausschließlich auf Basis des Preises vornehmen, sondern qualitative Wertungskriterien einbeziehen. Wir Architekten müssen unsere Leistungsfähigkeit in der Beratung bei der Vergabe von Leistungen dem Bauherrn deutlich darstellen. So sollten wir darauf hinwirken, dass bei Vergabeverfahren von Bauleistungen das Aufdecken von Fehlern, Lücken und Widersprüchen in der Ausschreibung und Antworten auf Fragen zur Auftragsdurchführung und zum Risikomanagement bei der Bewertung positiv berücksichtigt werden, damit nur die soliden und seriösen Unternehmen zum Zuge kommen – und Nachträge vermieden werden.

05 Partnerschaftlich ­zusammenarbeiten

Alle Projektbeteiligten sollten sich auf Leitungsebene zu Projektbeginn zu einer partnerschaftlichen Projektabwicklung verpflichten.
Wir Architekten müssen in unserer Funktion als Generalisten und somit objektiver Dritter und Treuhänder des Bauherrn dafür sorgen, dass sich alle Projektbeteiligten auf einen Kodex verpflichten. Hierzu sollten wir bei Vertragsabschluss eine Projekt-Charta einfordern, in der festgelegt wird, dass alle Projektpartner gleichwertig sind und alle die gleichen Informationen erhalten. Gegebenenfalls ließen sich darin auch eine Bonus-Malus-Regelung und Zielpreissysteme gemeinschaftlich vereinbaren.

06Streitigkeiten außergerichtlich ­beilegen

Der Bauherr sollte mit den Projektbeteiligten einen internen und einen externen Konfliktlösungsmechanismus vertraglich verankern. Bei öffentlichen Bauherren sollte die öffentliche Hand rechtliche Hemmnisse für die Durchführung externer Streitbeilegungsverfahren beseitigen und Verfahrensordnungen für Mediation und Adjudikation zur Verfügung stellen.

Wir Architekten sollten im Sinne unseres ganzheitlichen Ansatzes unsere Fähigkeiten zur Streitbeilegung in Form von Mediationsverfahren ausbauen – auch durch Fort- und Weiterbildung.

07 Wirtschaftlichkeit untersuchen

Öffentliche Bauherren sollten im Rahmen der gemäß § 7 BHO durchzuführenden angemessenen Wirtschaftlichkeitsuntersuchung standardmäßig verschiedene Beschaffungsmodelle sorgfältig untersuchen. Dies sollte Voraussetzung für die Bereitstellung von Haushaltsmitteln sein.

Wir Architekten sollten unsere Kompetenz als Generalisten, die von der Planung bis zur Bauüberwachung Verantwortung übernehmen, stets unter Beweis stellen, damit unser an Verbraucherschutz und Qualität orientiertes Grundmodell der Trennung von Planung und Ausführung jeglicher Wirtschaftlichkeitsuntersuchung standhalten kann.

08 Klare Prozesse und Zuständigkeiten organisieren

Der Bauherr sollte sorgfältig abwägen, wie er Projektleitungs- und Projektsteuerungsaufgaben organisiert, und er sollte dafür Sorge tragen, dass er für die Aufgaben, die er selbst erfüllt, über die notwendigen personellen und fachlichen Kompetenzen sowie praktischen Erfahrungen verfügt. Bei der Vergabe von Projektsteuerungsleistungen an Dritte sollte deren Erfahrung, Kompetenz und Kapazität nachgewiesen sein. Es sollte ein Projekthandbuch erstellt werden, in dem auch die Festlegung der Voraussetzungen und des Verfahrens zur Freigabe von Planänderungen geregelt wird.

Wir Architekten sollten Projektsteuerung als unsere Leistung anbieten.

09 Transparenz schaffen und kontrollieren

Der Bauherr sollte eine Organisationsstruktur schaffen, die eine klar definierte Steuerung und Kontrolle gewährleistet. Es sollte ein unabhängiges, kontinuierliches Controlling eingerichtet und eine frühzeitige und offene Bürgerbeteiligung durchgeführt werden. Die ersten Zahlen zu den Projektkosten und dem Fertigstellungstermin sollten auch die Projektrisiken enthalten und gegenüber der Öffentlichkeit erst dann kommuniziert werden, wenn eine hinreichend belastbare Planung vorliegt.

Wir Architekten sollten den Bauherrn bei dieser Aufgabe aktiv unterstützen und dabei unser Know-how bei der objektiven Einschätzung und Beratung in puncto Kosten und Termine einbringen. Unsere Beratungsleistungen können wir auch hinsichtlich einer gut geplanten, stringenten und transparenten Kommunikation anbieten.

10 Digitale Methoden nutzen

Der Bauherr sollte – ebenso wie alle anderen Projektbeteiligten – digitale Methoden wie zum Beispiel Building Information Modeling (BIM) im gesamten Projektverlauf verstärkt nutzen.

Wir Architekten sollten BIM in unseren Instrumentenkasten übernehmen. Die Kammern werden begleitend darauf hinwirken, dass die Anwendung von BIM als Sonderleistung im Honorar verankert wid und die Urheberrechtsfragen geklärt werden. Dazu müssen zusätzlich digitale Anforderungen festgelegt, Standards vereinheitlicht und Konzepte zum Planungs- und Bauablauf mit BIM entwickelt werden.

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1 Gedanke zu „Zehn Punkte für erfolgreiche Großprojekte

  1. Es heißt im Artikel, dass die Bedarfsanalyse und Machbarkeitsstudie ureigene Aufgabe der Architekten sind. Das ist falsch, vgl. DIN 18205 oder z.B. Heft 19 der AHO-Schriftenreihe. Es handelt sich um Aufgaben des Bauherrn. Dieser kann den Architekten damit beauftragen. In der HOAI LP 1 sind dies Besondere Leistungen.

    Ferner wird empfohlen, dass sich Architekten als Projektsteuerer anbieten sollen. Das sollte m.E. aber nicht im selben Projekt geschehen, in dem die Architekten mit Planungsleistungen beauftragt sind. Denn Projektsteuerungsleistungen sind delegierbare Bauherrenaufgaben. Einer Vermischung von Rollen und Zuständigkeiten geht selten gut.

    Die Anwendung von BIM sollen als Sonderleistungen im Honorar verankert werden. Moment mal, das steht doch schon so in der HOAI!

    Beste Grüße
    Heribert Leutner

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