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Noch nie wurde Architektur so intensiv präsentiert, beworben, darüber berichtet und diskutiert wie heute. Doch kreative Leistung und Absatzförderung, Berufsethos und Warenästhetik ersticken unser Interesse.

18.02.20162 Min. 1 Kommentar schreiben
Wolfgang Bachmann. (Foto: M. Jarisch)
Wolfgang Bachmann. (Foto: M. Jarisch)

Text: Wolfgang Bachmann

Wenn in Wien, Genf oder Minsk in verfahrenen Situationen Politiker zusammenkommen, wird das in der Presse gewöhnlich als Erfolg verbucht, schon bevor überhaupt irgendetwas verhandelt wurde. Miteinander reden zählt von vornherein zu den diplomatischen Tugenden.

Wenn also Kommunikation auf der großen politischen Bühne zu den unentbehrlichen Werkzeugen der Vernunft gehört, wie viel selbstverständlicher ist sie dann im täglichen Umgang, wenn es nicht um den Weltfrieden, sondern nur um Beziehungen, Business und Bilanzen geht! Auch Architektur bestellt ein weites Feld der Kommunikation. Berufsverbände suchen für ihre Mitglieder den Dialog mit Auftraggebern, Firmen propagieren ihre Bauprodukte, Investoren versprechen Rendite, Fachzeitschriften – davon ein andermal. Ganz früher hieß das Reklame, später Werbung, heute wird kommuniziert. Bei Wochenendworkshops werden den zögerlichen Kollegen leicht merkbare Faustregeln beigebracht, zum Beispiel „Tue Gutes und rede darüber“. In der Praxis heißt das: Rede darüber, das tut dir gut.

Denn mittlerweile befinden wir uns in einem kakophonischen Geschepper von Informationen, die in schwankenden Gestalten zu uns kommen. Hauptsache, es hat etwas stattgefunden, ein Sponsor, ein Medienpartner war dabei, und ein Glück, wenn eine internationale Zelebrität über ihre Akquise in China berichtet. Das ergibt wieder Tochtergeschwüre neuer Kommunikation, die als virtuelles Mycel weiterwuchern.

Das Prinzip Baumesse, nach dem man zu Ausstellern eilt, Sichtkontakte sucht, Prospekte rafft, Adressen tauscht, in Vorträgen E-Mails checkt, hat auf die gesamte Branche abgefärbt. Berichten, Bewerten, Vermitteln, Verkaufen wurden zu einer Melange eingedickt. Informationen sind durch die Medien „auf dem Sprung zu mir“ und ich muss, wie es Sloterdijk – ohne sich selbst daran zu halten – beklagt, täglich „von dem Naturrecht, Millionen Dinge nicht zu erfahren, erneut Gebrauch machen“. Gegen Hyperinformation wappnet zynische Gleichgültigkeit, „weil meine Kapazität der Anteilnahme, der Empörung oder des Mitdenkens“ erschöpft ist.

Ich habe gerade ein Fachbuch mit 600 Seiten erhalten. Wenn ich in ein paar Monaten durch bin, kann ich etwas dazu sagen.

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1 Gedanke zu „Zur Info

  1. Diese amüsante Zuspitzung des aktuellen Mediengeschehens ist durchaus berechtigt. Einerseits. In der Tat gibt es eine Informationsflut, und nicht alles was gedruckt oder gepostet wird, ist die Zeit wert, es zu lesen. Andererseits bietet die Argumentation von Wolfgang Bachmann aber eine hervorragende Ausrede für all jene unter den Planern, die sich nicht dazu aufraffen können oder wollen, ihre Arbeit adäquat und verständlich in der Öffentlichkeit zu präsentieren.

    Ja, die Kommunikation über Architektur hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Ich denke, das ist höchste Zeit gewesen. Viel zu lange haben sich Architekten hinter dem Vorwand, „das Werk spricht für sich“, zurückgezogen. Noch vor zehn Jahren gab es zum Beispiel online fast nichts von Architekten zu lesen und zu hören. Hier hat glücklicherweise einen Bewusstseinswandel stattgefunden. Die Branche holt auf, was die Selbstdarstellung und Kommunikation in eigener Sache angeht. Im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen aber findet lediglich eine Normalisierung statt. Bereiche, die jahrzehntelang nicht beachtet wurden, werden nun wieder besetzt. Das ist völlig legitim und hat mit Über-Inszenierung nichts zu tun.

    Über Planungsprozesse und den Wert von Architektenleistungen öffentlich zu sprechen, ist in der heutigen Medienlandschaft dringend nötig. Denn wenn Architekten und Berufsverbände die Bedeutung von Architektur und Baukultur nicht in das Bewusstsein der Öffentlichkeit bringen und diese Themen besetzen, dann werden sie marginalisiert. Erst die Themen, dann ihre Akteure.

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