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Baukulturelle Bildung: Architektur in der Schule

Die Architektenkammern haben vielfältige Projekte initiiert, die schon bei den ganz Jungen das Interesse am Entwerfen und Bauen wecken oder zum genauen Hinschauen vor der Haustür einladen

Von: Lars Klaaßen
Lars Klaaßen betreut als freier Redakteur vor allem Interviews und...

29.10.202010 Min. Kommentar schreiben

Dieser Beitrag ist in leicht gekürzter Fassung unter dem Titel „Architektur in der Schule“ im Deutschen Architektenblatt 11.2020 erschienen.

Wir berichten über baukulturelle Bildung der Architektenkammern:
Nordrhein-Westfalen
Berlin
Sachsen
Hamburg
Bayern
Brandenburg
Bremen
Saarland
Thüringen
Baden-Württemberg
Weitere Bundesländer

Buchtipps für Kinder und Erwachsene

 


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Nordrhein-Westfalen: Den Schulhof verschönern

Architektur betrifft jeden Menschen – unmittelbar. Das gilt auch für Kinder und Jugendliche. So setzten sich Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Ostvest im nordrhein-westfälischen Datteln damit auseinander, wie ihr Schulhof attraktiver und schöner werden kann. In einem intensiven Architekturprojekt entwickelten die jungen Erwachsenen über rund zwei Jahre Ideen und Plankonzepte, um die Aufenthaltsqualität der Außenanlagen ihrer Schule zu steigern. Im Rahmen von „Kammer in der Schule“ (KidS) erhielten sie die Möglichkeit, ihre Konzeptideen unter Anleitung eines Landschaftsarchitekten konkret zu planen und umzusetzen. Das Ergebnis stellten sie im September der Öffentlichkeit vor. Die Reihe KidS ist Teil des Aktionsprogramms „Architektur macht Schule“ in NRW.


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Berlin: Die Zukunft im Visier

Der Blick auf Architektur zieht bei Kindern und Jugendlichen auch schon mal größere Kreise: Wie wollen wir in Zukunft wohnen, arbeiten, Sport machen, einkaufen, Kultur erleben? Wie stellen wir uns die Gebäude für unsere Zukunft vor? Mit diesen Fragen setzen sich Berliner und Brandenburger Schüler bis 2022 im Wettbewerb „Meine vertikale Stadt“auseinander. Die Initiative „Architektur und Schule“ bringt dieses Format, das die Berliner Kammer gemeinsam mit der Brandenburgischen Kammer organisiert, nun zum zweiten Mal an den Start.

Bereits im Januar 2020 hat das Pilotprojekt Fortbildung im Tandem „Architektur & Schule“ stattgefunden. Ziel ist es, in Berlin einerseits Architektinnen und Architekten für eine aktive Mitarbeit an Schulen zu gewinnen und andererseits Lehrkräften den Zugang zur Architektur zu erleichtern, um sie zu motivieren, auch eigenständig Projekte mit architektonischen Inhalten an den Schulen durchzuführen. Ehrenamtlich engagierte Architektinnen begleiten in Kooperation mit Lehrkräften seit Jahren Einzelprojekte. Die Erfahrung hat gezeigt: Zum einen gibt es auf Seiten der Lehrkräfte fachliche Defizite zum Thema Architektur, zum anderen sind Architekten auf die pädagogische Arbeit mit Schülern unzureichend vorbereitet. Das Angebot richtet sich an Lehrerinnen und Lehrer aus dem Fachbereich Bildende Kunst an Oberschulen und Mitglieder der Architektenkammer Berlin mit Interesse an Architekturvermittlung in Schulen, die dann in interdisziplinären Teams zusammenfinden.


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Sachsen: Eigene Ansprüche überdenken

Mit der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Wohnens befassten sich die Schülerinnen und Schüler des Carl-von-Bach-Gymnasiums Stollberg. Dabei reflektierten sie ihre eigenen Ansprüche an Wohnen und setzten dies in Bezug zum minimalistischen Lebensstil in sogenannten Tiny Houses. Dadurch ergaben sich Einblicke in aktuelle Diskurse über Verzicht, Ressourcenschonung und zukünftiges Wohnen. An den Projekten „Architektur macht Schule“ nahmen in Sachsen 2019/2020 insgesamt knapp 200 Schülerinnen und Schüler teil. Die Ergebnisse Ihrer Arbeit präsentieren Sie in diesem Jahr auf einer neu erstellten Website, da dies auf einer Abschlussveranstaltung wegen der Corona-Einschränkungen nicht möglich ist. Ein weiteres Projekt im Freistaat ist Pegasus, bei dem Schülerinnen und Schüler ein Denkmal „adoptieren“, um sich aktiv damit auseinanderzusetzen.


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Hamburg: Über 250 Projektpatenschaften

Auf die Schwerpunkte Schulkooperationen (Patenschaften) und Fortbildung der Lehrkräfte stützt sich das Angebot von „Architektur und Schule“ in Hamburg. Ein Flyer fasst die Eckpunkte des Programms zusammen. Mehr als 60 Kolleginnen und Kollegen der Disziplinen Architektur, Stadt- und Freiraumplanung haben sich dort in den letzten Jahren an Hamburger Schulen engagiert, mit Vorträgen, Führungen, Gastkritiken und langfristige Projektbetreuungen. Dabei sind über 250 Projektpatenschaften mit Schulen entstanden.

Architekturseminare wiederum sind fester Bestandteil im Fortbildungsprogramm für Bildende Kunst der Sekundarstufen I und II und für Sachunterricht in den Grundschulen. Diese Angebote vermitteln Basiswissen, Grundlagen und Fachkenntnisse zu verschiedenen Aspekten von Architektur. In Workshops werden Übungen und konkrete Handlungsanleitungen zu Projekten praktisch erprobt. Präsentationen von Schülerergebnissen stellen dabei mögliche Lösungen anschaulich dar und motivieren, eigene Ideen und Impulse für Lehreinheiten zu entwickeln. Exkursionen und Stadtrundgänge zu historischen oder aktuellen Stadtentwicklungsthemen ergänzen das Programm.


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Bayern: Detektive, Denkmale und ein Camp

Unter dem Titel „Architektur für Kinder und Jugendliche“ sind die Projekte in Bayern gelistet, darunter etwa die Schulklassenprogramme „Klimadetektive“ und „Erlebnis Denkmal“ sowie individuelle Projekte, die Architekten an Schulen durchführen. Die Kammer ist zudem an diversen weiteren Aktionen beteiligt, die ein Zusammenschluss von Lehrern und Architekten, die Landesarbeitsgemeinschaft Architektur und Schule Bayern e.V. durchführt. Ein großer Erfolg war in diesem Jahr das BauKulturCamp für Jugendliche in den Sommerferien auf Schloss Erkersreuth (siehe Bildergalerie oben).

Gerade ist in Bayern der dritte Schülerwettbewerb gestartet: „draufgsetzt – Architektur auf der Dose!“ Hierfür haben Lehrkräfte bereits 3000 Schüler angemeldet. Zum Thema „Denkmalvermittlung“ arbeitet die Kammer mit Kulturerbe Bayern und diversen weiteren Partnern zusammen, ein Leitfaden ist in Vorbereitung.


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Brandenburg: Identifikation mit dem Wohnort

Als „Die Stadtentdecker“ erkunden Schülerinnen und Schüler seit 2013 in Brandenburg ihren jeweiligen Heimatort und setzen sich mit Fragen der Stadtentwicklung auseinander (über die Stadtentdcker hat DABonline bereits berichtet). Das Projekt fördert die sensible, bewusste Wahrnehmung vorhandener oder auch fehlender Bauqualität, um einen Schritt zur persönlichen Identifikation mit dem Ort zu ermöglichen, in dem die Schülerinnen und Schüler leben. „Die Stadtentdecker“ werden auch in der Podcast-Reihe „Baukultur vor Ort“ der Bundesstiftung Baukultur vorgestellt. Im Brandenburgischen Regionalteil des DAB informiert ein „Gelbes Brett“ monatlich zu aktuellen Nachrichten aus dem Projekt.


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Bremen: Architektur und Baupraxis als Wahlpflichtfach

Das Förderprogramm „Lernwerkstätten 2020-25“ unterstützt allgemeinbildende Schulen in Bremen bei der Entwicklung von praxisorientierten Lernformaten: zum Planen und Bauen und zur Entstehung der gebauten Umwelt. Ein detailliert ausgearbeitetes Handbuch sowie entsprechendes Unterrichtsmaterial bieten didaktisch aufeinander aufbauende Lernmodule. Pionierarbeit leistet insbesondere ein Projekt an der Paula-Modersohn-Schule in Bremerhaven. Dort wurde ein Wahlpflichtfach „Architektur und Baupraxis“ über die Dauer von zwei Jahren eingerichtet, um Themen rund um das Planen und Bauen dauerhaft in den Schulunterricht zu implementieren.

Im September 2020 startete „Architektur und Baukonstruktion“ an der Oberschule Helgolander Straße. Dort werden Architektur und ihre Konstruktionsweisen experimentell untersucht. Das Projekt wird in das Fach „Wirtschaft, Arbeit, Technik (WAT)“ der 8. und 9. Klassen über einen Zeitraum von 36 Unterrichtsstunden eingebunden. Es soll fest in der Schule installiert werden. Beide Projekte werden von der BAUKASTEN Architektur- und Bauschule Bremen konzipiert und durchgeführt.


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Saarland: Lehrkraft und Architektin im Tandem

Einen hohen Stellenwert nimmt bei „Baukultur: Architektur trifft Schule“ die praktische Arbeit ein, um Schülerinnen und Schülern aller Schulformen und Klassenstufen im Saarland an Architektur und Baukultur heranzuführen. Auch Innenarchitektur, Stadtplanung oder Landschaftsarchitektur werden bei Gelegenheit thematisiert. Eine Lehrkraft und eine Architektin (aller Fachrichtungen) arbeiten hierbei lehrplanbegleitend im Tandem. Auftakt bildet ein dreistündiger Workshop für Architekten und Lehrer. Die Ergebnisse werden in einer Broschüre vorgestellt. Auf einer Vernissage werden zudem abschließend Plakate und Modelle gezeigt. Sie fällt in diesem Jahr Corona-bedingt aus.


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Thüringen: Projekttage und Lernmodule

Mit einer Reihe von Symposien, die auch schon über dieses Jahr hinaus geplant sind, setzt „Architektur und Schule“ in Thüringen unterschiedliche inhaltliche Schwerpunkte. Zudem bietet der Modulkatalog „Architektur – ein idealer Lernstoff“ eine Handreichung für Pädagoginnen und Pädagogen. An ausgewählten Schulen werden zudem Projekttage organisiert, Impuls-Vorträge gehalten, Seminarfacharbeiten unterstützt und Schüler-Praktika betreut.


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Baden-Württemberg: zehn Bausteine

In Baden-Württemberg besteht die baukulturelle Bildung aus über zehn möglichen Bausteinen, darunter  Fortbildungen für Lehrer sowie Netzwerkveranstaltungen für multiprofessionelle Zielgruppen wie etwa Architekten, Lehrer, Museumspädagogen und Sozialarbeiter. Aber auch ein Denkmalprogramm, eine Literaturliste und Spieletipps.


<<< Jump Mark: weitere >>>
Baukulturelle Bildung in weiteren Bundesländern

Die Websites der Länderarchitektenkammern zu „Architektur macht Schule“ sind hier aufgelistet.


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Baukulturelle Bildung: Bücher für Kinder und Erwachsene

Die Bundesstiftung Baukultur hat kürzlich das Handbuch „Baukultur braucht Bildung!“ mit Ideen, Partizipationsmöglichkeiten und guten Beispielen herausgegeben. Es richtet sich an Architekten, Planende und Bauschaffende sowie an Lehrkräfte, die pädagogische Angebote der baukulturellen Bildung umsetzen möchten. Darüber hinaus ist das Handbuch als Unterstützung für alle gedacht, die mehr über die Wirkungsweise und Vermittlung von Baukultur erfahren möchten. Das Handbuch steht als freier Download zur Verfügung und kann kostenlos in gedruckter Form bestellt werden.

Das von der Hamburger Architektin Susanne Szepanski konzipierte Buch „ArchitekturWerkstatt“ stellt ein Standardwerk dar. In dieser Publikation werden ihre langjährigen Erfahrungen im Unterrichten an Schulen und in der Lehrerfortbildung allen interessierten Unterrichtenden für die eigene Praxis zugänglich und nutzbar gemacht. Damit liegt ein Schulbuch vor, das theoretisches Wissen, Orientierung und Hilfestellungen, sowie eine Vielzahl an praxiserprobten Handlungsanleitungen für den Unterricht liefert.

Das Sachbilderbuch „Achtung, Baustelle Bauernhof! – Ein Bauernhof wird umgebaut“ zeigt Kindern, was der Titel ankündigt: wie ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht abgerissen, sondern zu einem Ferienhof für Familien umgestaltet wird. Aus der Scheune soll eine gemütliche Gästewohnung werden, und der Kuhstall wird zum Pferdestall umgebaut. Dafür macht die Architektin Ute Pläne und viele Handwerker packen mit an. Präzise Darstellungen und verständlich geschriebene Texte veranschaulichen jungen Leserinnen und Leser, was Zimmerleute, Maurer, Dachdeckerinnen, Maler und die Architektin zu tun haben, bis die ersten Feriengäste einziehen.

Der große Plan“ lädt Kinder zwischen drei und sechs Jahren ein, ihre tägliche Umgebung genauer zu betrachten, zu erzählen, was sie sehen, was neu und anders ist, was sie stört oder was sie sich vielleicht in ihrer Stadt wünschen. Das Büchlein der Bundesstiftung Baukultur will spielerisch verdeutlichen, wie viele Menschen an der Gestaltung unserer gebauten Umwelt beteiligt sind. „Der große Plan“ soll dazu animieren, die gebaute Umwelt nicht als gegebenes Szenario, sondern als gestaltbaren Raum zu sehen – als Ort für eigenes Leben und Abenteuer. Das Buch kann als Lese- und Vorlesebuch eingesetzt und kostenlos in gedruckter Form bestellt werden.

Eine braune Metallfassade, bunte Mosaikfliesen, verspringende Fenster: relativ eindeutige Hinweise auf die Bauzeit. Tag für Tag gehen wir an eher jungen Gebäuden vorbei, ohne sie genau zu betrachten, geschweige denn einzuordnen – obwohl das Kindern und Erwachsenen oft ein Bedürfnis ist. Mit „Alles nur Fassade – Das Bestimmungsbuch für moderne Architektur“ legt Turit Fröbe augenfällige, aber nie so klar benannte Kriterien offen, strukturiert Stile und macht Architektur für alle lesbar.

Cover Buch Architekturpolitik in Finnland von Truit Fröbe

Im Rahmen einer Feldstudie ist Turit Fröbe in ­Gesprächen mit Expertinnen und Experten der Frage nachgegangen, wie erfolgreich die international rezipierte finnische Architekturpolitik ist. Wie genau ist es gelungen, die baukulturelle Bildung im Bildungssystem zu verankern? Und was ist aus den ­finnischen Erfahrungen für Deutschland abzuleiten? Eine Rezension von „Architekturpolitik in Finnland – Wie Baukulturelle Bildung gelingen kann“, lesen Sie hier. Außerdem spricht Turit Fröbe im Interview darüber, was Deutschland von Finnland lernen kann.


Weitere Beiträge finden Sie in unserem Schwerpunkt Lernen.

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