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Zurück Corona-Tagebuch #19

Baupraxis statt Video Calls: Holzpavillon als Corona-Aufgabe

Das Corona-Semester für ein eigenes handfestes Bauprojekt nutzen: Wie das geht, haben zwei Freunde von Fabian gezeigt. Auf Instagram kann man sie dabei begleiten – und vielleicht auf ganz neue Ideen kommen

01.07.20204 Min. Kommentar schreiben
Holzpavillon in einem Garten
Der elterliche Garten als Experimetierfeld für den Holzbau. Alle Fotos: Julian Kopp & Paul Moritz Keul

Von Fabian P. Dahinten

„Ich fahr eh gleich bei dir vorbei, dann bring ich dir das kurz rein!” Keine fünf Minuten später klingelt es an meiner Wohnungstür, und ich höre aufsteigende Schritte im Treppenhaus. Ich öffne die Tür, Julian steht davor. Es ist wieder dieser Moment, in dem ich meine Arme für die Begrüßung aufreißen will, doch auf halber Höhe realisiere ich: Stopp, Corona. Umarmungen sind nicht mehr en vogue. Also lächle ich verlegen und senke meine Arme wieder. Ich brauche unbedingt eine alternative Begrüßungsgeste, denke ich. Vielleicht kaufe ich mir einen Hut, den ich zur Begrüßung anhebe. Oder ich verbeuge mich leicht wie in Japan … Hm, ich weiß nicht.

Bau eines Holzpavillons

Julian und Paul sammeln Baupraxis: über Instagram kann man zuschauen

Julian und ich haben nicht nur im Fachschaftsrat, sondern auch als Tutoren zusammengearbeitet und sogar eine Weile in einem Büro. Am Fachbereich sind wir uns immer noch regelmäßig über den Weg gelaufen, doch seit den Corona-Maßnahmen begegne ich ihm nur noch auf Instagram, wenn er etwas postet. Der Algorithmus hat mittlerweile registriert, dass ich keine seiner Storys verpassen will, und zeigt sie mir immer zuerst. Genauer gesagt, ist es das Profil von ihm und Paul @atelier_jkmk.

Die Posts der beiden fingen damit an, dass sie ein wenig Erde in einem wunderschönen grünen Garten umgruben und dann anfingen Balkenschuhe einzubetonieren. Ab diesem Moment war ich in ihren Bann gezogen, obwohl ich noch gar nicht ahnte, was für ein Schmuckstück dort entsteht. Und was mir auch klar werden sollte, ist: Während ich Tag und Nacht vor dem Laptop sitze und alle meine Termine in meiner Wohnung per Telefon oder Laptop abwickle, sind Julian und Paul draußen im Grünen und werkeln mit ihren Händen. Und wenn ich abends oder mal nachts den Laptop zuklappe und überlege, was ich morgen alles erledigen muss, sehen die Zwei ihr Tagwerk an – und wissen, was sie geschafft haben.

Bau eines Holzpavillons

Klar zu erkennen, dass die Planer angehende Architekten sind

Die Balkenschuhe sind nämlich der Beginn eines Pavillons für Pauls Eltern – und für mich meine täglichen zwei Minuten Sehnsucht nach handwerklicher Arbeit. Und je weiter der Pavillon voranschreitet, desto besser erkennt man, dass die beiden Planer angehende Architekten sind. An der schlichten und eleganten Geste, mit der sich der Pavillon zum Garten öffnet. Und an der Liebe zu allen Fügungen und Details, die da deutlich sichtbar wird.

Aus Julians „fünf Minuten kurz Vorbeischauen” ist mittlerweile fast eine Stunde an meinem Küchentisch geworden. Er erzählt von dem Pavillon und von den vielen kleinen und großen Problemen beim Bau. Von den Fehlern, die sie bei der Planung gemacht haben. Und davon, wie sie diese dann vor Ort gelöst haben, ganz nach Architekten-Manier.

Geht doch! Corona für mehr Baupraxis nutzen

Und so haben die beiden bei ihrem kleinen Projekt richtig viel gelernt, eben durch die Verbindung von Planung und praktischer Umsetzung. Alle, die es sich inzwischen nicht mehr vorstellen können, noch ein Semester „präsenzfrei” Architektur zu studieren, sollten sich die beiden zum Vorbild nehmen. Wer Gelegenheit hat, die praktischen Seiten beim Bauen zu erforschen, wird am Ende, da bin ich mir sicher, kein Semester verloren haben, sondern mindestens so viel, wahrscheinlich sogar mehr gelernt haben für den Architekt*innenberuf als in hundert Videokonferenzen.

Konstruktion eines Holzpavillons

Dach eines Holzpavillons

Hier findet ihr alle Einträge im Corona-Tagebuch von Katharina und Fabian.


Fabian P. Dahinten und Katharina Körber studieren Architektur an der Hochschule Darmstadt. Im Wechsel schreiben sie für das DAB dieses Corona-Tagebuch

Und wie sind eure Erfahrungen als Architektur-Studierende oder -Lehrende? Wie reagiert ihr auf die Krise? Was macht die aktuelle Situation mit euch und der Lehre? Hinterlasst uns einen Kommentar auf dieser Seite oder schreibt uns unter DAB-leserforum@planetc.co

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