Nils Hille
Als Parlament und Regierung 1999 nach Berlin zogen, musste eine Alternative für den Gebäudekomplex Bundeshaus her. Und die war schnell gefunden. Das World Conference Center Bonn (WCCB), zunächst Internationales Kongresszentrum Bundeshaus Bonn genannt, bezog die Räumlichkeiten. Der Wechsel ging rasch, ohne lange Übergangszeit. Schon im November 1999 fand die erste außerpolitische Tagung im bisherigen Plenarsaal von Günter Behnisch statt. Seitdem sind einige große Veranstaltungen, wie die „Internationale Konferenz für erneuerbare Energien“, dort abgehalten worden.
Das passt zur Umgebung: Die Ansiedlung von UN-Einrichtungen im ehemaligen Abgeordnetenhaus „Langer Eugen“ und zukünftig im „Alten Hochhaus“, einer südlichen Erweiterung des Bundeshauses, brachte dem Gebiet den Namen „UN-Campus“. Da beide Gebäude denkmalgeschützt sind, wird sich das äußere Erscheinungsbild nur unwesentlich verändern, im Gegensatz zum Tagungsbereich. Um den Kongressstandort Bonn weiter zu stärken, geben sich Stadt und Investoren mit den vorhandenen Räumen nicht zufrieden. Seit Herbst 2006 wird das WCCB für rund 140 Millionen Euro erweitert.
Das Geld dazu kommt vom amerikanisch-koreanischen Gemeinschaftsunternehmen SMI Hyundai Corporation, das hier das „führende Kongresszentrum in Deutschland“ etablieren will. Dazu entsteht ein Gebäudekomplex, der auch ein 15-stöckiges Hotel mit 350 Zimmern umfasst. Dieses wird über einen Tunnel und ein neu errichtetes Foyer mit dem Plenarsaal verbunden. Das Münchener Büro Yes architecture (Ruth Berktold und Marion Wicher) ging Ende 2004 aus dem Wettbewerb als Sieger hervor.
Passender Rahmen
Auch die öffentlichen Freiflächen zwischen der Bundesstraße 9 und dem Rhein sollen nun weiterentwickelt werden. Dafür lobte die Stadt Bonn einen auf zehn Teilnehmer begrenzten Wettbewerb für die Gestaltung des Gebiets im Umfeld von UN-Campus und WCCB aus. Ziel war laut Ausschreibungstext, dem „Ort der neuen Internationalität und Zukunft der Stadt Bonn“ einen angemessenen Rahmen zu geben. Das heißt konkret: WCCB und UN-Campus brauchen ein passendes Entree. Außerdem soll die Verkehrserschließung, nicht zuletzt durch Geh- und Radwege, verbessert werden.
Die Jury unter Vorsitz von Gerd Aufmkolk aus Nürnberg kürte das Düsseldorfer Landschaftsarchitekturbüro scape, das in Kooperation mit Lindschulte und Kloppe GmbH (Düsseldorf) sowie Burkhard Wand Lichtplanung (Hamburg) antrat, zum Gewinner. In ihrer Begründung lobten sie deren nachvollziehbare Hierarchie der verschiedenen Plätze, Promenaden und Straßenräume des zu beplanenden Gebiets. „Dafür werden die Zugänge in den Raum zwischen B 9 und Rhein konsequent in ihrer Verkehrsbedeutung interpretiert und gestalterisch konzipiert“, so der Jurytext.
Die Sieger wollen das Gebiet zu einem hochwertigen Campus mit eigener Identität entwickeln. In ihrem Erläuterungstext schreiben sie: „Nach außen hin soll eine wiedererkennbare ‚Adresse‘ gebildet werden und die verschiedenen baulichen Strukturen sollen durch eine prägnante Gestaltung des öffentlichen Raumes verbunden und in Wert gesetzt werden.“ Ihr Entwurf sieht vor, an der Bundesstraße eine einheitliche, durch Bäume gefasste Außenkante des Gebiets zu pflanzen. Daran reihen sich mehrere Plätze, die zum UN-Campus leiten und die Bonner Museumsmeile anbinden.
Wege für alle
So weit die Ost-West-Verbindung. „In Nord-Süd-Richtung werden die beiden Hauptachsen durch Grünzüge und gestaltete Straßen mit unterschiedlichem Charakter vernetzt und zum Rhein weitergeführt“, so die Planer. Dabei soll die Heussallee als wichtigste Verbindung Richtung UN-Campus auch für Busse, Radfahrer und Fußgänger geöffnet werden. Momentan ist sie nur für Autos und U-Bahn angelegt.
Direkt am Campus soll ein großzügiger Platzraum geschaffen werden, der die verschiedenen Nutzungen und Wegebeziehungen zusammenführt. Eine Einlegearbeit („Platzintarsie“) aus großformatigen Betonplatten bildet das Zentrum dieses Stadtraumes, womit das auf die Fassaden ausgerichtete, lineare Pflastermuster durchbrochen wird. Zum Wettbewerbserfolg trug auch das Lichtkonzept bei. Die Verbindung zwischen WCCB und dem Post Tower als zwei „Stadtlaternen“ soll durch eine Reihe von Lichtstelen hergestellt werden. Zum Teil könnten hier Solarleuchten das tagsüber gespeicherte Licht nachts wiedergeben. Ganz nach dem Motto: Hauptsache, es bleibt immer etwas Licht und Leben in dem Viertel, das von der großen Politik verlassen wurde.