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Die Dekonstruktivisten: Das gibt einen weiten Horizont

Frank O. Gehry und Coop Himmelb(lau): Wolfgang Höhl über die letzte Generation, die experimentelle, theoretische und künstlerische Ansätze in ihrer Architektur erfolgreich umsetzen konnte.

30.05.20223 Min. Kommentar schreiben

Was fasziniert Sie an Ihrem Lieblingshaus? 

Mit Lieblingshäusern ist das so eine Sache. Sagen wir, es war für mich ein besonderes Ereignis, am 30. März 2019 zum ersten Mal das Guggenheim Museum von Frank O. Gehry in Bilbao zu besuchen. Es war, wie nach sehr langer Zeit einem alten Bekannten zu begegnen.  

Ich habe dort Fotografien gemacht, die den unwiederbringlichen Moment thematisieren, den Zufall in der Kunst und die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten der räumlichen Projektion: Jeder Moment ist einzigartig, er wird definiert durch einen bestimmten Ort, die Tageszeit und das unverwechselbare Tageslicht. Jede der Fotografien gibt dabei nur einen sehr begrenzten Ausschnitt dieses einzigartigen Moments wieder. Die gesamte abstrakte Komposition der Bilder bleibt bedeutungsoffen.  

Wen schätzen Sie besonders und warum? Haben Sie einen Lieblingsstil? 

Neben der Klassischen Moderne haben mich die Dekonstruktivisten immer sehr fasziniert. Aber das lag wohl an der Zeit, in der ich an der TU Wien studieren durfte. Coop Himmelb(l)au habe ich persönlich kennengelernt, nachdem sie vorzeitig meine Universität verlassen hatten. Unvergesslich ist mir ein langer Abend mit Abschlussarbeiten ihrer damaligen Meisterklasse an der Hochschule für angewandte Kunst. Wir haben oft die TU Graz besucht und waren zu Gast am Institut von Günther Domenig. Vor genau 30 Jahren, Ende März, Anfang April 1992 war ich als junger Studienassistent am Institut für Raumgestaltung der TU Wien einer der Teilnehmer einer wundervollen Architekturexkursion ins sonnige Kalifornien. Neben vielen anderen faszinierenden Projekten haben wir am 1. April 1992 in Santa Monica auch die Gehry Residence besucht, das Wohnhaus Frank O. Gehrys. 

Warum reizt Sie der Ansatz der Dekonstruktivisten?

Aus meiner Sicht war es bisher die letzte Generation von Architekten, die experimentelle, theoretische und künstlerische Ansätze in ihrer Architektur erfolgreich umsetzen konnten. Danach veränderten sich das Umfeld und die Anforderungen. In meiner Studienzeit habe ich mich sehr gern und intensiv mit dem theoretischen Hintergrund dekonstruktivistischer Architektur beschäftigt. Das war damals und ist noch heute sehr reizvoll für mich. Ich las mit Vergnügen die Positionen von Jacques Derrida, Aura und Exzess von Peter Eisenman und die Tausend Plateaus von Gilles Deleuze und Félix Guattari. 

Was lieben Sie an Ihrem Beruf am meisten – und warum?

Generalist und experimenteller Wissenschaftler zu sein. Ich weiß über alles nichts. Aber das gibt einen weiten Horizont und ein tiefes Verständnis für Prozesse und Strukturen. Und jeden Tag kann ich etwas Neues dazulernen. 

Wolfgang Höhl, Architekt, München 

 

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