Text: Nils Hille
Unglaublich gewöhnlich von außen, unerwartet glamourös von innen. Auf dem Weg durch das umgenutzte Industriegelände namens Schwanenhöfe in Düsseldorf zeigt sich zwar Leben und Bewegung, doch nur in der ersten Reihe bei Restaurant und Fitnessstudio. Dahinter herrscht Ruhe. Hier gehen die Menschen halt täglich nur ein bis zweimal rein und wieder raus – zur Arbeit bei einem der großen Unternehmen oder bei einem der kleinen Startups, zum Studieren an der privaten Hochschule oder zum Haareschneiden, Präsentieren, Konferieren oder Feiern bei einem Friseur.
Ja, richtig gelesen. GFG Hair & Styling ist nicht irgendein Salon für Waschen, Schneiden, Föhnen, sondern gleich im doppelten Sinne außergewöhnlich: Schon die edel-moderne Innenarchitektur von Jeannette Göbel für den Normalbetrieb ist ein Hingucker. Mit den flexiblen Umbaumöglichkeiten, dank derer in wenigen Handgriffen aus dem Friseursalon ein „Eventsalon“ wird, setzt sie dem Ganzen gestalterisch die Krone auf.
Von einem Haarschnitt spricht hier sowieso keiner. Die beiden Chefs Francesco und Giuliano Gammuto und ihr Team nennen das „Haarmode“, und Mode müsse schließlich inszeniert werden. Wer das weiß, dem erschließt sich schnell der große, lila Laufsteg, der einem beim Eintritt gleich ins Auge fällt.
Göbel erklärt: „Er dominiert ganz gezielt den Raum und wird durch Scheinwerfer zusätzlich in Szene gesetzt.“ Am Rande dieses Catwalks wartet der Kunde in einem gemütlichen, dunkelgelb gepolsterten Sessel auf seine neue „Haarmode“ und dient somit gleichzeitig denjenigen als Publikum, die schon eine solche bekommen haben. Dabei schlürft der Zuschauer eine der zahlreichen Kaffeespezialitäten, die an der großen Bar von den Mitarbeitern zubereitet werden. Dieser gastronomische Bereich am Eingang kommt dank einer besonderen Spachteltechnik des italienischen Künstlers Adriano de Fanti im edlen Industriecharakter daher. Seine Schlichtheit wird durch viele von der Decke hängende, bunte Lampenschirme aufgelockert, auf denen Göbel das Logo des Salons gestalterisch adaptieren ließ.
Ist der Kunde selbst an der Reihe, führt ihn ein Mitarbeiter hinter der steinernen Rezeption an einer alten Backsteinwand vorbei, an der an Kleiderbügeln hängende Föhne, Lockenstäbe und Glätteisen inszeniert werden. Am Anfang hing hier mal Mode junger Designer, doch die verkaufte sich nur, wenn der Kreative auch vor Ort war und beriet. Da war der Schritt zurück zum Wesentlichen doch deutlich erfolgreicher. Dann erreichen
Kundinnen und Kunden die Sessel zum Haarewaschen, die gleichzeitig zum Massieren und für die Maniküre dienen. Die erhöhte, von allen Seiten offene Arbeitsfläche, an der die vielen bunten Pasten und Puder für den individuellen Haarton in großen, glänzenden Edelstahlmixern zusammengerührt werden, kommt wie ein DJ-Pult daher. Das ist Absicht, denn schließlich versteht sich Friseurmeister Giuliano als Künstler und diese Fläche als sein „Farblabor“.
Gleich daneben, in der Mitte der hinteren, höheren Ebene des Salons und somit an der Treppe runter zum Laufsteg, stehen vier überdimensionale, randlose Spiegel. Auf beiden Seiten können Kunden zum Haareschneiden Platz finden, ohne dabei etwas von ihrem Gegenüber zu sehen. „Und wer gar nicht gerne im Mittelpunkt steht, sitzt dann einfach an einem der hinteren Plätze“, erklärt Göbel. Doch die offene Gestaltung lässt neugieriges Publikum von unten auch bis dorthin leicht blicken. Einzig die Mitarbeiter- und Sanitärräume sind mit Wänden vom Salon abgetrennt. Göbel und Architekt Kai Landrock vom Büro Phase 5 ließen diese aber extra als Raum-in-Raum-Elemente einbauen, um den Charakter der Halle nicht zu stark zu verändern. Gleiches gilt für die Stützen und Unterzüge der Decke sowie die dort verlaufende Technik – alle sind sichtbar geblieben, stören aber dank der Raumhöhe keineswegs.