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Diesseits in Afrika

Ein Student aus Burkina Faso baute eine Schule für sein Heimatdorf. Jetzt plant er auf drei Kontinenten.

01.03.20084 Min. Kommentar schreiben
Gut für die Bildung: Schulhaus von Diébédo Francis Kéré in Gando

Roland Stimpel
„Ich hatte das große Glück, eine Schule zu besuchen“, erzählt Diébédo Francis Kéré. Das war nicht selbstverständlich im Dorf Gando im westafrikanischen Burkina Faso. Das Glück war ein stickiger Betonkasten, in dem Kéré mit hundert anderen Kindern in einem Raum lernen sollte. Trotzdem schaffte er es auf die Oberschule und bekam danach ein Stipendium der Carl-Duisberg-Gesellschaft. Eigentlich sollte er in der Heimat Lehrer werden, ging dann aber aufs Abendgymnasium und studierte in Berlin Architektur.

Das Glück war gewachsen, „aber ich war auch sehr traurig. Wenn ein Mensch im traditionellen Afrika seine Gemeinschaft verlässt, dann versucht er, seinen Ausfall durch finanzielle Hilfe auszugleichen.“ Aber Geld hatte Kéré nicht – was also dann? Im fünften Semester beschloss er, eine anständige Schule zu entwerfen, die er in seiner Heimat bauen wollte. Mit welchen Mitteln auch immer.

Einem nervösen Kommilitonen sagte Kéré zu dieser Zeit einmal: „Trink nicht so viel Kaffee.“ Am nächsten Tag kam der andere merklich ruhiger zu ihm und gab ihm 40 Cent. „Die hab ich am Kaffee gespart. Für deine Schule.“ Kéré erzählte das herum und appellierte in der Uni: „Trinkt alle eine Tasse weniger. Und steckt das Geld in einen oder zwei Schulbausteine.“ Er baute Spendenbüchsen. Erst kleine für die Uni, dann immer größere für Buchläden, Reiseläden, Kaufhäuser. Sein Professor Peter Herrle unterstützte ihn, viele andere auch. Kéré gründete den Verein „Schulbausteine für Gando“, und irgendwann reichte es für den Projektstart.

Seine Idee schockierte erstmal die Leute daheim. Denn Kéré wollte mit Lehm bauen. Das Einzige, was es dort im Überfluss gibt. Aber Lehm ist nicht modern. Schlecht verarbeitet, verfällt er rasch. Wer etwas hermachen will, baut mit Zement. „Haben sie dir in Deutschland das Gehirn gewaschen?“, fragte man ihn. Doch er insistierte. „Es musste ein Material sein, das die Leute selbst beschaffen und verarbeiten können. Aber klüger verwendet als bisher.“

Er setzte über die Wände ein weit auskragendes, vor Regen und Sonnenhitze schützendes Dach. Das hätte ­Kéré gern aus traditionellem Stroh gefrtigt, das aber in diesen trockenen Zeiten knapp ist. Also Wellblech, wie es fast alle nehmen. Aber nicht direkt über den Wänden, sondern auf einem Fachwerkgerüst aus Stahl. „Leute, die schweißen können, gibt es in Burkina Faso an jeder Ecke. Einfach, weil es kein Holz gibt und man alles aus Metall machen muss.“ Darunter kam noch eine Lehmsteindecke. Die Zwischenschicht fängt jetzt die Hitze auf, die sich unterm Blechdach bildet, und lässt sie seitwärts entweichen. Der Boden ist aus gestampftem Lehm. „Zement wird hier immer so schlecht verarbeitet. Der hält nur ein paar Jahre.“

Die groben Arbeiten machten alle im Dorf, für die schwierigeren schulte Kéré selbst die Handwerker. „Jetzt sind das gefragte Spezialisten. Sie verdienen Geld, das ist unglaublich in Afrika!“ Die Schule kostete rund 40 000 Euro. Und bekam 2005 den Aga-Khan-Preis, die wichtigste Architekturauszeichnung in der islamischen Welt.

Gut gefüllter Terminkalender

Leben kann er von all dem nicht; er hat noch eine Hiwi-Stelle an der TU Berlin, die sein Büro mitfinanziert. Von Berlin-Kreuzberg aus plant Kéré weiter: eine Oberschule in Gando ist gebaut, eine in der Stadt Dano errichtet er für die Stiftung des Münchener Immobilienunternehmers Gisbert Dreyer, dem eine Rotarierspende half. Jetzt soll der Schultyp in Burkina Fasos Hauptstadt Ougadougou vervielfacht werden. Kéré wurde ins Lehmbauland Jemen eingeladen und nach Indien. Er ist für den Holcim-Preis nominiert und zur Expo 2008 nach Zaragoza eingeladen. Da gibt es ein Referat von Norman Foster. Und eins von Diébédo Francis Kéré.

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