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Gut zu Fuß

Wie sich eine Turnschuhfirma in einer historischen Fabrik einrichtete.

01.03.20093 Min. Kommentar schreiben
Moderne Sachlichkeit in altem Gemäuer: neuer Konferenzraum der Kangaroos-Schuhfabrik.

Das Münchener Büro landau + kindelbacher betrachtet seine Projekte ganzheitlich – so auch die Umwandlung einer denkmalgeschützten Fabrik in Pirmasens zur Deutschlandzentrale der Turnschuhmarke Kangaroos. Das Gebäude für die damalige Schuhfabrik Neuffer wurde 1894 mit Stilelementen aus dem Barock, der Renaissance, dem Jugendstil und der Antike von dem Pirmasenser Josef Uhl entworfen. 1990 erwarb Bernd D. Hummel, Deuschland-Lizenznehmer von Kangaroos, das leere und verfallende Anwesen, beantragte selbst Denkmalschutz dafür und wandelte es in ein Dienstleistungs- und Ärztezentrum um.

Schließlich beschloss er, die letzte noch leer stehende Etage mit seiner Firma Kangaroos zu beziehen.Die Herausforderung in Pirmasens bestand darin, die Räumlichkeiten mit einer neuen CI auszustatten, die einerseits mit der Marke, aber auch mit dem Ort und seiner Geschichte als Standort der Schuhindustrie verbunden ist. Die Räume mit Mauerwerkswänden, Holzbalken- und Massivdecken sowie Raumhöhen von 3,50 bis 4,50 Metern sind jetzt zur Verwaltung mit großer Präsentationsfläche umfunktioniert. Die moderne, junge und bunte Marke fügt sich unaufdringlich in die ehemalige Beletage ein.

Der Empfangsbereich mit seiner raumhohen Glaswand ist mit einem Motiv aus der ehemaligen Schuhproduktion bedruckt und erinnert an goldene Produktionszeiten. Variable Sitzmöbel können als Wartezone wie als Präsentationsflächen genutzt werden. Dahinter schließt  sich die multifunktionale Ausstellungsfläche an, deren drehbare Wände für Wechselausstellungen genutzt werden.

Reduziertes Möbeldesign prägen die Räume.

Neben den üblichen Büros für die Verwaltung fordert das Programm Räume für kreative Tätigkeiten wie Schuhdesign, Produktentwicklung, Tests sowie für Präsentationen und Meetings. Funktionale Büroeinbauten sind behutsam integriert, der Erhalt der historischen Substanz bestimmt das Konzept.

Eine offene Kommunikationszone und die zweigeschossige „Big Show“ dienen wechselweise als Cafeteria, Ausstellungsfläche, für Besprechungen oder zur Produktpräsentation. In der Produktentwicklung bieten dem Original nachempfundene Sprossenfenster eine besondere Atmosphäre. Versorgungsleitungen liegen sichtbar auf Putz. Flexible, monochrome Möbel sind in die historische Substanz integriert. Die lichtgraue Beschichtung an Boden, Wand und Decke unterstreicht das Sichtmauerwerk des regionalen Sandsteins. Diese Beschichtung zieht sich wie ein roter Faden durchs Gebäude.

Loftpalast: In dem schlossartigen ­Fabrikbau sitzt jetzt die Kangaroos-Deutschlandzentrale.

Farbakzente setzen die kubischen Eichenmöbel in der Cafeteria, ein eingebauter „Lichthimmel“ und der leuchtend rote Empfangstresen.

Der Umbau war umfassend: Flächen sind entkernt und mit Anstrich versehen, Originalböden neu versiegelt, das Mauerwerk freigelegt, Fensterflächen restauriert, Wandflächen in den Büros mit weißen Putzflächen versehen, Glastrennwände nach historischem Vorbild wieder eingebaut, Elektroleitungen und Sanitäranlagen saniert worden.

Überall fallen hochwertige Schreinerarbeiten wie Einbauschränke und angefertigte Büromöbel auf. Die Arbeitsplätze sind mit einfachen weißen Möbeln ausgestattet, mit indirekter Beleuchtung, großen Fensterflächen mit natürlichem Lichteinfall, kombiniert mit historischen Sprossenfenstern. Die Arbeitsatmosphäre zeugt vom Erfolg des Konzepts. Ansatz und Konzept sind im besten Sinne nachhaltig. Das bestätigte bei der Vergabe des Innenarchitekturpreises 2008 auch Rudolf Schricker, Präsident des Bundes Deutscher Innenarchitekten (BDIA). Er sieht in Pirmasens „ein sehr eindrucksvolles und gelungenes Beispiel dafür, aus einer Industriebrache wieder ein Raumkonzept voller Leben und Lebendigkeit zu entwickeln, versehen mit Nachhaltigkeit und Perspektive, angereichert mit Zuversicht für Menschen“.

Dipl.-Ing. Cordula Rau ist Architektin und freie Journalistin in München.

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