Text: Simone Hübener
Mehrere Hektar Schotterfläche, vollgestellt mit Lkws, und dazwischen ein kleiner, unscheinbarer Container mit einigen Büroräumen – so präsentierte sich bis 2011 der Lkw-Handel Füchsl in Oberschleißheim, 20 Kilometer nördlich von München. Dieses Provisorium vermittelte weder einen adäquaten Eindruck noch war es ökologisch sinnvoll: Mit den Räumen wurde gleichzeitig auch die Umgebung geheizt. Der Besitzer bat Palais Mai Architekten aus München um den Entwurf für ein kostengünstiges Betriebsgebäude. Daraus entwickelte sich ein Bauwerk, das kaum deutlicher auf die Tätigkeit des Unternehmens hinweisen könnte.
Gebautes Markenzeichen: Schwarze Bitumenschindeln bedecken Dach und Fassaden; die Fenster mit Dreifachverglasung werden von gekanteten Alublechen gerahmt.
Da aus wirtschaftlichen Gründen auf einen Keller verzichtet werden sollte, verlegten die Architekten das eigentliche Erdgeschoss um eine Etage nach oben und schoben den benötigten Lagerraum unter die eine Gebäudehälfte. Die andere wurde aufgebockt und dient als Dach für zwei Stellplätze. Die seitlichen Wände lösten die Architekten in zwei auf den Spitzen stehende Dreiecke auf. Bereits dadurch assoziiert man das Gebäude unweigerlich mit einem Lkw-Aufleger, der nur darauf wartet, dass eine der umstehenden Zugmaschinen angefahren kommt und ihn mit auf Reisen nimmt. Die von den Architekten gewählte Dachform verstärkt diese Analogie. Das Satteldach ist fast flach und der First ist asymmetrisch im vorderen Drittel angeordnet, was eine nach vorn drängende Dynamik erzeugt.
Parallel zu dieser starken Symbolik hat das aufgeständerte Gebäude zwei weitere wichtige Vorteile: Erstens überblickt der Platzwart das Gelände von seinem Büro aus nun bestens, zweitens finden sich auch die potenziellen Kunden endlich zurecht. Der ursprüngliche, flache Container war zwischen den hohen Zugmaschinen nicht zu sehen, sodass zwei Fahnen auf seinen Standort hinweisen mussten. Trotz dieses gewissen Maßes an Pragmatik mag der Entwurf von Palais Mai manchem zu plakativ erscheinen. Doch muss es in der Architektur immer tierisch ernst zugehen? Bei einem Gebäude dieser Größe – und weit entfernt von den nächsten Häusern – darf man seine Aufgabe auch mal mit einem Augenzwinkern angehen und zu etwas verspielten Lösungen kommen.
Simone Hübener ist Fachjournalistin für Architektur und Bauen in Stuttgart.