Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Silberne Riesen“ im Deutschen Architektenblatt 11.2021 erschienen.
Von Simone Hübener
Die erste elementierte Hochhausfassade Deutschlands, 13 Stockwerke auf nur drei Stahlbetonscheiben aufgeständert: Das Tragwerk und die Fassaden des Commerzbank-Hochhauses in Düsseldorf waren für den Beginn der 1960er-Jahre äußert innovativ. Für die vorgefertigten, eloxierten Aluminiumpaneele der von ihm entwickelten Fassade ließ Architekt Paul Schneider-Esleben sich von den Fertigungsmethoden des Waggon- und Karosseriebaus inspirieren. Die in sich geschlossenen, zweischaligen Tafeln mit einer Isolierfüllung wurden ohne zusätzliche Rahmenkonstruktion an das Gebäude angebracht und verleihen ihm mit ihren abgerundeten Fensteröffnungen eine gewisse Dynamik. Auch in der Erdgeschosszone des Hochhauses war alles im Fluss. Da sie aufgrund der Aufständerung frei zugänglich war, ordnete Schneider-Esleben dort nicht nur die Einfahrt zur Tiefgarage an, sondern auch den ersten Drive-through-Bankschalter Deutschlands.
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Commerzbank-Hochhaus Düsseldorf unter Denkmalschutz
Nach vielen Jahren des Leerstands erwachte das 1998 unter Denkmalschutz gestellte Commerzbank-Hochhaus im Frühjahr dieses Jahres zu neuem Leben: als Hotel Ruby Luna mit 206 Zimmern. Das mit der energetischen Sanierung und dem Umbau beauftragte Düsseldorfer Büro HPP Architekten band bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt den Hersteller der Fassadenelemente, die Firma Gartner, mit ein, um diese so umzuarbeiten, dass sowohl die Anforderungen des Denkmalschutzes als auch die energetischen Richtwerte erfüllt werden konnten.
Original-Fassade auf neuer Dämmung
Die originale Fassadenkonstruktion ermöglichte es, die höhere Dämmstärke zum Rohbau hin einzubauen, wodurch der Gebäudeumfang erhalten und die Deckschalen wiederverwendet werden konnten. Die bestehenden Fassadenelemente wurden demontiert und durchnummeriert, die äußere Aluschale wurde entfernt und gereinigt. Später wurden die Elemente dann auf die neuen, hochdämmenden, mit einer Dreischeiben-Isolierverglasung ausgestatteten Elemente montiert. Die Patina der vergangenen rund 60 Jahre blieb dem Hochhaus so erhalten.
Bürostruktur optimal für Umbau zum Hotel
Die Struktur der Büroetagen bot optimale Voraussetzungen für die kleinteilige Untergliederung einer Hotelnutzung. Die Eingriffe in die Substanz beschränken sich auf die neuen Fallrohre für die Be- und Entwässerung der Badezimmer, ein zusätzliches Treppenhaus als zweiten Flucht- und Rettungsweg in der Südwestecke des Hochhauses sowie zwei zusätzliche Aufzüge, die den aus dem Grundriss herausgerückten Erschließungsturm ergänzen. Die Zimmer wurden von HPP technisch fertig ausgebaut und mit rohen Oberflächen an den Nutzer übergeben.
Den Innenausbau in fünf verschiedenen Kategorien übernahm das Team von Ruby Hotels selbst. Mit weißen Oberflächen, weißer Bettwäsche und einem weißen Vorhang, mit dem sich die verglaste Dusche auf Wunsch in einen intimen Bereich verwandeln lässt, wirken die Zimmer fast schon ein bisschen kühl. Einige beinahe verspielt anmutende Elemente, teilweise mit abgerundeten Ecken, wie die hölzernen Vertäfelungen, ein mit einzelnen Lampen beleuchteter Spiegel sowie die Musikausstattung verleihen den Zimmern etwas Wohnlichkeit.
Offenes Erdgeschoss wurde verglast
Das ehemals komplett offene Erdgeschoss wurde am stärksten transformiert, da es heute die Funktion der Hotellobby übernimmt. Die Außenseite der darüberliegenden Geschosse aufnehmend, wurde es mit sechs Meter hohen Scheiben verglast, die Sichtbetonoberflächen wurden aufgearbeitet und sichtbar belassen. Für die Inneneinrichtung griff Ruby die Aufbruchstimmung der 1950er- und 1960er-Jahre auf und schickt die Gäste auf eine Reise ins All.
Viele Möbel sind Originale aus der damaligen Zeit. Die Dekoartikel erstand das Team aufwendig auf Flohmärkten und über Onlineportale. Der originale Schalttisch für die Zufahrt zur Tiefgarage ist nun Teil des Mobiliars für das Frühstücksbuffet. Durch einen gläsernen Boden lässt sich von der Lobby aus noch ein Blick auf die alte, ebenfalls denkmalgeschützte Tiefgaragenzufahrt erhaschen.
Rentenversicherung Berlin: höhere Anforderungen
Nur wenige Jahre später als das jetzige Hotel Ruby Luna wurde in Berlin das rund 100 Meter hohe Gebäude der Deutschen Rentenversicherung (DRV) errichtet: ein ebenfalls silberner Turm mit einer futuristisch und dynamisch anmutenden Aluminiumfassade, der mit seinem windmühlenförmigen Grundriss prägnant aus der Silhouette Berlins hervorsticht. Gebaut wurde er zwischen 1973 und 1976 nach Plänen der Berliner Architekten Hans Schaefers und Hans-Jürgen Löffler.
Mängel beim Brandschutz
Neben den gestiegenen energetischen Anforderungen an die Fassade kamen hier Mängel beim Brandschutz hinzu, die sich im Laufe der Zeit aus strenger werdenden Vorschriften ergeben hatten. Für das Tragwerk hatte Schaefers einen mit Brandschutzputz ummantelten Stahlbau und aussteifende Stahlbetonkerne gewählt. Die Decken bestanden aus Trapezblechen mit sieben Zentimeter dickem Aufbeton und erfüllten deshalb schon vor Jahren die damals gültigen Anforderungen nicht mehr. Die deshalb eingebaute F60-Abhangdecke hielt der Brandschutzprüfung Anfang der 2000er-Jahre aufgrund von zahlreichen Durchbrüchen und Nachinstallationen allerdings ebenfalls nicht mehr stand. Hinzu kamen weitere Mängel, beispielsweise im Bereich der Barrierefreiheit, weshalb das Gebäude 2007 leer gezogen wurde.
Mehr Büroarbeitsplätze
Die Sanierung verband die DRV nun mit einer Erhöhung der Zahl der Arbeitsplätze: von rund 1.500 in Einzelbüros auf bis zu 1.800, mehrheitlich in Multifunktionsbüros. Die vertikale Erschließung galt es deshalb nachzurüsten. Im vergangenen Jahr nahm die Deutsche Rentenversicherung das nach Plänen von gmp Architekten sanierte und umgebaute Gebäude wieder in Betrieb.
Brandschutz auf neustem Stand
Der erforderliche Brandschutz wird heute unter anderem durch eine Mineralwolle-Brandschutzverkleidung der Decken und des Tragwerks, neue Treppenhausvorbereiche im Kern, eine Druckbelüftungsanlage der Treppenhäuser und einen separaten Feuerwehraufzug gewährleistet. Um die Wartezeit auf einen Aufzug möglichst gering zu halten, ließ das Team von gmp Twinaufzüge mit einer Zielwahlsteuerung installieren, wodurch die Kapazität deutlich erhöht werden konnte.
Fassade in originaler Optik
Bei der Erneuerung der Fassade stand im Vordergrund, die Optik zu erhalten – auch aus Gründen des Urheberrechts. Aufgrund der deutlich größeren Dämmstärke, die im Brüstungsbereich heute bis zu 30 Zentimeter beträgt, und des damit vergrößerten Gebäudeumfangs konnte die Deckschale der originalen Aluminium-Sandwichpaneele nicht wiederverwendet werden. Hinzu kommt, dass jedes zweite Fassadenelement nun mit einem Parallel-Ausstellfenster bestückt ist, um zum einen zusätzlich eine natürliche Belüftung der Büros zu ermöglichen und zum anderen im Brandfall den Rauchabzug zu unterstützen.
Sonnenschutz und Lüftung
Von außen betrachtet, sind beide Fassadenelemente optisch mit dem Original identisch. Für die tiefgezogenen Bleche der Deckschale griff die Firma Feldhaus Fenster + Fassaden auf Techniken und Wissen aus der Automobilindustrie zurück. Ein innen liegender Blendschutz hinter der Dreifach-Sonnenschutzverglasung sorgt dafür, dass die Temperaturen im Innern auch in den Sommermonaten möglichst wenig ansteigen: An sehr heißen und sonnenintensiven Tagen wird die warme Luft aus dem Raum zwischen Scheibe und Rollo nach oben abgesaugt. Ergänzend sorgen in Teilbereichen installierte Kühldecken für ein angenehmes Raumklima.
Inneneinrichtung an 1970er angelehnt
Den Charme der 70er-Jahre versprüht das sanierte DRV-Hochhaus weiterhin nicht nur nach außen, sondern auch im Innenraum. Hier ließen sich die Architektinnen und Architekten von gmp beim Umbau von dieser Zeit und dem Charakter der Fassade inspirieren. Sie kombinierten die abgerundeten Formen gekonnt mit zeitgemäßen Materialien und zurückhaltenden Farben, beispielsweise bei den neuen Möbeln und den abgehängten Deckenelementen im Casino und den Leuchten der Konferenzebene. Überwiegend weiße Decken und Wände, anthrazitfarbene Quarzwerksteinbeläge, die ebenfalls alufarbene Innenseite der Fassade und Edelstahlverkleidungen an den Aufzügen prägen das Interieur.
Hochhäuser sind ein Potenzial
So zeigen die beiden Beispiele in Düsseldorf und Berlin die unterschiedlichen Potenziale, die Hochhäuser aus den 1960er- und 1970er-Jahren bieten. Unabhängig davon, ob Denkmalschutz besteht oder nicht, lädt der Umbau der einst futuristischen Riesen zur Nachahmung ein, wird doch nicht nur das architektonische Erbe erhalten, sondern auch der Ressourcenverbrauch im Vergleich zu einem Neubau deutlich reduziert.
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