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Zurück Immobilienwirtschaft

Ist Architektur die ideale Kapitalanlage?

Viele schmerzt, dass Architektur oft nur noch als Investment behandelt wird, sie befürchten einen Qualitätsverlust. Zwei Kenner der Immobilienwirtschaft sagen: „Im Gegenteil!“

29.09.20204 Min. Kommentar schreiben
Axel Springer Neubau
Der Axel-Springer-Neubau in Berlin von Rem Koolhaas/OMA wurde schon während der Bauzeit an einen norwegischen Staatsfonds verkauft.

Die Standortqualität war lange das entscheidende Kriterium beim Kauf einer Renditeimmobilie. Insbesondere in den letzten Jahrzehnten fällt jedoch auf, dass fehlende Standortqualität durch hochwertige Architektur ausgeglichen werden kann. So wurde zum Beispiel in den 1990er-Jahren der Düsseldorfer Medienhafen von einer Industriebrache zu einem florierenden Immobilienstandort entwickelt. Dass hier heute mehr als 9.000 Arbeitsplätze entstanden sind, ist insbesondere der einzigartigen Architektur der Bürogebäude zu verdanken. Frank Gehry, David Chipperfield, Steven Holl und weitere prägen mit ihren Entwürfen den Standort, an dem sich inzwischen mehr als 800 Firmen erfolgreich niedergelassen haben.

Architektur als Erfolgsfaktor

Ein aktuelles Beispiel findet man in Berlin, wo das Unternehmen Axel Springer Rem Koolhaas mit der Planung seines neuen Headquarters beauftragt hat. Bereits vor Fertigstellung wurde das Gebäude zu einem Rekordpreis von über 400 Millionen Euro an einen norwegischen Staatsfonds veräußert. Auch bei dieser Immobilientransaktion kann vermutet werden, dass sowohl die einzigartige Architektur als auch der Name des Architekten Erfolgsfaktoren im Vermarktungsprozess waren. Investoren richten ihren Blick gezielt auf hochwertige Architektur in guten Lagen. Folglich ist unabhängig vom Mieterlös die architektonische Qualität heute ein wichtiger Hebel zur Wertmaximierung von Gebäuden.

Architektur bindet Mitarbeiter

Insbesondere für Großunternehmen ist die Investition in die Architektur ihrer unternehmenseigenen Immobilien doppelt lohnend. Ein hochwertiges Gebäude repräsentiert das Unternehmen nach außen, gleichzeitig wirkt es positiv auf die Gewinnung und Bindung von Fachkräften. Viele Mitarbeiter treffen ihre Entscheidung für einen Arbeitgeber mittlerweile nach der Qualität ihrer zukünftigen Arbeitsplätze und der Qualität der Arbeitsumgebung. Vor allem Technologiekonzerne haben dies bereits erkannt und nutzen die architektonische Qualität ihrer Gebäude, um sich als Marke spektakulär in Szene zu setzen.

Produkt-Branding mit Architektennamen

Doch seit sich das Verständnis für architektonische Qualität bei Investoren gewandelt hat, werden auch bei einfachen Büro- und Wohngebäuden zunehmend namhafte Architektinnen und Architekten beauftragt. So wird zum Beispiel im Projekt „Am Tacheles“ in Berlin jedes Wohngebäude von renommierten Büros, wie etwa Herzog & de Meuron oder Grüntuch Ernst, entworfen. Dabei wird jedes Gebäude durch die jeweilige Architektursprache unterschiedlich geprägt. Im Zuge der individuellen Gestaltung von Fassaden, Grundrissen und Details entstehen unverwechselbare Immobilienprojekte. Das einzigartige Produkt-Branding spiegelt sich als Erfolgsfaktor auch in den Verkaufspreisen der einzelnen Wohneinheiten wider: Trotz bis zu 20.000 Euro pro Quadratmeter ist ein Großteil der Einheiten heute bereits an Kapitalanleger veräußert, deren Kaufargumente insbesondere auf die hochwertige Architektur zurückzuführen sind. Schließlich kauft der Privatanleger nicht nur eine Kapitalanlage als solches, sondern auch einen Teil Architekturgeschichte. Dieser bringt im Gegensatz zu den klassischen Kunstwerken auch noch eine laufende Verzinsung.

Architektur muss Emotionen erzeugen

Diese Beispiele zeigen, dass architektonische Qualität sich als nachhaltige Kapitalanlage auszahlt. Grundsätzlich sollten Investoren und Projektentwickler heute viel mehr in Architektur investieren. Schon im Projektentwicklungsprozess sollten Wirtschaftlichkeit, Funktionalität und Ästhetik in Einklang gebracht werden. Dabei sollte die Architektur des Gebäudes nicht nur den außenstehenden Betrachter von sich überzeugen, sondern vor allem zum Wohlbefinden der späteren Nutzer beitragen. Gebäude, die es schaffen, aufgrund ihrer Aufenthaltsqualität Emotionen zu erzeugen, werden auch in Zukunft ein lukratives und nachhaltiges Investment sein.

Dabei wird der Mehrwert an hochwertiger Architektur insbesondere im Lebenszyklus der Immobilien sichtbar. Einen Beleg hierfür liefern Gebäude aus der Bauhaus- und Gründerzeit. Diese Immobilientypen erfreuen sich seit Jahrzehnten einer hohen Nachfrage bei Investoren und Nutzern: Ihre architektonische Qualität ist die Basis einer dauerhaft erfolgreichen Kapitalanlage.

Dr. Gerd Niklas Köster und Dr. Bernd Hoepfner, Studiendekane für Immobilienwirtschaft, ­Hochschule Fresenius, Hamburg

 

Weitere Beiträge finden Sie in unserem Schwerpunkt Ideal.

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