Stolz können sie sein, verdammt stolz – auf jede einzelne dieser 180 Nadeln in ihrer Pinnwand, auf der eine große Deutschlandkarte prangt. Von ganz im Norden an der dänischen Grenze bis ins tiefste Bayern haben Eva-Maria und Matthias Kreuz die kleinen, roten Kugeln an ihren silbernen Pickern platzieren können. An jedem Ort durfte das Architekten-Ehepaar aus Stuttgart eine Kirche neu beleuchten oder ist gerade damit beschäftigt. Als Symbol für den Erfolg ihres Büros „Kreuz und Kreuz“ soll die Übersicht aber gar nicht dienen, erklärt die Inhaberin: „Wir nutzen die Karte vor allem, um zu sehen, welche Projekte wir auf einer Rundreise am besten miteinander verbinden können.“ Denn in ihrem Büro sind sie maximal zu fünft. Wenn die Kreuzens zu Kundengesprächen fahren, muss ihr Sohn Urban, ebenfalls Architekt, genug Unterstützung im Büro haben. Schließlich laufen immer mehrere Projekte und Teilnahmen an Ausschreibungen parallel. Und das, obwohl sich das Büro fast ausschließlich der Lichtplanung für Gotteshäuser widmet. „Wenn wir gefragt werden, ob wir auch einen Kirchenanbau vornehmen könnten, empfehlen wir dafür konsequent Architekten-Kollegen. Das ist einfach nicht unser Metier“, sagt Eva-Maria Kreuz.
Ihr Weg zum Licht führte über eine Renovierung – die der Stuttgarter Elisabethkirche im Jahr 1986. Da war Matthias Kreuz noch in einem Büro angestellt und verfeinerte die damals noch per Hand gezeichneten Perspektiven mit Aquarellfarben, um den Bauherren zu zeigen, wie die Kirche anschließend aussehen würde. Alle waren begeistert – auch der Elektriker, der zur perfekten Realisierung passende Leuchten empfiehl. Passende Leuchten? Darüber hatte niemand genauer nachgedacht. Und als Eva-Maria Kreuz das Problem von ihrem Mann geschildert bekam und recherchierte, fand auch sie nur unpassende Produkte: „Die waren weder gestalterisch noch lichttechnisch brauchbar. Wir konnten doch in eine Kirche von 1901 keine chromglänzenden Leuchten hängen.“ Ohne groß zu überlegen, entschied sie sich, selbst passende Lichtobjekte zu entwerfen. Mit Erfolg: Noch heute strahlen die Glühbirnen in Kreuzens dimmbaren Leuchtern, die in St. Elisabeth von der Decke hängen. Die Intuition der Architektin hat sie zur richtigen Lösung geführt.
Von da an ließ das Thema dem Planer-Paar keine Ruhe mehr. Sie besuchten so viele Gotteshäuser wie möglich. „Wir waren aber dann zu Gottesdiensten in den Kirchen, denn nur mit Menschen lässt sich das Licht richtig beurteilen“, sagt Eva-Maria Kreuz. Sie und ihr Mann stellten fest, dass Gemeinden oft Lichter gewählt hatten, die nicht zu den Räumen passten. Frau Kreuz erkannte die Marktlücke und machte sich zunächst allein selbstständig: „Bis dato hatte niemand dieses Fachgebiet angemessen bearbeitet.“ Ihren ersten Auftrag gab sie sich selbst: Da kaum Literatur zu dem Thema vorhanden war, recherchierte sie ausführlich und ermittelte die ursprünglichen Beleuchtungskonzepte von Sakralbauten aller Epochen, um diese zeitgemäß zu adaptieren. Anschließend entwickelte sie Formulare, die bei einem Auftrag als Checklisten für Lichtkonzepte dienen sollten. Es kam nicht ein Auftrag, sondern es kamen viele, sodass ihr Mann bald mit in die Büroleitung einstieg – und sie nutzen bis heute einige dieser Formulare.
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PR für Kunden statt Kollegen
Mit konsequenter Öffentlichkeitsarbeit sorgten Kreuz und Kreuz dafür, dass sich ihre Fachkompetenz herumsprach. „Als die Architektenkammer Baden-Württemberg damals anbot, dass sich Büros online ein Architektenprofil einrichten könnten, sah ich das als große Chance, die ich unbedingt ergreifen musste“, erinnert sich Eva-Maria Kreuz. Die speziell für die lesebegeisterten Pfarrer textlastig gehaltene Seite kommt an und Frau Kreuz ist stolz darauf, dass bei Eingabe der entscheidenden Begriffe in die Suchmaschine Google ihr Büro unter den ersten drei Treffern auftaucht. Dazu hat sie auch einige fachlich nicht ganz stimmige, aber von Laien gerne verwendete und gesuchte Begriffe wie „Kirchenleuchten“ auf der Homepage eingebaut. Auch sonst ist die Architektin sehr eifrig in der zielgruppenorientierten Selbstdarstellung: Sie hält Vorträge, schreibt Artikel in Fachzeitschriften sowie -büchern und verschickt seit Mitte 2010 alle paar Monate einen Newsletter zur Kirchenlicht-Planung. Immerhin rund 350 Empfänger erreicht sie mit der Darstellung der neusten Projekte ihres Büros und ihrer fachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema. Und bei Wettbewerben startet sie gemeinsam mit ihrem Mann auch schon mal ungewöhnliche Aktionen: Um der Jury der Lutherkirche in Wittenberg ihre Beleuchtungsidee zu zeigen, stellten die beiden an der steinernen, umlaufenden Brüstung 1.000 Teelichter auf und zündeten sie an. Die Stimmung in dem Sakralbau war überwältigend, Kreuz und Kreuz holten mal wieder einen Auftrag – und die Karte in ihrem Büro ziert seitdem ein weiterer Pin.
In Szene gesetzt
Hätte Belzner Holmes Light Design Engineering auch solch eine Karte, würde der Betrachter wohl einige deutsche Regionen darauf vor lauter roten Kügelchen schon gar nicht mehr erkennen können. Zwischen 60 und 80 Lichtplanungsprojekte bearbeitet das Büro mit Hauptsitz in Stuttgart immer parallel. Dafür stehen hier und am Standort Luxemburg 14 Architekten, Innenarchitekten und ausgebildete Lichtdesigner bereit. Zu ihnen zählen auch die Chefs Andrew Holmes und Uwe Belzner. Die Bretter, die die Welt bedeuten, führten die Architekten zusammen, denn sie lernten sich in der Beleuchtungsabteilung des kleinen Hauses des Staatstheaters Stuttgart kennen. Architekt Belzner arbeitete dort als Beleuchtungsmeister, Holmes kam während des Studiums als Hilfskraft in die Kulturstätte und wurde zum Ziehsohn des Vorarbeiters. Er erinnert sich: „Wir hatten Glück. Zu dieser Zeit wurden sehr anspruchsvolle Stücke mit aufwendigen Bühnenbildern inszeniert. Da war auch ein gutes Licht gefordert und ich konnte eine Menge über den richtigen Einsatz von Leuchten und Scheinwerfern und die richtige Gestaltung mit ihnen lernen.“ In Ausbildung und Beruf gingen sie zeitweise getrennte Wege; seit 2002 betreiben sie zusammen das Büro Belzner Holmes.
Seit nunmehr zwölf Jahren realisieren die „Sonderlicht-Planer“, wie sie sich gerne selbst bezeichnen, nach den Worten von Holmes „alle lichtplanerischen Aufgaben, die Elektriker und Elektroplaner so nicht leisten können – und das nicht nur gestalterisch, sondern auch energetisch.“ Sie setzen nun Banken, Hotels und Kultureinrichtungen außen wie innen leuchtend in Szene. Zudem stehen zahlreiche Ausstellungen im Licht der Stuttgarter. Und wenn zum Beispiel eine Bank in einem Alt- und einem Neubau residiert und das Problem hat, dass kein Mitarbeiter gerne im älteren Gebäude sitzen möchte? Dann erstrahlen dank der Planung von Belzner und Holmes die dortigen Büros so hochwertig in neuem Schein, dass alle gerne dort arbeiten wollen.
Viele dieser Aufträge kommen durch die Zusammenarbeit mit anderen Architekten zustande. Holmes: „Am Anfang war es schon ein Kampf mit den großen Büros, die sich nicht alle gerne etwas sagen ließen. Aber heute können wir uns auch erlauben, Planungen der Kollegen kritisch zu hinterfragen.“ Schon länger seien sie in einer komfortablen Auftragssituation, so Holmes: „Wir werden in der Regel angerufen und müssen nicht akquirieren. Nur an VOF-Verfahren und Wettbewerben nehmen wir zusätzlich noch teil.“ Trotz vieler Aufträge gibt es bei ihnen keine Lösungen von der Stange. „Es ist weit verbreitet, alles mit Downlights zuzupflastern. Bei uns heißt es aber: ‚Wer Downlight denkt, verliert.‘ Wir haben den Anspruch, immer individuelle Lichtgestaltungen zu konzipieren.“ Und dafür sucht das Büro Nachwuchstalente. Architekten, die einen ebensolchen Anspruch haben und erste Erfahrungen in der Lichtgestaltung mitbringen, dürfen den Inhabern gerne ihre Bewerbung schicken.
Flexible Projektpartnerwahl
Neue Mitarbeiter benötigt Fatih Yetgin momentan nicht. In seinem Büro und Leuchten-Fachgeschäft „Licht und Planung“ in der Karlsruher Innenstadt arbeitet der Architekt nur mit einem kleinen Team. Zur Unterstützung zieht er aber immer wieder bei Aufträgen freie Architekten und Innenarchitekten hinzu, oder sie kommen mit ihren Kunden und Entwürfen gleich bei ihm im Laden vorbei. Momentan hat er acht Projektpartner, die er stolz und ohne Angst vor Konkurrenz auf seiner Homepage auflistet.
Eine davon ist Christina Münich, die mit ihrem Eine-Frau-Büro „Raumelement Innenarchitektur“ ebenfalls in Karlsruhe beheimatet ist. Gemeinsam mit Yetgin entwickelt sie Lichtkonzepte für ihre Kunden. Wie in einer Zahnarztpraxis, in der sie für geradlinige Lichter sorgten, die durch Spiegelungen in Glasscheiben über den Türen der Behandlungsräume x-förmige Strukturen ergeben. Der Dentist wollte genau solche rechtwinkligen Elemente und eine Einrichtung komplett in Schwarz-Weiß. Einen Farbakzent durften die beiden Lichtplaner dann aber doch setzen – eine grüne, stoffliche Leuchte im Wartebereich. Yetgin erklärt: „Das ist der Kontrast, der alles zum Leben bringt. So haben wir auch bei einem anderen, sehr weich gestalteten Praxisprojekt ein markantes, künstlerisch gestaltetes Lichtobjekt an die Wand gebracht, das Akzente setzt.“ Auch bei Yetgin war das Licht zunächst nur einer von vielen Entwurfs-Aspekten. Als er noch angestellt war und seine Chefs den eigenen Besprechungsraum umbauen wollten, konnte Yetgin seine erste Lichtgestaltung realisieren. Dann folgte der Auftrag für eine Büroaufstockung für eine Versicherung. 2007 machte er sich selbstständig; die Spezialisierung auf Lichtplanung war nur konsequent.
Geschäfts-Idee
Dass er für Verkauf und Planung ein Ladenlokal mit Schaufensterfront bezog, ist „vor allem ein hilfreiches Vehikel“, wie er sagt. Die außergewöhnlichen Designerleuchten führen die Karlsruher charmant zu seinem Angebot hin. Spätestens bei der Beratung stellen sie fest, dass Yetgin ein Experte in Sachen Lichtplanung ist. „Dass es so eine Dienstleistung gibt, wussten die meisten Kunden gar nicht. Doch der Laden funktioniert als Marketingmaßnahme, sprach sich schnell herum und ich bekomme immer mehr Anfragen und Aufträge“, erzählt er.
Und die kommen, wie bei Belzner und Holmes, auch immer öfter von anderen Architekten. „Ich werde regelmäßig auf Baustellen gerufen und helfe Kollegen aus der Not, wenn sie erst vor Ort merken, dass ihre Lichtplanung nicht funktioniert“, sagt Yetgin. Bei über 200 Projekten habe er mittlerweile so viel Erfahrung sammeln können, dass er meist gleich drei verschiedene Lösungen parat habe. Durch das erarbeitete Fachwissen kommt er auch an immer größere Aufträge. Bei einem Arzt sollte Yetgin zum Beispiel nur eine kleine Patiententoilette mit LEDs ausstatten.Das Ergebnis gefiel dem Mediziner so gut, dass der Planer anschließend die gesamten 700 Quadratmeter der Praxis neu mit Leuchten ausstatten durfte.
Was die Licht-Planer aus diesem Text zum Trend-Thema LED sagen, lesen Sie in ihren Erfahrungsberichten hier.
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