Nils Hille
Auch Oldenburg entdeckt sein Bauland am Wasser: Bis zu 340 Wohnungen und Einfamilienhäuser, 11500 Quadratmeter Büronutzfläche, 1000 Quadratmeter für Einzelhandel und bis zu 15 Gastronomie- und Gewerbeeinrichtungen können im derzeit fast ungenutzten, aber reizvollen Gebiet „Alter Stadthafen“ entstehen – ein zentrumsnahes Quartier mit elf Hektar Landfläche, das entlang der Huntedeiche ins Grüne führt. Und das nun durch verschiedene überschaubare Bebauungstypen belebt werden sowie das Wasser erlebbar machen soll.
Anfang dieses Jahres fand der begrenzte städtebauliche und freiraumplanerische Wettbewerb statt, in dem sich die Zahlen in architektonische Gestalt verwandeln sollten. Zwingend vorgeschrieben war dabei die Arbeitsgemeinschaft aus zwei Disziplinen: Ein Architekt oder Stadtplaner sollte in Kombination mit einem Landschaftsarchitekten auftreten. Fünf Arbeitsgemeinschaften wurden ausgelost, ebenso viele aufgrund ihrer Erfahrungen direkt eingeladen.
Die Erwartungen der Stadt sind hoch. Die zehn mussten unter anderem 45 Leitlinien berücksichtigen, vom Städtebau über die Freiraumgestaltung und das Quartiersprofil bis zum Verkehr. Ganz oben auf der Liste steht die „Entwicklung/Attraktivierung der heute eher heterogenen und weitgehend ungenutzten Bereiche zu einem urbanen und besonders attraktiven Teil der Innenstadt“.
Alte und neue Stadtviertel sollen hier verzahnt werden, gleichzeitig ist „eine eigenständige und prägnante (städte-)bauliche Alleinstellung gewünscht“, die aber den alten Gewerbestandort weiterhin erkennen lässt. In Oldenburg sind sonst vor allem verputzte und hell gestrichene zwei- bis dreistöckige, meist einzeln stehende Häuser typisch. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Lärmschutz. Im Norden müssen die Geräusche der Bahntrasse minimiert werden, im südlichen Teil die des Gewerbes und die einer Straße. Letztere hatten sechs Teilnehmer nicht beachtet und die Wohnhäuser direkt daran geplant, was zu negativen Bewertungen führte.
Klarer Sieger
Der Siegerentwurf kommt von BS+ Städtebau und Architektur aus Frankfurt am Main, die gemeinsam mit dem Berliner Landschaftsarchitekten Bernhard Sattler angetreten waren. Auf der Nordseite des Geländes schlägt das Duo vor, das vorhandene Kinogebäude mit Büro, Dienstleistung und Versorgung zu ergänzen. Drei Wohnhöfe sollen die Kernzone des Quartiers bilden, der Abschluss zur Bahn mit Mischnutzung geschlossen werden. Nach Süden hin könnten dreieinhalbgeschossige Stadtvillen mit zwei bis drei Wohneinheiten je Geschoss entstehen, am östlichen Rand Stadthäuser. Die Gastronomie würde ihren Platz in den bestehenden Ge bäuden eines ehemaligen Schlachthofes finden. Ausreichend Stellplätze sollen durch ein Parkhaus mit sechs Ebenen im Nordteil und durch weitere Plätze am Quartiersrand entstehen.
Zwischen Wohnbebauung und Hunte soll ein großzügiger Hafenpark entstehen. Der Jury gefiel die Idee eines Hafenbeckens im Nordosten und eines befestigten Hafenplatzes im Süden: „Diese übernehmen unterschiedliche Funktionen und machen so die Hunte auf neue Weise erlebbar.“
Grundlage geschaffen
Die Südseite planten BS+ und Bernhard Sattler als „gemischt genutzten Block an der Marina/Amalienstraße als urbane Verbindung zur Innenstadt“. Eine attraktive Anlegestelle für Boote und ein großer nutzungsoffener Hafenplatz mit Blick zur Innenstadt sollen entstehen. Die Jury: „Die Ausweisung einer Marina an der Einmündung ist ein interessanter Vorschlag, der in Verbindung mit der Bauflucht, die einen Bezug zur Innenstadt herstellt, einen besonders attraktiven Ort generiert, dessen Erreichbarkeit sichergestellt werden muss.“
Insgesamt lobt das Gremium vor allem den sparsamen, aber wirkungsvollen Einsatz von klassischen städtebaulichen Mitteln. Auch die mögliche etappenweise Realisierung der Ideen gefiel. Der erstplatzierte Entwurf soll nun weiter ausgearbeitet werden. „Die prämierte Wettbewerbsarbeit wurde ausdrücklich als zukünftige Grundlage aller weiteren Planungsschritte für dieses wichtige und zukunftsträchtige Projekt unserer Stadtplanung empfohlen. Das Konzept erbringt eine überzeugende Vorstellung für das Gesamtareal. Innerhalb der klaren Vorgaben lässt sich eine interessante Vielfalt von urbanen Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten und ein besonderer architektonischer Ausdruck für diesen besonderen Ort entwickeln“, sagt Stadtbaurat Frank Pantel.