Nils Hille
Er steht für eine gelebte Ökumene. Der Altenberger Dom in Odenthal nordöstlich von Köln dient seit über 100 Jahren Katholiken wie Protestanten. Doch die Geschichte der als Dom bezeichneten Kirche, die eigentlich nie ein Bischofssitz war, führt viel weiter zurück. Seit 1259 wurde gebaut; 1379 wurde die immer noch unfertige Kirche geweiht. Zehn weitere Jahre mussten vergehen, um das Maßwerk des großen Westfensters abzuschließen. Schon bevor der Dom errichtet wurde, entstand in unmittelbarer Nähe eine Klosteranlage, die später erweitert wurde.
Doch die lange Geschichte forderte auch ihre Opfer. Bei der Säkularisation, der Enteignung von kirchlichen Besitztümern, war 1803 auch die Abtei in Altenberg betroffen. Die Mönche zogen aus, ein Kaufmann erwarb die gesamte Anlage, nutzte sie zur Fassherstellung und die Kirche diente als Lagerraum. Trotzdem fanden hier weiter Gottesdienste statt, bis 1815 ein Feuer die gesamte Klosteranlage und das Dach der Kirche zerstörte. Wind und Wetter ließen das Gotteshaus immer weiter verfallen, bis nur noch eine Ruine blieb. Der Retter der Kirche war König Friedrich Wilhelm III. von Preußen. Er bewilligte Gelder aus der Staatskasse zum Wiederaufbau, mit einer Bedingung: Beide Konfessionen, Protestanten wie Katholiken, sollten den Dom gemeinsam nutzen – und das machen sie bis heute. Der Dom ist in der Region begehrt für Hochzeiten und andere Feiern sowie ein weithin beliebtes Ausflugsziel und Konzerthaus.
Ein passender Rahmen
Die letzte Sanierung des Doms wurde 2006 abgeschlossen. 20 Millionen Euro ließ sich das Land Nordrhein-Westfalen dies kosten. Nun soll auch der angrenzende Bereich, der momentan vor allem durch Enge und Überfrachtung geprägt ist, verändert werden. Neben der Aufwertung des Domplatzes und des ehemaligen, historischen Haupteingangs soll auch der angrenzende Klostergarten mit Teich und Orangerie entsprechend ansprechend gestaltet werden. „Den Potenzialen des Ortes und der Strahlkraft des Domes steht aber eine verbesserungswürdige räumliche und gestalterische Situation des Umfelds gegenüber“, so die Stadt auf ihrer Internetseite. Den Besuchern mangele es an klaren Orientierungshilfen. Verkehr und Parkplätze in der direkten Domumgebung stören den Raumeindruck.
Unter dem Titel „Perspektive Altenberg“, ein Projekt im Rahmen des Strukturförderprogramms Regionale 2010, soll sich das Erscheinungsbild positiv verändern – und der Eindruck der ehemaligen Klosteranlage wieder deutlich werden. 20 (Landschafts-)Architektenteams aus dem In- und Ausland waren zum städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerb für die fast 190 000 Quadratmeter große Außenfläche eingeladen. Das Konzept einer Berliner Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus dem Atelier Loidl und dem Architekten Jörg Wessendorf, ging daraus als Gewinner hervor.
Sichtbar machen
Ein großzügiger Platzraum vor dem Dom und den gegenüberliegenden ehemaligen Wirtschafts-, heute Gastronomiegebäuden soll nach ihren Ideen den Bereich wieder aufwerten. Die Planer: „Befreit von störenden Einbauten, Heckenpflanzungen und Verkehrsanlagen ist das Gebäudeensemble wieder in seiner imposanten räumlichen Dimension erfahrbar.“ Diese auf das Wesentliche beschränkte Idee soll auf das bescheidene Klosterleben verweisen.
Ein neuer Mauerrundweg um die Klosteranlage markiert die Grenze in der Aue und soll den Bereich wieder erlebbar machen. Der angrenzende alte Mühlenteich wird auf seinen ursprünglichen Umfang vergrößert, der Flussraum der nahe fließenden Dhünn freigestellt und wieder zugänglich gemacht. Entlang dem Fluss soll der erneuerte Dhünnweg die Klosteranlage mit dem Märchenwald im Norden und der Burg Berge im Süden verbinden. Durch eine neue Fußgängerbrücke soll der Weg in seiner Bedeutung verstärkt werden. Aus dem Erläuterungstext: „Die beeindruckende Architektur wird so aus der Weite der Aue erlebbar, gleichzeitig werden Fernblicke vom Dom aus in die Landschaft möglich.“
Im Norden und Süden der Anlage könnten erweiterte Parkplätze sich wie Taschen an den Saum der Aue schmiegen, ohne diese zu verstellen. Sie sollen konsequent ausgegliedert und separat erschlossen werden. Damit bliebe das Trio aus Dom, Domplatz und Klostergarten unberührt. Letzterer soll neu, großzügig und vom ursprünglich barocken Gartenmotiv inspiriert sein. Mit verschiedenen Blumen werden die Wiesen in den vier natursteineingefassten Gärten bepflanzt. Weitere Idee des Teams: „Der Garten findet seinen Abschluss im aufgewerteten Orangeriegebäude, dem eine ruhige Terrasse zum Verweilen angegliedert ist.“
Kraft der Mönche
Der zweite Preis ging an die Arbeitsgemeinschaft aus Lex Kerfers Landschaftsarchitektur, Bockhorn und 03 München Architektur. „Die Schönheit des Nützlichen“ nennt sie ihr Konzept, das ebenfalls alte Wegachsen verstärken und störende Elemente rückbauen soll. Eine Klostergärtnerei könnte nach ihren Vorstellungen ein „ästhetisches Erlebnis für Erholungssuchende“ bieten und die Klosteranlage wie die nahe Jugendbildungsstätte mit „gesunden Lebensmitteln“ versorgen. Durch ein neues Wasserkraftwerk an der Dhünn soll den Besuchern die historische Thematik der Energiegewinnung nähergebracht werden. Die Jury sah die wasserbaulichen Anlagen jedoch als zu überdimensioniert an.
Welche der Ideen umgesetzt werden, entscheidet der Odenthaler Gemeinderat. Eine zweiwöchige Ausstellung der Wettbewerbsbeiträge soll aber auch die Öffentlichkeit informieren und zu Diskussionen anregen.
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