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Orientierungshilfe. Leserbrief von Maria Dilanas

Das Thema Barrierefreiheit bietet Spielräume für unterschiedliche Interpretationen und sorgt für Diskussionsstoff

28.02.20183 Min. Kommentar schreiben

Ein Leserbrief zu unserem Beitrag Orientierungshilfe aus Heft 02.2018, Seite 36

Von Maria Dilanas

Dass – wie behauptet – „baurechtlich eine Schwellenhöhe von zwei Zentimetern noch erlaubt“ sei, ist eindeutig nicht der Fall, wie sowohl der DIN 18040 als auch der Mitteilung der obersten Baubehörde Baden-Württemberg zu entnehmen ist (andere Bundesländer haben teilweise vergleichbare Hinweise gegeben). Hierzu zunächst zum Text der DIN 18040: Dort steht eindeutig, dass „untere Türanschläge und -schwellen nicht zulässig“ sind. In der Kommentierung zur DIN 18040 gibt es Passagen, in welchen bereits eine Schwelle mit minimalster Erhöhung als Problem gesehen wird. Wie ich meine zu Recht, denn es gibt Personenkreise, die bereits von geringsten Schwellenhöhen beeinträchtigt werden. Einzig und alleine dann, wenn eine Schwelle „technisch unabdingbar“ ist, kann im begründeten Einzelfall eine Schwelle bis 2 cm Höhe ausgeführt werden, wobei alle am Markt verfügbaren Produkte in die Überlegungen des Planers einzubeziehen sind (so die oberste Baubehörde Baden-Württembergs).

Da wir in Deutschland selbst für hochwassergefährdete Gebiete zwischenzeitlich schwellenlose Türen haben und für normale Eingänge bereits seit Jahrzehnten (und zwischenzeitlich zahlreiche) funktionstaugliche Lösungen für schwellenlose Eingänge haben, die den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen, könnte ich mir einen begründeten Einzelfall lediglich aus Gründen des erhöhten Schallschutzes vorstellen. Auch hier mag es zwischenzeitlich Lösungen geben, was zu prüfen wäre. Im Übrigen kann die untere Türfreiheit mit bekannten Systemen problemfrei gewährleistet werden. Dies zeigen viele vollkommen schwellenlose  Bauausführungen, sodass es derzeit aus technischer Sicht keinerlei Begründung für eine erhöhte Türschwelle mehr gibt.

Da Ihr Artikel einen großen Kreis der Architektenschaft erreicht, halte ich die oben zitierte Angabe für höchst bedenklich, denn sie könnte Planer zur fehlerhaften Planung zu verleiten oder in einer falschen Auffassung des Sachverhalts zu bestätigen.

Aus meiner Tätigkeit als Gerichtssachverständige kann ich Ihnen berichten, dass es in Deutschland bereits mehrere Urteile zu diesem Thema gibt. Nahezu alle diese Urteile haben den klagenden Bauherren oder Wohnungserwerbern Recht gegeben: Schwellen sind barrierefrei und insofern schwellenlos herzustellen. Schwellen müssen nicht toleriert werden, wenn kein begründeter Einzelfall vorliegt. Der BGH hat darauf hingewiesen, dass es bereits ausreicht, wenn in einem Prospekt mit einer konkreten Eigenschaft geworben wird. Dies gilt auch für die Beschreibung „barrierefrei“, denn der Begriff der Barrierefreiheit ist ein anerkannter Rechtsbegriff.

Als langjähriges Mitglied des Deutschen Baugerichtstags stehe ich zur Frage der Barrierefreiheit und hierbei auch zur Frage der Höhe der Schwellen mit mehreren Richtern von Landgerichten, OLGs und ehemaligen Richtern des BGH in regelmäßigem Kontakt. Diese sehen den Sachverhalt sowohl zivilrechtlich als auch baurechtlich einheitlich. Zugänge sind schwellenlos auszubilden.  Zivilrechtlich schulden Planer und Ausführende eine schwellenlose Ausführung. Diese Anforderung besteht aus baurechtlichen Fragen, sodass es zwar sein kann, dass ein Rückbau einer bereits fehlerhaft erstellten Schwelle baurechtlich nicht gefordert wir jedoch zivilrechtlich sehr wohl geschuldet werden kann.

Maria Dilanas ist Architektin und Sachverständige in Bretten


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