Dieser Beitrag ist unter dem Titel „Blicke in die Zukunft – zeichnen und machen“ im Deutschen Architektenblatt 01-02.2023 erschienen.
Von Peter Cook
Ich bin eher ein Pragmatiker, wenn es darum geht, über Zukünfte zu diskutieren, die so oft das Ergebnis menschlicher Dummheit und Arroganz gegenüber grundlegenden Kräften sind: Klima, Grenzen von Materialien, Langsamkeit der Institutionen bei Reaktionen auf Forschung und eine fast mittelalterliche Bauindustrie.
Ich fertige viele Zeichnungen und gelegentlich ein oder zwei Gebäude an. Eigentlich verbindet sie ein fast naiver Optimismus, dass jedes Gebäude oder jede Zeichnung einen guten Prozentsatz an neuen Ideen, einen Bezug zu plausibler Materialität und – je nach Geschmack und Wahl – einen atmosphärischen Gehalt haben sollte. Letzteres bezeichne ich als „Theatersinn“, da ich glaube, dass ein Computer mittlerweile einen funktionierenden Schutzraum oder ein Verarbeitungsgehäuse konstruieren kann, aber bei „Theater“ geht es um Erfahrung, Nuancen, Anreize – und darum, mehr aus einer Situation zu machen, als nur zu sagen: „Es funktioniert.“
Ich hoffe, dass die Architektur der Zukunft Entwürfe zulässt, die die Traditionen von Erfahrung, Genuss, Ort und Identität fortsetzen. Architektur, die das Beste aus einer Situation macht, statt sie auf ein Minimum zu reduzieren, aus wirtschaftlichen Gründen oder aus Pietät. (Letzteres ist der Grund, warum ich den Minimalismus nicht mag. Er ist zu calvinistisch.)
Zwei Gebäude
Hier sind also acht Bilder: zwei Gebäude und sechs „Ideen“-Zeichnungen.
Die Gebäude sind beide blau und etwas kurvenreich. Das Kunsthaus in Graz (mit Colin Fournier), über das schon viel geschrieben wurde, deutet auf eine Zukunft hin, in der die Haut und das Profil eines Gebäudes suggestiv und auch geheimnisvoll sein können. Einer meiner größten Wünsche ist, die „Tyrannei des Fensters“ zu beseitigen. In zwei kleinen Momenten auf der Grazer Haut experimentieren wir mit dem „Wegschmelzen“ der Transparenz/Transluzenz/Festigkeit der Haut, statt ein definiertes „Fenster“ zu haben. Der Manierismus des Gebäudes besteht darin, einen bestimmten Körper über einem Glassockel zu platzieren und dann eine Nadel daran aufzuhängen.
Ich glaube, dass die Gebäude der Zukunft mutig genug sein sollten, um zwei oder drei Architekturen in einer Komposition zu vereinen, und ich fürchte mich vor einer zunehmenden budgetgesteuerten Homogenität.
Im winzigen Zeichenstudio der Kunstuniversität von Bournemouth sind die Spuren des Konzepts der „Kapsel“ klar zu erkennen – es besteht aus Stahlteilen von einer deutschen Werft, mit einer Innenverkleidung, die von englischen Bildhauern angefertigt wurde, die zu Verarbeitern von Glasfaserputz wurden. So entfernt es sich vom konventionellen Bauen.
Sechs Zeichnungen
Die Plug-in-Stadt war schließlich eher ein absorbierendes als ein doktrinäres Konstrukt. Ich stelle mir gerne vor, dass sowohl Graz als auch Bournemouth daran hätten angeschlossen werden können.
In letzter Zeit habe ich mich mehr und mehr für die Schichtung von Raum und sogar für die Idee des Verbergens von gebauten Strukturen interessiert. Die Zeichnung der gefilterten Stadt hat einige Anklänge an „Plug-in“ – mit einer dreieckigen Megastruktur (jetzt weniger solide und zufälliger) und der „Kapsel“ – oder ist es jetzt ein „Nest“? Es ist eines aus einer Reihe von Werken, die alle darauf hinzudeuten scheinen, dass es einen allgemeinen Rahmen gibt, innerhalb dessen Strukturen existieren, die sich nicht um das Wetter kümmern müssen, aber dennoch ihre individuelle Präsenz verkünden. Seit den Plug-in-Zeiten gibt es viel mehr Interesse an geschichteten, drapierten, driftenden Substanzen. Hier spricht ein Nordeuropäer, der an feuchte Herbste und kalte Winter gewöhnt ist!
Der freundliche Wald (Zeichnung „Tough Landscape“) spielt mit einer Vermutung: Wir müssen immer noch Menschen unterbringen, wir scheinen endlose Vorstädte zu bauen oder schmutzige Bauplätze in der Innenstadt aufzufüllen. Vielleicht würden wir gerne in einem Dorf leben? Vielleicht würden wir gerne in einem Wald leben? Vielleicht wollen wir immer noch eine gut gewartete Wohnung.
Der Aufbau, den ich hier zeige, braucht jedoch einen richtigen Wald, keine halb toten Bäume am Rand eines Streifens Gras. Ich untersuche diesen Vorschlag noch immer … versuche, Hybride zu entdecken. Das Berliner Hansaviertel war eigentlich ein guter Anfang.
Das Bild des Roboters, der ein Segment eines meiner Projekte konstruiert, ist ein bewusster Versuch, eine Brücke von der „Ideen“-Zeichnung zum Bauprozess zu schlagen. Sie deutet darauf hin, dass wir Häute manipulieren können, die aus Schichten von schützendem Material bestehen, das mit Substanzen imprägniert ist, aus denen Pflanzen wachsen werden, und dass diese viele verschiedene Ausgestaltungen annehmen können.
Die diskrete Stadt befasst sich mit der Rolle des kontrollierten Raums und seinem Ausdruck in der Außenwelt. Wenn man davon ausgeht, dass wir heute über immens hoch entwickelte ingenieurtechnische Möglichkeiten verfügen, bleibt die Frage nach dem Ausdruck. Welcher Ausdruck, wie viel Ausdruck und wie zerbrechlich ist das Ganze? Es sendet Hinweise auf feste Stoffe und Massen im Inneren aus. In gewisser Weise die Kehrseite der Grazer Haut.
Als ein Kind der Zeit der Leichtbauweise, der Sparsamkeit, der dünnen Häute und der großen Schutzdächer habe ich manchmal den Drang, in die Welt der Säulenstadt einzutauchen, in den überfüllten Fleck eines Gebiets, über dem sich vielleicht eine ganze Menge an Aktivitäten befindet (Hotspot).
Doch auch mit dieser Absicht im Hinterkopf konnte ich mich dem Wunsch nicht entziehen, sie mit einem anderen, eher mysteriösen, eher zweideutigen, schlangenähnlichen Element zu verflechten, das seine eigene, eher geheime Bahn zu haben scheint und sich mit den Hauptsäulen sowie einigen anderen lästigen Auswüchsen überschneidet. Wenn sich die Elemente nach oben bewegen, lösen sich diese (womöglich) festen Säulen zudem in Flügel, Wellen und Häute auf. Hoffentlich lösen die Gebäude der Zukunft ihre Formen gerne auf – ein weiterer Veränderungsprozess, der mit der Absicht des Wegwerfens und Auswechselns von Teilen einhergeht, die die Plug-in-City unterstreicht.
Keine Schlussfolgerung, aber ein Zeichen
Ich komme nicht wirklich zu einer Schlussfolgerung, aber setze hoffentlich einige Zeichen. Diese Notizen lassen, so vermute ich, eine gewisse Unruhe erahnen. Eine Unzufriedenheit mit dem konzeptionellen und materiellen Rahmen des architektonischen Denkens, den wir haben, und insbesondere ein Plädoyer für die Erweiterung des Vokabulars der Teile und der Sprache der konstruierten Form. Anstatt zu dozieren (obwohl ich gern Vorträge halte), ziehe ich es vor, zu zeichnen. Meine Architektur der Zukunft könnte viele dieser Aspekte beinhalten: die Extravaganz und die Einbindung der Elektrik von Graz. Die Einzigartigkeit und das Selbstbewusstsein des Zeichensaals von Bournemouth, der die anhaltende Anziehungskraft des Konzepts der Kapsel widerspiegelt: eine vollständige und maßgeschneiderte Beziehung aller Teile zueinander, obwohl ich (ironischerweise) das Gefühl habe, dass eine solche „Vollständigkeit“ bei der Anwendung auf größere Gebiete erdrückend ist.
Schließlich die Frage der Stadt. Viele meiner Zeichnungen sind in die Idee der Stadt eingebettet. Sie ist wie ein Reisekoffer für das Geschäft des Sammelns, des Schützens, des Nebeneinanderstellens. Meine Landschaften wollen urbanisiert werden. Ich habe noch nie auf dem Land gebaut und übernachte dort nur sehr selten. Die meisten dieser Arbeiten spiegeln in der Tat meine eigenen Erfahrungen wider. Ich war fast an diesen Orten … aber das Fast ist der Schlüssel.
Sir Peter Cook ist ein britischer Architekt und Futurologe. In den 1960ern war er Teil der legendären Avantgarde-Gruppe „Archigram“, die mit architektonischen Utopien weltweit Furore machte. Noch heute ist er im Büro „Chap“ aktiv.
Weitere Beiträge finden Sie auch gesammelt in unserem Schwerpunkt Zukunft.
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