Text: Roland Stimpel
Plätze für Liebhaber und Planer
Das Buch präsentiert und analysiert 70 europäische Stadtplätze von der Renaissance bis zur Gegenwart. Schwarzpläne im stets gleichen Maßstab, Axonometrien, Grundrisse und Schnitte machen die sehr vielfältigen Formen vergleichbar. Auch für neu angelegte urbane Plätze bringt das Buch einzelne Beispiele aus Berlin, München und Nürnberg. Unsere Schhlussfolgerung aus dem Buch: Für den Erfolg alter oder neu geschaffener Plätze braucht es offenbar ein uraltes Mittel: Einigermaßen geschlossene Platzwände müssen her – dieses städtebauliche Grundprinzip ist viel wichtiger als die Architektur der Einzelgebäude. Und es braucht ein radikales Mittel gegen die Stadt-Pest aus dem 20. Jahrhundert: Autos müssen runter, wenn ein Platz wirklich etwas besseres sein soll als Kreuzung oder Abstellort.
Sophie Wolfrum (Hrsg.)
Platzatlas. Stadträume in Europa.
Birkhäuser Verlag, 2014,
310 Seiten, 79,95 Euro
Schlichte Form, geniales Resultat
100 Schwarzpläne im gleichen Maßstab zeigen nur die Gebäude einer Stadt ohne Ablenkung durch Verkehrswege, Grün, Wasser oder Topografie. Das klingt schlicht, erlaubt aber mindestens drei Leseformen. Zuerst kann man Städte raten – ein so reizvolles wie überraschungsreiches Spiel. Runde zwei kann analytisch sein und sich wiederholenden Siedlungsmustern, lokalen Besonderheiten, Größenverhältnissen gelten – auch das eine erkenntnis- und verblüffungsträchtige Planlektüre. Leseform drei sieht die Muster und Leerräume grafisch-ästhetisch. Wir wagen die Prognose: Jeder leidenschaftliche Stadt- und Raumbetrachter, der dieses Buch vor Augen bekommt, wird es mehr als ein- bis dreimal lesen wollen.
Inga Mueller-Haagen, Jörn Simonsen, Lothar Többen
Die DNA der Stadt.
Ein Atlas urbaner Strukturen in Deutschland.
Verlag Hermann Schmidt Mainz, 2014,
264 Seiten, 68 Euro
Wege zur Energiewende
Jeder weiß inzwischen: Dämmen ist nur einer von vielen Wegen zur Energiewende, aber nicht der Königspfad dorthin. Viele weitere zeigt dieser Ergebnisband eines Forschungsprojekts zum einen systematisch. Zum anderen zeigt er es anhand zahlreicher Beispiele verschiedenster Haus- und Siedlungstypen. Ein schöner Über- und Einblick ins Thema, der weit ins Technische geht, allerdings kaum ins Ökonomische. Etwas mehr Analyse und Daten und dafür weniger Grafik, Fotos und Pläne hätten dem Buch gut getan.
Christoph Mäckler, Michael Kaune, Markus Motz (Hrsg.)
Stadtbild und Energie
Verlag Kettler 2014, 320 Seiten, 28 Euro
Ein Kessel Kritik-Buntes
Das Buch versammelt Gespräche mit Architekturkritikern, die 2007 bis 2013 geführt wurden. Jede und jeder äußert sich anders zu Arbeitsweise, Kritik-Maßstäben und zur Bedeutung seiner Arbeit. Manches sind Binsenweisheiten, anderes kühne, aber oft nicht begründete Behauptungen. Der Interviewer fragt auch in solchen Fällen nicht sehr energisch nach. Aus dem Buch kann man alles herauslesen, was man will, oder auch nichts, wenn man eine verbindende Aussage sucht.
Michael Gebhard und BDA-Landesverband Bayern (Hrsg.)
Kritik der Kritik. 11 Gespräche zur Architekturkritik.
Dölling und Galitz Verlag 2014,
112 Seiten, 24,90 Euro.
Wut übers Geschwätz
Das Buch enthält anregende Beiträge von Werner Oechslin, Arno Lederer, Günter Abel und Fritz Neumeyer. Wir empfehlen es aber vor allem wegen des Aufsatzes von Hans Kollhoff zum „Architekturgeschwätz“. Er beginnt in freundlich-analytischem Ton, mündet dann aber in einer leidenschaftlichen Polemik gegen eine verbreitete Form der Architekturkritik – diejenige, welche das Haus als autonomes Kunstwerk rezensiert und der es laut Kollhoff „um die Vermarktung ihres Blattes – und sonst nichts“ geht. Auch wir lesen seinen Protest gegen die „Klugscheißerei des Feuilletons“ als Appell zur Selbstkontrolle.
Dieter Eckert (Hrsg.)
Die Architektur der Theorie. Fünf Positionen zum Bauen und Denken
DOM publishers, 2014, 120 Seiten, 28 Euro
Eine weitere Buchkritik über das neue Werk von Jan Gehl lesen Sie hier
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